Erstens kommt es anders ... (German Edition)
aufsehenerregender Fall wurde daraus ausschließlich deshalb, weil die Dame in der Welt der Reichen und Schönen alles andere als unbekannt war. Weithin genoss sie den zweifelhaften Ruf eines It-Girls. Kaum betrat Cassidy Winter an einem Dienstag zum ersten Mal den Raum, wusste Stevie jedoch schlagartig, dass die Zeit ihrer ruhigen und genüsslichen Rache soeben spektakulär und mit lautem Knall zu Ende gegangen war.
Augenblicklich fühlte sie sich wie von einem Tsunami überrollt. Einem ziemlich Vernichtenden, übrigens.
Cassidy Winter verkörperte eine dreiundzwanzigjährige wohlhabende Schlampe, die den armen Mann sogar mit Sicherheit auf dem Gewissen hatte. Nach zwei Minuten mit ihr in einem Raum war Stevie davon überzeugt, obwohl sie sonst keineswegs zu Vorurteilen neigte.
Sein Geld bekam das Mädchen natürlich vom Vater, der in Öl machte, und nutzte es ausgiebig für regelmäßige Blondierungen, Botox-Spritzen und jede Menge teurer, dafür jedoch auch nicht eleganter wirkender Klamotten. Ihre Oberweite war um mindestens zwei Körbchengrößen erweitert worden. Die prallen Dinger drohten jeden Moment, aus dem straffen Shirt mit tiefem V-Ausschnitt zu hüpfen. Vermutlich hätte es eines Spachtels bedurft, um die drei Pfund reinen Make-ups von ihrem Gesicht kratzen zu können. Wäre man lebensmüde genug gewesen, es ganz genau wissen zu wollen.
Nicht viel größer als Stevie, wirkte Cassy alles in allem gesehen ... äh ... mehr. Das traf ebenso auf den Silikonbusen, wie auf Hüften und Oberschenkel zu. Ihr rundliches Gesicht erinnerte an einen dicken, gehaltvollen Pfannkuchen. Zum V-Ausschnitt-Hüpf-Shirt trug sie hautenge Jeans und Stilettos. Und zwar von der Art, die Stevie sonst nur mit den ganz besonderen Mädchen in Verbindung brachte und die ihrer Ansicht nach als Mordwaffen eingestuft werden mussten. Wegen des einen halben Meter langen Absatzes in Bleistiftdicke.
Abgerundet wurde das Ganze von einer tiefen, sorgfältig einstudierten sexy Rauchstimme, mit der die Tussi die Luft verunreinigte. Und zwar pausenlos.
Geld besaß sie, ja. Aber gleichzeitig verkörperte sie eine der miesesten Schlampen, denen Stevie jemals begegnen musste.
Michael jedoch schien kein Problem mit dem Silikonwunder zu haben. Er begrüßte es mit einem breiten Lächeln. Was für Cassy – die Schlampe – wohl einer Aufforderung gleichkam. Mit einem dunklen, rauchigen »Michael!« stürzte sie sich auf ihn, umarmte ihn so leidenschaftlich, dass Stevie ernsthaft um den wogenden Vorbau fürchtete, und drückte ihre zum Zerplatzen prallen Lippen auf seinen Mund.
Offensichtlich kannten sie sich. Seltsam, Stevie war nicht im Geringsten überrascht. Michael gelang es nicht vollständig, sein Erstaunen zu verbergen, er fing sich aber verdammt schnell. Nach kurzer Schrecksekunde zog er sie an sich und erwiderte den Kuss. Und Stevie ertappte sich dabei, wie sie ihn mit offenem Mund anstarrte.
Das durfte nicht wahr sein! Er benahm sich wie ein Urmensch!
Verdammt!
Diesmal wurde Stevie verschont, denn die Turteltauben schoben die Nummer nicht direkt vor ihren Augen.
Obwohl sie inzwischen sicher war, dass die beiden mindestens eine bereits hinter sich hatten und noch einige in Aussicht standen. So ging man nur miteinander um, wenn man sich schon einmal verflucht nah gekommen war. Stattdessen löste sich der triebgesteuerte Urmensch nach kurzer Zeit von dem Silikonwunder, gab ein leises, dunkles Lachen von sich und zog sie an der Hand in sein Büro.
Die Tür war fast geschlossen, da öffnete sie sich noch einmal und sein Kopf erschien im Spalt. »Einen Kaffee für Miss Winter, bitte!«
Etliche Fassungskonzentrationsberuhigungseinheiten waren vonnöten, bevor Stevie die billige Kuh bedienen konnte. Außerdem wusste sie nicht, in welcher Pose sie die beiden ertappen würde, wenn sie unvorbereitet den Raum betrat. Daher klopfte sie recht aufgesetzt und wartete geraume Zeit, bevor sie auch wagte, einzutreten.
Während sie den Kaffee der Wasserstoffblondine vor die eindeutig operierte Nase stellte, musste sie sich beherrschen, um ihn ihr nicht versehentlich über den ausladenden Busen zu kippen.
Das atmende Silikondepot ignorierte sie, nicht einmal ein »Danke!« brachte es zustande. Plötzlich hatte Michael auch keinen Blick mehr für Stevie übrig. Der galt ausschließlich dem wandelnden Ersatzteillager. Was er sah, schien ihn wahnsinnig zu interessieren. Möglicherweise beeinträchtigte auch die mit einem Mal so dicke Luft seine
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