Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
schuld daran. War in Berlin aufgetaucht, hatte sein komplettes Männerspielzeug geholt – und sich nicht bei mir gemeldet! Ich schaffte es nicht einmal mehr, die Toilettentür ordentlich hinter mir zu schließen, so prompt drehte sich mir bei dieser Ungeheuerlichkeit der Magen um.
10
»Nein! Will ich nicht!! Pulli nein! «
»Schau mal, die Teddys sind auch süß!«
»Will-keinen-Teddy! Teddys nein! «
Was da mit knallrotem Kopf in meinem Laden herumstampfte, die Füße in Kickers Größe 26 , hätte ein gutes Rumpelstilzchen abgegeben.
»Trotzphase«, murmelte die dazugehörige Mutter hilflos, die nett aussah in ihrer blausamtenen Flohmarktjacke und der weiten Marlenehose, von den roten Stressflecken an ihrem Hals mal abgesehen. Die Arme spürte natürlich den abschätzigen »Selber schuld was kriegst du auch ein Kind wenn du es dann nicht im Griff hast«-Blick von Charlotte, die in einem dunkelblauen Hosenanzug in der Stillecke ungeduldig in etwas herumblätterte und darauf wartete, dass der Laden sich leerte, damit wir weitersprechen konnten. Über meine Beziehung, die sich in rasender Geschwindigkeit von nahezu perfekt in praktisch nicht mehr existent zu verwandeln schien, und über ihr anstehendes Casting zu »Operation Walküre 2 « . Normalweise hätte ich meine Freundin stante pede hinausgeworfen und zuvor angeherrscht, mit ihrer Nachwuchsphobie ein wenig mehr hinter dem Berg zu halten, um mir nicht das Geschäft kaputt zu machen. Mütter, die mit vor Hunger und Müdigkeit auf Krawall gebürsteten oder einfach grundsätzlich charakterschwachen Kindern hier auftauchten, entschuldigten sich oft durch einen Raffkauf bei mir indirekt für das Verhalten ihrer Ekelpakete. Aber heute war das etwas anderes.
»Dann willst du sicher auch kein Eis«, sagte ich liebenswürdig zu dem Dreijährigen, dem vor Zorn die Tränen aus den Augen spritzten. »Schade, denn in der Prenzlauer Allee hat eine neue Eisdiele aufgemacht, und die haben da ganz tolle Geschmäcker!«
»Eis nein! … Ja! Jaaa!«
Die Stimmung drehte sich.
»Mama, ich will ein Eis! Jetzt! «
Die hinter Mutter und Sohn zuschwingende Tür schnitt das Gezeter des Kindes ab und machte die glockenreinen »Kinderstimmen der Südsee« wieder hörbar, die im Hintergrund liefen, ein Geschenk von Felix. Sollte ich dringend mal aussortieren, diese CD . Sicher illegal downgeloadet von diesem abtrünnigen Berufsjugendlichen, diesem, diesem …
Ziemlich in Fahrt, wartete ich nicht einmal das sanfte Klicken des Türschnappers ab, bis ich mich neben Charlotte an den Tisch mit den Zeitschriften hockte – zur Betonung mit einem Lucky-Luke-Comic gestikulierend, den ich zuvor in meiner Ladentoilette gefunden hatte. Auch er eine Erinnerung an Felix.
»Du hast ja so recht gehabt! Teenagerallüren war noch nett gesagt! Taucht im Büro auf, nimmt seinen ganzen Kram mit – und verschwindet wieder, ohne sich bei mir zu melden! Warum war ich nur so sagenhaft bescheuert und habe mich mit einem Typen eingelassen, der mit über dreißig immer noch Skateboard fährt? Warum bin ich nicht mit jemandem zusammen, der keine Angst vor dem Erwachsensein hat und der mir auch noch geschäftlich hilft? So wie dein Bernhard?«
Zockel hatte nämlich klein beigegeben und für seine Dauergeliebte endlich seine Vitamin- B -Muskeln spielen lassen. Und so war Charlotte heute auf dem Weg nach Babelsberg, um für eine tragende Rolle in der Fortsetzung des Tom-Cruise-Epos über den weniger bekannten, aber ebenfalls erfolglosen Hitler-Attentäter Graf von der Schulenburg vorzusprechen und nicht nur schweigend ihre Oberweite und ihre blonden Haare von A nach B zu tragen.
Charlotte war deswegen ausgesprochen sonnig gestimmt, schließlich hatte sie eine strahlende Zukunft als Charakterdarstellerin vor sich. So war ihre Antwort im Gegensatz zu ihrer sonstigen Scharfzüngigkeit erstaunlich milde.
»Vielleicht wollte Felix dich überraschen, und du warst nicht zu Hause? Er hat das sicher nicht böse gemeint, er hat sich wahrscheinlich einfach verplant und musste dann ganz dringend irgendwohin? Vielleicht hat er auch sein Handy verloren? Ihr seid ja beide ganz gern mal organisatorisch eher gehandicapt − es hat doch gute Gründe, warum ausgerechnet ihr ein Paar seid, oder?«
Ja genau, warum passte Felix denn so gut zu mir? Was fand ich denn eigentlich an dem Kerl? Ich überlegte laut: »Dringend irgendwohin? Ohne sich bei mir zu melden? Ich habe gerade keine Ahnung, wie ich so einem sieben Jahre
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