Erstens kommt es anders ... (German Edition)
Widerstand so unvermutet nachließ.
Eilig nahm er den Kopf zurück und blickte in ihre großen Augen, die etwas abwesend wirkten. Bis dieser heimliche, Michael so vertraute, Ausdruck darin erschien. Diese verdammte Sehnsucht, die ihn seit knapp zwei Jahren bis in seine Träume verfolgte. Nur leider steigerte das seine Verwirrung nur noch.
Unwillkürlich schloss er die Lider, als er ihr sanftes Streicheln im Nacken spürte. Für eine Sekunde, dann riss er sie wieder auf. »Stevie ...«
Sie schüttelte den Kopf und verschloss rasch mit einem Finger seinen Mund.
»Nein. Nicht.«
Der Anblick war beispiellos. Diese ausdrucksvollen Augen, eine zierliche, hübsche Nase, ganz ohne Operation passte sie sich optimal in die ebenmäßigen Züge ein. Wangen, die nicht länger gerötet waren, sondern mittlerweile glühten. Die geteilten, leicht geschwollenen Lippen ...
Keine Sehnsucht, etwas anderes färbte jetzt ihren Blick.
Unmissverständliche Aufforderung.
Nervös fuhr er sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Dieser akute Stimmungswechsel nach so langer Zeit verunsicherte ihn zutiefst. Wer nicht besser informiert war, hätte ihn für einen Teenager gehalten, der unerwartet vor dem Mädchen seiner Träume stand. So überraschend, dass er plötzlich nichts mehr wusste. Weder seinen Namen noch, was er ihr eigentlich sagen und schon gar nicht, was er so verzweifelt tun wollte. Irgendwann seufzte sie, ihr Blick verdüsterte sich unmerklich. Sie wollte sich an ihn lehnen, doch er wich zurück und stieß im gleichen Moment mit dem Rücken an die Tür. Und als er keine Anstalten machte, irgendetwas zu unternehmen, seufzte sie erneut.
Dunkler noch und mit unverkennbarer Sehnsucht. Sie neigte den Kopf und betrachtete aufmerksam seinen Mund. Unerwartet verstärkte sich der Druck ihrer Finger in seinem Genick, zwangen seinen Kopf hinab, während sie sich ihm entgegenreckte.
»Stevie ...«
Ihr »Nein ...«, kam diesmal nicht einmal als Hauchen, es war kaum noch akustisch wahrnehmbar. Im nächsten Moment hatte sie sich auf die Zehenspitzen gestellt. Bevor sich ihre Lippen berührten, teilten sich Stevies erwartungsvoll.
Und dann wurde es zum Befreiungsschlag. Kein sanftes, erstes Aufeinandertreffen im beidseitigen Einverständnis, sondern ein begeistertes ‚Willkommen zurück!’
Ein dunkles, tiefes Stöhnen vermischte sich mit einem etwas helleren. Hungrige Lippen pressten sich aufeinander, während ihre schlanken Finger in sein Haar griffen. Er nahm ihren Kopf, hielt sie und zog sie gleichzeitig immer näher, bis ihre Münder eine Einheit zu bilden schienen. So nah, doch nie nah genug ...
Während ihre Lippen sich im Einklang bewegten und ihre Zungen sich stürmisch begrüßten, kämpften ihre Hände um die beste Position. Keine war lange gut genug. Er zog sie näher, packte ihre dichtes, feuchtes Haar, das noch immer von all den kleinen Nadeln gehalten wurde.
Überflüssig!
Störend.
Egal.
Im nächsten Augenblick umfasste er bereits ihre Taille und hob sie seinem hungrigen Mund entgegen. Ihr Griff wurde immer fester, sie umarmte ihn, als drohte er, in jeder Sekunde zu verschwinden. Bisher hätte Michael nicht geglaubt, dass in einem derart winzigen Persönchen so viel energische Kraft wohnen konnte.
Keinen Herzschlag später versenkte sie ihre Hände noch tiefer in seinem Haar. Sanfte Finger, die kurz darauf nicht mehr ganz so sanft vorgingen. Doch auch die Groben genügten bald nicht länger. Offenbar versuchte sie, jeden Teil seines Kopfes gleichzeitig zu berühren. Und als das nicht gelingen wollte, wurden ihre Hände zu Fäusten, die dafür sorgten, dass zwischen ihnen kein Millimeter existierte.
Und immer noch reichte es nicht.
Er wirbelte sie herum, drängte sie gegen die Tür und Stevie ließ keuchen ihren Kopf zurückfallen. Diese weiche Haut an ihrem Hals, der süße Duft …
Immer noch – nicht genug!
Seit über zwölf Monaten wartete er, sie seit sechs elenden Jahren. In den vergangenen Wochen hatten sie sich nichts geschenkt. All die Geheimnisse, mit denen sie ihr gefährliches Spiel in diesem Sommer süßer und gleichzeitig umso bitterer gestaltet hatten, lauerten darauf, endlich aufgedeckt zu werden.
Die Barrieren fielen mit einem lautlosen, ohrenbetäubenden Krachen. Kein Gedanke wurde bemüht, keine Erinnerung an die ewigen Streitereien, an all die Dinge, die nach wie vor zwischen ihnen standen. Die sich eben nicht mit einem Kuss aus der Welt schaffen ließen. Auch wenn sie ausnahmslos
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