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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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ihnen anfangen, wenn ich plötzlich sterbe? Ich kann sie nicht fragen. Vor allem heute nicht.
    Aber gibt es für so eine Frage überhaupt einen passenden Zeitpunkt?
    Jedes Jahr tragen Mädchen wie Sara am ersten Schultag ihre heißesten Herbstklamotten. Sie brezeln sich auf wie fürs September-Titelblatt der Young Miss oder der Seventeen , tragen Rollkragenpullis, Schurwoll-Minis und Stiefel, obwohl das Thermometer noch dreißig Grad zeigt. Früher habe ich immer gedacht, sie wollten bloß zeigen, wie stylish sie sind. Aber vielleicht habe ich nicht als Einzige Angst, keine Chance mehr zu kriegen, die Sachen zu tragen.
    Bezweifle ich allerdings.
    Ich weiß, wie dämlich das ist, aber trotzdem: Jedes Mal, wenn ich Klamotten fürs neue Schuljahr kaufe, stelle ich mir vor, damit auch gleich ein neues, besseres Leben zu erwerben. Als ob das neue T-Shirt oder der neue Lippenstift Paul Parlipiano endlich merken lässt, wie unglaublich und außergewöhnlich ich bin. Allerdings kann ich inzwischen nicht mal mehr auf Paul Parlipiano hoffen.
    Und wie soll ich mich dann bitte davon ablenken, dass Du nicht mehr da bist?
    Deine rätselnde J.

 
    SEPTEMBER

 
    DRITTER
    Ich lümmelte noch unter der Bettdecke und genoss den bittersüßen letzten Sonntagmorgen ohne Montagsschulangst, als Bridget in mein Zimmer platzte.
    »Es war alles eine Lüge!«, kreischte sie.
    Donnerwetter, dachte ich. Ich wusste ja, Sara kann nicht dichthalten, aber ich hätte doch gedacht, sie schafft es ein bisschen länger.
    »Alles an Hy war irgendwie gelogen!«
    »Was?«
    »Heute steht ein Artikel über sie in der New York Times !«, schrie Bridget und wedelte mir mit der Zeitung vor der Nase herum.
    »Was?!«
    »Guck doch selbst!«
    Ich wischte mir den Schlaf aus den Augen und nahm ihr das Blatt aus der Hand. Auf der ersten Style -Seite prangte das Foto einer sehr gelangweilten Hy, eine Hand am Kinn, die andere mit Zigarette. Die Unterschrift lautete: CINTHIA WALLACE – LITERATUR-STARLET IHRER GENERATION?
    »Cinthia Wallace?!«
    »So nennt sie ihre Gang von der Park Avenue«, sagte Bridget.
    »Von der Park Avenue?!«
    »Es kommt noch schlimmer«, sagte Bridget und drehte ihren Pferdeschwanz nervös um die Finger.
    Ich las weiter und fand endlich die Wahrheit über Miss Hyacinth Anastasia Wallace heraus.
    Miss Hyacinth Anastasia Wallace, Tochter der Dichterin und Pulitzer-Preisträgerin Wisteria Allegra-Wallace und des milliardenschweren Bankers Nicholas Wallace, die sich scheiden ließen, als sie vier war. Miss Hyacinth Anastasia Wallace, »der heißeste Name unter den neuen Hip-Hop-Debütantinnen, die mit Warp-Geschwindigkeit durchs Leben rasen«. Die mit dreizehn im Penthouse ihres Vaters an der Park Avenue von ihrem Kindermädchen beim Sex mit einem doppelt so alten männlichen Unterwäsche-Model erwischt wurde. Miss Hyacinth Anastasia Wallace, »Dauergast in Clubs, auf Raves und Partys«, die schon von sechs Schickimicki-Privatschulen geflogen ist, weil sie getrunken, geraucht, Drogen genommen hat. Die mit sechzehn schon »von Kaviar und Kokain, Prada und Promiskuität gelangweilt war«. Miss Hyacinth Anastasia Wallace, die sich »immer nach dem normalen Leben sehnte, das sie nie hatte«, und deshalb zu einer »normalen« Bekannten der Familie zog (einer ehemaligen Haushälterin) und auf eine »normale« öffentliche Highschool in einer »normalen« Kleinstadt in New Jersey ging, um mal zu sehen, was »normale« Mädchen in ihrem Alter so treiben. Die dann, wie sie sagt, »schockiert« feststellte, dass diese »normalen« Mädchen aus New Jersey »genauso oberflächlich und sexbesessen waren wie meine Gang von der Park Avenue – bloß modisch total unterbelichtet«. Miss Hyacinth Anastasia Wallace, die gerade einen sechsstelligen Vorschuss für ihren ersten Roman kassiert hat, mit dem sie sich genug Ansehen verschaffen will, um aus eigenem Verdienst in Harvard zugelassen zu werden, nicht nur wegen ihres Geldes und ihres Namens. Und deren fiktionalisierter Erfahrungsbericht aus dem »normalen«New Jersey den vorläufigen Titel (SCHOCK!) Lollipop-Lolitas und Fließband-Fleischklopse trägt.
    »Lollipop-Lolitas!«, schrie ich.
    »Genau! Das ist doch irgendwie total furchtbar!«, schrie Bridget zurück. » Sie nennt uns Lollipop-Lolitas!«
    Mein Magen drehte sich schneller als die schlimmste Schleuderbahn an der Funtown Pier . Miss Hyacinth Anastasia Wallace hatte den Ausdruck Lollipop-Lolitas für die Ahnungslosen nicht als Erste gebraucht. Sondern

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