Erstkontakt

Schweinwerferstrahlen über die Spitzen einer Baumgruppe hinwegwischten. Er schaltete sie aus.
    Julie bewegte sich nicht, und er spürte, wie Stille den Wagen ausfüllte. »Wheeler«, hauchte sie. »Ist er nicht Norbertiner?«
    »Ich glaube schon«, sagte Harry schuldbewußt.
    »Er hat dir geholfen, das vorzubereiten, nicht wahr?«
    Er nickte.
    »Sex im Priesterseminar. Ich glaube, es ist nichts mehr heilig.« Sie wurde ernst. »Harry, ich bin zutiefst berührt, daß du dir solche Mühe gemacht hast und daß du mich immer noch willst, nach allem, was passiert ist. Ich bleibe heute nacht mit dir hier, und vielleicht wird es so, wie es einmal war. Aber nur für diesen Abend. Versteh das; es hat sich nichts geändert.«
    Für einen herrlichen, trotzigen Augenblick erwog Harry, sie auszulachen, sie wieder die Straße hinunter und nach Hause zu bringen. Aber statt dessen nickte er nur schicksalsergeben und führte sie in das von einem Kaminfeuer erleuchtete Vorderzimmer. Jemand hatte zwei Weingläser und zwei Flaschen Bordeaux auf den Rauchtisch gestellt.
    »Sehr hübsch«, sagte sie, als sie auf dem dicken Teppich stand, »wenn man bedenkt, daß du es praktisch aus dem Hut gezaubert hast.« Wheeler hatte noch mehr auf Lager: Speck, Eier, Kartoffeln und Orangensaft lagen im Kühlschrank; die Betten waren gemacht; mehr Wein wartete in der Speisekammer und sogar Scotch; trotz Petes Rat waren auch genügend Handtücher da.
    Sie hingen ein wenig ihren Erinnerungen nach, und Harry küßte sie behutsam. Sie schmeckte gut, und ihr Atem wehte warm gegen seinen Hals. Trotzdem lag in diesem Akt etwas Mechanisches. »Es ist lange her«, sagte Harry.
    Behutsam löste Julie sich von ihm. »Es ist warm hier drin. Komm, werfen wir einen Blick auf die Bucht.«
    Das Haus stand auf der Spitze eines Gebirgskamms. Auf der steilen Seite, von den Herrschaftshäusern verdeckt, war der Abhang felsig und steil. Ein Trampelpfad führte am Felsrand entlang und verbreiterte sich zu einem Plattenweg über der Chesapeake. Dort, wenn man die Herrschaftshäuser hinter sich lassen wollte, mußte man eine Holztreppe hinuntersteigen, um den Steilhang zu überwinden.
    Sie blieben am Übergang zwischen Trampelpfad und Schotterweg stehen. Die Lichter der Herrschaftshäuser spiegelten sich funkelnd in den dunklen Fluten unter ihnen. »Weeler ist ein Genie«, sagte sie, während sie den Ausblick genossen. »Er ist im falschen Gewerbe tätig.« Ein hell erleuchteter Frachter glitt langsam nach Süden auf den Atlantik zu, er ließ eine Menge leuchtender Wellen zurück, die sich am schmalen felsigen Strand unter ihnen brachen. Kein Stern war zu sehen, was Harry erst bemerkte, als er das erste Donnergrollen hörte und in den Himmel blickte.
    Sie stiegen die Holzstufen zwischen den Klippen hinunter und erreichten den Strand. Harry ging voraus und testete jede Stufe behutsam, bevor er sie mit seinem vollen Körpergewicht belastete. Unten angekommen betraten sie den Strand. Der Pier war kurz und ragte höchstens fünfzehn Fuß in die Bucht hinein. Vorn am Pier befand sich im Schutze des Kliffs ein kleines grünes Bootshaus mit weißen Türen. Man hatte das Haus erst vor kurzem neu gestrichen, und auf dem Dach erkannte Harry sogar eine Fernsehantenne. Julie schritt auf das Bootshaus zu und blickte durch die Fenster.
    »Sieht so aus als hätten unsere Norbertiner ein Segelboot«, sagte sie.
    In der Luft lag der Geruch von Ozon. Über der Bucht konnte er sehen, wie sich eine Regenfront näherte. »Julie«, sagte er, »wir sollten umkehren.«
    »Warte noch, bitte.« Sie wandte sich vom Bootshaus ab und bewunderte den Anblick der weit entfernten Lichter auf der anderen Seite der Bucht. »Wie reizend«, sagte sie. »Harry, wo ist er? Der Ursprung des Signals?« Sie blickte zum Himmel.
    »Du meinst Herkules?«
    »Ja.«
    »Dort«, sagte er und wies auf einen Punkt dicht über dem Horizont. »Siehst du die vier Sterne, die eine Art Kiste bilden? Das ist der Kopf von Herkules. Der Pulsar befindet sich auf der rechten Seite der Kiste, etwa in der Mitte zwischen den oberen und den unteren Sternen.«
    Die ersten Regentropfen fielen nieder.
    Julie ergriff Harrys Hand. »Harry, ich bin stolz auf dich.«
    Blitze zuckten über ihnen, und der Sturm fegte über sie hinweg. »Komm schon«, sagte Harry und zog sie auf den Weg, auf dem sie hergekommen waren. »Wir werden naß bis auf die Haut.«
    »Dies sind die einzigen Kleider, die ich bei mir habe«, sagte sie und rannte los. Sie hatten