Erstens kommt es anders ... (German Edition)
angeblich nichts von ihm wissen wollte, war, wie sich herausstellte, sogar rasend eifersüchtig. Und das auf die nichtssagende, billige Cassidy, die Michael für eine einzige, bedeutungslose, schnelle Nummer im Champagnerrausch benutzt hatte, welche nicht einmal sehr gut ausgefallen war.
Denn was er damit erreichen wollte, wenn auch unbewusst, war ja bekannterweise gründlich danebengegangen. Anstatt sie sich mit Cassidys Hilfe aus dem Kopf zu schlagen, hatte es ihm nur verdeutlicht, dass Stevie sein Ziel war.
Wenn ihm auch die Tragweite der Geschichte in jener kalten Februarnacht nicht mal annähernd bewusst gewesen war.
Oh, diesmal trieb er es weit.
Sehr weit sogar. Je mehr Zeit ins Land ging, desto gemeiner und rücksichtsloser wurde er. Und sie reagierte!
Endlich!
Verdammt! Mit blitzenden Augen und vorgetäuschter Ignoranz. Doch nachdem er einige heiße Küsse mit Cassidy in ihrer Anwesenheit gewechselt hatte, senkte sie den Blick, starrte vor sich hin und gab wieder den Stevie-Märtyrer. Anstatt ihn anzufahren, sobald diese aufdringliche Person den Raum verlassen hatte. Oder ihn anzubrüllen, eine grausame Szene zu machen, ihn einen Idioten zu schimpfen, ihn zu verfluchen. Irgendetwas!
Was nichts anderes bedeutete, als dass Michael seine Anstrengungen zu verdoppeln beabsichtigte. Irgendwo besaß sogar eine Stephanie Grace ihre Schmerzgrenze, davon war er überzeugt. Er musste sie nur noch ausloten.
In den kommenden Wochen machte Michael die Erfahrung, dass er sich für nichts zu schade war, wenn es dabei half, Stevie endlich aus ihrem Schneckenhaus heraus zu locken. Den Gedanken daran, wie hochgradig kindisch er sich aufführte, schob er energisch beiseite. Das traf doch ohnehin auf alles zu, was mit Stevie in Zusammenhang stand. Andernfalls hätte er sich bereits vor vielen Monaten endgültig aus dieser Angelegenheit zurückgezogen. Wenn nicht anders möglich, dann auch, indem er sie entlassen hätte. Da dies jedoch undenkbar war und Michael zugegebenermaßen durchaus Spaß an der Gesamtsituation hatte, nahm der diesen letzten Ausflug in die Kindheit mehr oder weniger gelassen.
Ihre Passivität allerdings setzte ihm schon bedeutend massiver zu.
Es widerstrebte ihm, mit Cassidy auszugehen. Einmal bei Tageslicht gesehen, erschien sie ihm etwas zu schrill und aufdringlich, als geschmacklich für ihn tragbar. Doch nach zwei Wochen mit der Märtyrer-Blitz-Augen-Stevie war Michael beinahe zu allem bereit.
Auf jeden Fall brachte es ihm Publicity. Denn immer, wenn sein Name genannt wurde, stand davor: Anwalt , und das genügte. Nebenher wusste man, dass es sich bei Cassidy um seine Mandantin handelte. Sein Verhalten entsprach sicher nicht der feinen englischen Art, doch vom stadtbekannten Frauenhelden Michael Rogers war man so einiges gewöhnt. So schnell wurde ihm nichts mehr übel genommen. Außerdem einte die Presse nach drei Abenden, die er in Begleitung der heißen Miss Winter gesichtet worden war, die Ansicht, dass sich die Angelegenheit mit Renata Mitchel wohl erübrigt hatte. Wenigstens ein positiver Effekt, den Michael ausmachen konnte.
Denn Cassidy war unvorstellbar anstrengend. Nach dem ersten Abend hatte er gelernt, nur Bars und Clubs auszuwählen, in denen die Musik wirklich laut gehalten wurde. Am besten vermied man mit ihr nämlich jede Form einer angeregten Unterhaltung.
Das war das Sicherste.
Fast unbemerkt ging der Sommer in die letzte Etappe.
Der August hielt Einzug und brachte vermehrten Regen und wenig Sonnenschein. Wie in diesem Landstrich üblich.
Ohne seinen persönlichen Ruhepol hätte Michael die Neuauflage seines Nachtlebens wohl kaum unbeschadet überstanden.
Innerhalb des vergangenen Jahres schien er diesen Teil seines Lebens endgültig hinter sich gelassen zu haben. Es gab ihm nichts mehr, sich nächtelang in Bars herumzutreiben. Die laute Musik ging ihm auf die Nerven, der ewige Alkohol, die vielen fremden Frauen, von denen er nicht eine näher kennenzulernen beabsichtigte, einschließlich der, die ihn aktuell begleitete. Er fühlte sich deplatziert, wollte nach Hause und registrierte in solchen Momenten niedergeschlagen, dass dieses Zuhause nicht existierte.
Um das Ganze dennoch mit Anstand zu überstehen, zog er sich oft auf seine Bank zurück. Dabei war ihm bekannt, dass sie nicht kommen würde. Für Stevie, so schätzte er, hatte dieser Ort seinen Zauber längst verloren. Für ihn verkörperte er inzwischen eine Lebensnotwendigkeit.
An einem dieser Abende setzte sie
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