Erstens kommt es anders ... (German Edition)
»Sie sind da?«
Knapp schüttelte er den Kopf und sie atmete sichtlich und hörbar auf. »Okay, ich kümmere mich um sie, sobald sie eintreffen.«
Eine Minute später verschwanden die Drei in der anwachsenden Menge, und Michael sah sich wieder schutzlos Cassidy ausgeliefert. Einziger Vorteil: Seine Unterhaltung mit Diana hatte nicht ausreichend Zeit in Anspruch genommen, damit Cassy ihren Schmollmund auspacken musste. Den zu ertragen, gelang ihm mittlerweile nämlich auch nur noch mit sehr großen Anstrengungen.
Nach und nach trudelten nun auch die übrigen Gäste ein. Man hatte sich auf einen fröhlichen Ball geeinigt. Es verhielt sich genau in Victors Sinne. Diesmal versammelte sich tatsächlich alles, was Rang und Namen vorweisen konnte. Und nicht nur in der begrenzten wohlhabenden Gesellschaft Portlands. Nein, heute erschienen auch jede Menge Gönner und Unterstützer aus den anderen Teilen des riesigen Landes. Einschließlich Kaliforniens und Floridas.
Und als die Familie Grace endlich erschien, lenkte Michael der Anblick derart ab, dass er die Stirn runzelte und Cassidys Mund wie eine lästige Fliege beiseiteschob. Von Biancas Schönheit wusste er bereits und bei Mrs. Grace hatte er es vermutet. Doch was dort durch die Tür schwebte, es Laufen zu nennen, wäre viel zu gewöhnlich gewesen, verdeutlichte ihm zum zweiten Mal am heutigen Abend, was Cassidy und ihr vieles Geld von echter Klasse unterschied.
Stevies Mutter wirkte um keinen Tag älter als fünfunddreißig. Es wäre diesmal mit Sicherheit kein übertriebenes Kompliment gewesen, ihr zu versichern, dass sie eher wie die Schwester, als die Mutter der beiden Frauen an ihren Seiten aussah. Denn wirklich perfekt wurde das Bild erst, nachdem Stevie zu ihnen getreten war.
Strahlend, wunderschön, umwerfend!
Mit einem Mal schien all der Ärger vergessen, der eben noch ihr Gesicht gezeichnet hatte. Obwohl er eigentlich augenblicklich reagieren musste, faszinierte Michael dieses Bild derart, dass er für einen Moment alles vergaß. Dort standen die wahren Stars des Abends – so viel hatte er inzwischen verstanden.
Diana rettete ihn aus seiner gefährlichen Versunkenheit. Plötzlich hakte sie sich bei ihm unter, warf Cassidy einen nächsten vernichtenden Blick zu und führte ihn strahlend zu den drei Damen. »Einen wunderschönen guten Abend!«, gurrte sie. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie Stevies Familie sind?«
Bianca hatte sich sichtlich beeindruckt im Raum umgesehen, bis sie die beiden auf sich zukommen sah. Zunächst betrachtete sie Michael mit ausdrucksloser Miene, dann wurden ihre Augen groß.
Ohne eine Regung zu zeigen, begrüßte er die Frauen, wobei er Stevie weitestgehend ignorierte und sich ausschließlich den Neuankömmlingen widmete. Anfänglich schien alles glatt zu laufen. Denn weder Vanessa noch Bianca ließen sich anmerken, dass man sich kannte. Sehr gut, um genau zu sein.
In der Zwischenzeit strömten die Leute massenweise durch die großen Flügeltüren und Michael war eine Zeit lang zu abgelenkt, um sich besorgte Gedanken machen zu können.
Gemeinsam mit Stevie begrüßte er die Leute. Er kannte sie alle mit Namen, während die Schönheit neben ihm bei dem einen oder anderen passen musste. Selbstverständlich konnte sie das perfekt überspielen, doch ihm entging keineswegs, dass sie bei einigen Herrschaften, die sie mit mehr oder weniger neugierigem Blick musterten, sogar ausnehmend wissend wirkte. Er sprach seinen instinktiven Verdacht aus und sie nickte – ziemlich kühl übrigens. Heute Abend befand sich auch der eine oder andere alte Freund der Familie Grace unter den Leuten.
Genial!
Vorübergehend fiel Michaels Lächeln etwas gequält aus, als er die nächsten Gäste begrüßte.
Bastarde!
Als Diana und Marcel wieder zu ihnen traten, wusste Michael, dass die Schonzeit soeben zu Ende ging. Der Plan beinhaltete, Bianca so lange wie möglich von Stevie fernzuhalten. Diana sollte sich mit Marcel und Duncan um sie kümmern, derweil Michael dafür sorgte, dass Bianca sich auf keine drei Meter ihrer Schwester näherte, bis er mit der die erforderlichen Dinge geklärt hatte.
Diana strahlte. »Michael, dort hinten wird dein Typ verlangt. Ich unterstütze Stevie so lange. Mr. Baker! Ich bin so erfreut, Sie begrüßen zu dürfen. Sie kennen meinen Freund, Mr. Firth?«
Michael nickte knapp, ignorierte Stevie, so wie sie ihn und schlenderte hinüber zu Vanessa, die mit einer sichtlich entzückten Alicia beisammenstand.
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