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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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inzwischen in Ruhestand versetzten Camel-Mann auf dem Rücken. Wenn es wärmer als dreißig Grad wird, könnte sie an seinem Körper schmelzen. An den Armen war sie etwas zukurz, woran man sah, dass er in dem schwierigen Alter war, in dem manche Körperteile schneller wachsen als andere. Er hatte den gleichen jämmerlichen Fusselbart wie Scotty während unserer achttägigen Beziehung. Ich hätte dem Zigarettenjungen gern gesagt, dass so was eher traurig als toll aussieht und er sich so schnell wie möglich rasieren sollte.
    Das tat ich aber nicht, weil ich auf einmal unbedingt wissen musste, ob Zigarettenjunge eine Freundin hatte. Ich wartete, bis er das Glücksrad drehte. Darauf standen alle Monate des Jahres, getrennt durch Felder für die vier Jahreszeiten. Winter. Frühling. Sommer. Herbst. Die besten Zigarettenquoten der ganzen Promenade.
    »Hey! Du da am Zigarettenstand!« Ungefähr zehn Raucher drehten sich zu mir um. Der Junge nicht.
    »Nicht ihr. Der Junge, der das Rad dreht!«, schrie ich über die Lärmkulisse.
    Die Raucher wandten sich wieder dem Rad zu. Der Junge sah mich an, sagte aber nichts. Wenn er hinterm Tresen steht, darf er außer seinen Locksprüchen nicht reden.
    »Ja, du. Zigarettenjunge. Hast du eine Freundin?«
    Zuerst schaute er verwirrt, dann selbstgefällig. Wie ein Vierzehnjähriger eben guckt, der von einem älteren Mädchen angebaggert wird, das offenbar scharf auf seinen Körper ist.
    »Ich will dich nicht anmachen«, erklärte ich ungeduldig.
    Er sackte zusammen.
    »Na los jetzt. Hast du eine Freundin?«
    Er nickte.
    Ich dachte an Scotty und mich, Burke und Bridget, Sid und Myrna, und beim Gedanken an seine Zukunft packte mich tiefer Schmerz. Ich wollte nicht, dass er in ein paar Sommern seine Myrna auf den Arm tätowiert hatte und mitendlosen Schokowaffeln seiner verlorenen Liebe nachtrauerte.
    Mach Schluss, wollte ich ihn anflehen. Bevor du zu tief drinsteckst.
    Aber ich bekam kein Wort raus.
    Das Rad hielt bei Herbst. Die Sieger jubelten. Die Verlierer knallten frische Vierteldollars auf den Tresen. Sie versuchten es aufs Neue. Die Jahre auf dem Rad sausten vorüber.
    DREIUNDZWANZIGSTER
    Heute hat Hope Geburtstag. Als das Telefon klingelte, konnte ich mich nicht beherrschen und rannte hin, weil ich dachte, sie könnte dran sein. Die Ruferkennung blinkte zwar warnend »Nr. unterdrückt«, aber das ignorierte ich. Das folgende Gespräch ist also meine eigene Schuld.
    »Jeeesssicaaah! Iiich biiin’s!«
    Fast hätte ich aufgelegt. »Wer ist da bitte?«
    »Iiich! Bethaahniiie.«
    Hätte ich mir denken können, dass meine Schwester nach einem Monat Flitterwochen in Europa mit einem total affektierten Akzent ankommt.
    »Wie geeeht es diieer?«
    Knarzen und Rauschen unterbrach das Gespräch, ehe ich irgendeine abgestandene Antwort geben konnte.
    »Tut mir soooo leid. Ich ruf vom Haaandiiie aus an.«
    Vom Handy. War ja klar. Wahrscheinlich hat sie mehrere, in allen möglichen Farben, passend zu ihren Outfits oder Autos oder was weiß ich. Der Börsenkrach hat sie offenbar noch nicht getroffen.
    »Iiist Mutteeerr daaa?«
    »Ähm, nee.«
    »Wiiiee beeedau-eer-liiich!«
    »Hä?«
    »Wiiiee beeedau-eer-liiich!«
    Wie bedauerlich. Oh Mann. Das war ja schlimmer als Madonna nach Evita .
    »Kööönntest du iihr et-was ausriiichten?«
    »Klar«, sagte ich. »Wenn ich es übersetzen kann.«
    »Wiiiie bitteeeee?«
    »Schon gut.«
    »Graaahnt und iich können leiii-der am Labor Day nicht zu Besuuuuch kommen.«
    Mir persönlich war das natürlich ziemlich schnuppe, ob die beiden zum Labor Day kamen oder nicht. Meine Mutter hingegen würde es schwer treffen. Seit der Hochzeit redete sie über nichts anderes.
    »Auf keinen Fall«, sagte ich. »Das sagst du ihr selbst. Sie zeigt gerade ein Haus, aber sie müsste eigentlich …«
    »Geeeht gaaar nicht«, unterbrach sie mich. »Ich bin auf deem Weeeg zum Fliiieger. Wir fliegen nach [Knarzen] … Muss aufleeegen [Rauschen] …«
    Und das war’s.
    Würde mich nicht überraschen, wenn das Rauschen nicht echt war, sondern sie bloß ins Handy geröch-ch-ch-ch-elt hätte, um das Gespräch abzubrechen. Sie ist zwar elf Jahre älter als ich, aber total kindisch.
    Als ich es meiner Mutter erzählte, versuchte sie es mit einem Achselzucken abzutun – Meine Tochter, die Jetsetterin  –, aber ich merkte, wie nahe es ihr ging, weil sie so heftig auf das Gemüse fürs Abendessen einhackte.
    »Du darfst ruhig wütend sein«, sagte ich.
    »Wütend? Ich?«, sagte

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