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Erstkontakt

Erstkontakt

Titel: Erstkontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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»Subjektives Zeitempfinden. Eine Minute könnte für sie deutlich rascher vergehen als für uns. Oder länger dauern. Das ist ein Phänomen, welches uns nicht unbekannt ist. Zum Beispiel vergeht die Zeit für uns wie im Fluge, wenn …«
    »Wir uns amüsieren«, vollendete Leslie den Satz. »Aber ich glaube, deshalb brauchen wir uns keine Sorgen zu machen«, sagte sie. Leslie war von eher kleiner Statur und nicht überdurchschnittlich attraktiv, aber dennoch lenkte sie spielend die Aufmerksamkeit auf sich, und Harry kam zu dem Ergebnis, daß ihr besonderer Reiz in ihren seewasserfarbenen Augen liegen mußte. Sie standen weit auseinander und wurden durch den ausdrucksvollen Mund und die kräftigen weißen Zähne hervorgehoben. Ihr rotbraunes Haar trug sie kurzgeschnitten, und ihre Art zu sprechen gefiel Harry. Sie war alles in allem eine Frau, die nicht bereit war, Bewegung und Worte zu vergeuden. »Ihr Zeitsinn kann sich nicht wesentlich von unserem unterscheiden; ich bezweifle, daß wir die zehntausend oder mehr Jahre auf weitere Ereignisse warten müssen, wie einige von Ihnen vermutet haben …«
    »Woher wissen wir das?« fragte Harry.
    »Das ist offensichtlich«, erwiderte sie. »Das Signal selbst demonstriert die Fähigkeit, enorme Energiemengen in Bruchteilen von Sekunden zu modulieren. Es gibt noch andere Indizien: zum Beispiel, daß sie die Signalquelle an einem einzigen Morgen aus- und wieder eingeschaltet haben. Warum ausgerechnet in dieser Zeitspanne? Ich würde behaupten, daß das Wasser im ganzen Kosmos mit der gleichen Geschwindigkeit fließt.«
    »Na, nicht ganz«, widersprach Gambini. »Das hängt vom Gravitationsquotienten ab. Aber ich weiß, was Sie meinen.« Harry wußte das nicht.
    »Nein«, fuhr sie fort, »ich denke, wir können beruhigt davon ausgehen, daß uns eine eventuell bevorstehende Textübermittlung in verhältnismäßig kurzer Zeit erreichen müßte. Nebenbei bin ich bereit zu wetten, daß die Art und Weise des Ablaufs physikalischer Prozesse ein Wesen mit einem deutlich langsameren Referenzsystem als dem unseren daran hindern würde, technologische Fähigkeiten zu entwickeln, die mit unseren vergleichbar wären.«
    »Wären wir denn wesentlich anders«, fragte Harry, »wenn unsere Himmel leer wären? Wenn wir keine Sterne hätten, meine ich. Und eine nachhaltig verzerrte Sonne?«
    Ihre Augen richteten sich auf Harry; sie leuchteten hell und freundlich.
    »Dieses Projekt wird eine ganze Menge unbeantwortbarer Fragen aufwerfen, und das ist in gewissem Sinne eine davon: wir sind genau auf unsere Umgebung, unsere Verhältnisse eingestimmt. Kreislaufrhythmen, Menstrualzyklen, alle Arten von psychologischen Charakteristika werden von Mondzyklen oder solaren Zyklen bestimmt. Überdies hat der sichtbare Bereich am Himmel und dessen Anordnung stets die Art und Weise beeinflußt, in der wir selbst uns betrachten, obgleich wir, da jeder im großen und ganzen das gleiche astronomische Bild sieht, über die Details wenig sagen können. Wir verbünden uns mit den Sonnengöttern und betrachten den Tod als einen Abstieg in die Unterwelt. Betrachten wir einmal den Unterschied zwischen nordischer und klassischer Mythologie. In den Mittelmeerländern, wo die Sonne viel und warm scheint und die Menschen, wann immer sie dazu die Lust verspüren, schwimmen gehen können, hat man die Götter in der Vergangenheit als geradezu verspielte Schar dargestellt, die sich fast ausschließlich mit Kriegsspielen und Galanterien beschäftigten. Aber Odin lebte an einem Ort wie Montana, wo der Mensch zur Arbeit ging, wenn es dunkel war, und ebenfalls im Dunkeln nach Hause kam. Die Folge: nicht nur ein weitaus konservativerer Götterhimmel in Nordeuropa, sondern auch einer, der letztendlich zum Untergang verdammt ist. Am Ende stehen sie vor Ragnarök, der absoluten Vernichtung. Deutschland, wo die Winter ebenfalls rauh sind, hatte ein ähnlich fatalistisches System. Ich habe früher niemals in dieser Richtung nachgedacht, aber ich kann nicht umhin, mich zu fragen, ob die Deutschen wohl die beiden Weltkriege ausgelöst hätten, wenn sie irgendwo am Mittelmeer gelebt hätten.«
    Wheeler blickte auf. »Die Araber«, sagte er, »leben am Mittelmeer. Und sie haben doch eindeutig keinerlei Hemmungen, Blut zu vergießen.«
    »Ihre Länder sind heiß, Pete«, erwiderte sie. »Und ich glaube, wir haben im Mittleren Osten eine besondere Situation. In religiöser Hinsicht. Nun, es tut nichts zur Sache. Um Harrys Frage kurz und

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