Ertränkt alle Hunde
hier in New York eingeschlossen?«
»Sie vermissen mich also schon?«
Ich hörte, wie er über eine Tasse heißen Kaffee blies. »Hock, was ist da drüben los? Und um Himmels willen, erzählen Sie mir nicht, es hätte irgendwas damit zu tun, daß sich Father Kelly hier bei uns von der Platte geputzt hat.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ach, durch Kleinigkeiten. Zuerst hörte ich in allen Fernseh- und Radiosendern, daß sich dieser Priester in einem Beichtstuhl Ihrer alten Chorknabengegend erschossen hat, in der Holy Cross -«
»Was?«
»Genau das habe ich auch gesagt, als ich die Nachrichten hörte. Also rufe ich die PDU des Midtown-North an, und die verbinden mich mit einem Lieutenant Ellis, und raten Sie mal, was der mir erzählt? Er sagt, daß Sie, Hock, einer der letzten waren, die den alten Father Kelly gesehen haben, als er noch seinen Rosenkranz runterrasseln konnte.«
Meine Worte kamen langsam und kläglich, und mir wurde bewußt, daß ich wie ein nervöser Täter klingen mußte, bei dem eine Frage genau ins Schwarze getroffen hatte. »Ich habe doch das Taxi bezahlt... er war auf dem Weg nach Hause...«
»Nicht ganz«, sagte Neglio. »So ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, als Ihre Maschine von der Startbahn abhob, war Father Kelly in diesem Beichtstuhl und hat noch mal einen letzten Volltreffer gelandet. Sozusagen.«
Ich beschloß, vorläufig weder von dem beunruhigenden Gespräch mit Father Tim zu erzählen, nachdem ich ihm das Foto meines Vaters gezeigt hatte, noch von dem Medaillon, das Father Tim mir gegeben hatte. Was heißen soll, ich beschloß, die Sache zu meiner persönlichen zu machen, obwohl wir auf der Polizeiakademie ausdrücklich davor gewarnt worden waren, unsere Arbeit persönlich zu nehmen. Kluge Cops ziehen sich aus persönlichen Fällen zurück, genau wie sich Reiche von Verwandten fernhalten. Was vielleicht etwas darüber sagt, wie klug ich bin.
»War es ein schneller Tod?« fragte ich.
»Er hat sich diese alte Mauser in den Mund geschoben, und dann hieß es nur noch Licht aus - ein Schuß, voll in den Kortex. An der Kugel hat er nicht leiden müssen. Warum er sich aber die Kugel gab, ist der eigentliche Knackpunkt.« Neglio schwieg eine Weile, dann sagte er: »Ich muß Ihnen eines sagen, Hock, ich glaube nicht, daß sich Lieutenant Ellis überschlagen wird, den Fall schnell abzuschließen.«
»Nein?«
»Nicht solange Mogaill von der Mordkommission aus dem einen oder anderen Grund seine Nase in diesen Selbstmord steckt. Und nicht, wenn er schließlich erfährt, daß Sie rein zufällig in Dublin am Tatort eines Mordes gewesen sind. Sie verstehen, was ich meine?«
»Davy Mogaill -?«
»Ein Kumpel von Ihnen, stimmt’s?«
»Er war mein Rabbi.« Ich holte tief Luft. »Als ich hier gelandet bin, wartete bereits die Nachricht auf mich, ich solle ihn sofort zu Hause anrufen.«
»Aber Sie haben ihn nicht erreicht, stimmt’s?«
»Nein. Woher wissen Sie das?«
»Ich habe ihn auch nicht erreicht. Wissen Sie, wo ich ihn finden könnte?«
»Die Nachricht lautete, ihn zu Hause anzurufen. Er wohnt draußen in Middle Village, Queens, in einer Seitenstraße der Metropolitan Avenue.«
»Ich werde einen Wagen vorbeischicken. Rufen Sie mich wieder an. Ach, und, Hock, passen Sie auf sich auf.«
14
Nichts, was ich von dem Leben meines Onkels wußte, hatte mich auf den Anblick des Hauses in Dún Laoghaire vorbereitet.
Nachdem wir aus dem Taxi gestiegen waren, standen Ruby und ich mit unseren Taschen in der Ladbroke Street und starrten mit offenem Mund auf Hausnummer 10, wo Liam Hockaday seinen Wohnsitz gehabt hatte, solange ich zurückdenken konnte: das große Eckhaus in einer Allee mit altem Baumbestand und eleganten Barockhäusern mit Blick auf die kalte, blaue Dublin Bay, ihre Schiffe und Fähren, die auf der Irischen See verkehrten. Es war ein fünfstöckiges, von Efeu bewachsenes Steinhaus mit Erkerfenstern und geschliffenen Bleiglasscheiben, Holzpilastern und einer typisch georgianischen Eingangstür. Zum ersten Mal, seit wir die Dublin Garda verlassen hatten, sprachen wir jetzt von etwas anderem als Father Tims Selbstmord und dem möglichen Verbleib von Davy Mogaill.
»Das ist mit Abstand das schönste Haus, das ich je gesehen haben«, sagte Ruby. »Wieso hast du mir nie erzählt, daß du aus einer reichen Familie kommst, Hock?«
»Weil es mir nie irgendwer gesagt hat.«
Ich wußte natürlich, daß mein unverheirateter Onkel nicht unvermögend war. Bis zum Tod meiner Mutter
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