Erstkontakt
Vorgeplänkels, »wir haben ein Problem.« Er knöpfte sich das Jackett auf und nahm Janowicz gegenüber Platz.
Hurley hatte es sehr frühzeitig gelernt, mit den Russen nicht von seiner Position hinter dem Schreibtisch aus zu reden. Aus Gründen, die er nicht ganz begriff, interpretierten sie diesen Akt als defensiv und wurden daraufhin aggressiver. Hurley bot dem Außenminister dessen Lieblingswodka an und ließ sich dann lässig auf einem Sofa nieder. Er selbst trank Rotwein, Janowicz, ehemals Alkoholiker, lehnte dankend ab.
»Welche Art von Problem meinen Sie denn?«
»Ihre Entscheidung, die Herkules-Signale der Öffentlichkeit vorzuenthalten, ist durchaus korrekt.«
»Danke sehr, Alex«, sagte Hurley. »Die Leitartikelschreiber der Tass scheinen nicht dieser Meinung zu sein.«
»Ach ja.« Er zuckte die Achseln. »So ist die Presse nun einmal. Manchmal, Mr. President, handelt sie zu spontan. Und nicht immer verantwortungsvoll. Wie dem auch sei, ich bin sicher, daß Sie bereits erkannt haben, daß der derzeitige Zustand für uns beide große Probleme schafft.«
»Wie das?«
»Sie bringen Präsident Roskosky in eine unangenehme Position. Die verschiedenen Wissenschaftlichen Institutionen Rußlands üben zum Teil einen nicht unbeträchtlichen Einfluß aus. Unseren Wissenschaftlern mangelt es zwar an politischer Macht, aber sie können die Medien beeinflussen, und sie haben die Sympathien des Volkes auf ihrer Seite. Gentlemen, Sie wissen, welch schwierige Phase mein Land augenblicklich durchmacht. Unsere Wirtschaft ist angeschlagen, die Regierung ist nicht so stabil, wie wir es uns wünschten, und das Volk verliert allmählich das Vertrauen in diese Regierung. Man könnte uns momentan sehr leicht ins Chaos stürzen. Vielleicht sogar in einen Bürgerkrieg. Die Feinde des Präsidenten würden keine Sekunde zögern, die Öffentliche Meinung gegen ihn auszuspielen.« Er trank einen Schluck Wodka und nickte anerkennend. »Die wissenschaftliche Gemeinschaft zeigt sich entrüstet darüber, daß ihr eine Entdeckung von solch ungeheurer Bedeutung vorenthalten wird. Wie ich bereits sagte, kenne ich Ihre Beweggründe dafür. Der Präsident auch. Aber dennoch verursacht die Lage ernsthafte Gefahr für unser Land.«
»Ich verstehe«, sagte Hurley knapp.
»Das dachte ich mir, Mr. President. Was Sie jedoch bedenken müssen, ist Ihre jetzige Situation und die möglichen weiteren Schwierigkeiten und negativen Auswirkungen, was die Funksignale betrifft. Persönlich glaube ich nicht, daß Sie irgend etwas finden werden, das sich zu verbergen lohnt – das heißt, etwas, das von militärischem Wert ist. Aber andererseits können wir das auch noch nicht mit Bestimmtheit ausschließen, worin wiederum ein Problem besteht.« Er bedachte Hurley und Janowicz mit einem scharfsinnigen Blick, und Hurley erkannte, daß Taimanow aus ihren Gesichtern zu lesen versuchte.
»Spielen Sie Schach, Mr. President?«
»Mittelprächtig.«
»Diese Tatsache taucht nicht in Ihrer Wahlkampfbiographie auf.«
»Ich hätte damit keine zusätzliche Stimme gewonnen.«
»Ich werde die Vereinigten Staaten niemals verstehen«, sagte Taimanow. »Ein Land, das die Mittelmäßigkeit pflegt und Techniker von höchster technischer Qualifikation hervorbringt.«
»Warum haben Sie nach meinen Schachfähigkeiten gefragt?« fragte der Präsident.
»Der Punkt ist, Mr. President, wie jeder gute Schachspieler oder Staatsmann weiß, daß die Bedrohung weitaus nützlicher ist als die Ausführung, die Tat an sich. Die Feinde unserer Regierung werden es nicht darauf ankommen lassen, eine Reaktion auf die gegenwärtige Situation zu provozieren, weil sie bei diesem Versuch nur allzu leicht selber die Kontrolle verlieren könnten. Brächten sie die Regierung zum Sturz, wüßte niemand, was danach kommt. Statt dessen werden sie aber gewiß die allgemeine Unsicherheit nutzen, die das Herkules-Signal hervorruft, um das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Diese Feinde kennen den Weg zur Macht, und für sie besteht er darin, auf ältere Ideologien zurückzugreifen. Eine Rückkehr in die nationalistischen Tage der 1970er.« Er spielte auf die konservativen Stalinisten jener Zeit an. Mittlerweile besaßen diese einen anderen Namen, Neokonservative , aber immer noch waren sie gewillt, Rußlands bescheidene Fortschritte, eine international anerkannte Stellung zu erringen, zugunsten ihrer eigenen Ambitionen zu opfern.
Taimanow hielt sein Glas ins Licht und leerte es dann mit
Weitere Kostenlose Bücher