Erwachen
„Seine Seele ist ganz und heil, Carys Olwyn Parker, mehr vermag ich nicht zu sagen.“
Eine andere Seele, die gesichtslos blieb, sprach:
„Bleib so, wie du bist, Carys!“
Mein Herz raste, denn das waren Emrys‘ Worte!
„Du musst ganz und heil bleiben, kleine Thrylia“, sagte die Seele der schönen Frau. „Wenn du etwas von dir fortgibst, dann wirst du dich verändern!“
Die gesichtslose Seele fragte:
„Wie soll Emrys Caughleigh dich dann jemals finden?“
Die Schatten verschwanden in dem glitzernden Wasser und ließen kein Anzeichen, dass es sie jemals gegeben hatte, zurück.
Ich wandte mich um, doch Gwydion stand nicht mehr hinter mir. Er war ein paar Schritte in die Dunkelheit gegangen und hatte eine Fackel gefunden und entzündet.
„Du hast Feuer?“ fragte ich ungläubig.
Spöttisch verzog er den Mund. „Ich bin ein Healer, Carys, mit der Affinität zum Feuer und zur Luft.“
„Zu zwei Elementen? Wow!“
Er lachte, als er meine Begeisterung sah. „Verflixt, Carys! Du weißt nichts über dich, oder?“ Dann hielt er plötzlich inne und betrachtete ungläubig die Nische.
Dort lag eine saubere Matratze und Bettzeug, doch es wirkte verlassen.
Ich trat näher heran und betrachtete die Bilder, die überall neben dem Schlaflager verteilt waren. Ein Bild zeigte Emrys und Gwydion, wie sie grinsend die Daumen hochhaltend für die Zeichnung posierten.
Alle anderen Bilder zeigten mich. Es waren einige sehr alte Skizzen unter ihnen, doch die meisten waren im vergangenen Jahr gezeichnet worden. Und auf keinem dieser Bilder war mir bewusst gewesen, dass mich jemand zeichnete.
Die Skizzen waren sehr gelungen. Emrys hatte es immer geschafft, mich wirklich hübsch aussehen zu lassen, stellte ich fest. „Herrje“, murmelte ich.
„Doppelherrje“, nuschelte Gwydion.
Ich sank auf die Matratze und vergrub mein Gesicht in der Bettwäsche, die immer noch nach Emrys roch. Heiße Tränen brannten in meinen Augen, als ich diesen Geruch tief in mich einatmete. Laute, gequälte Schluchzer verließen meine Kehle, mein Körper zitterte, als die Anspannung von mir abfiel. Zu lange hatte ich Haltung bewahren wollen, stark sein wollen, doch mein Kummer, mein Schmerz brach sich in diesem Augenblick bahn.
Gwydion ließ sich neben mich sinken und zog mich ein weiteres Mal in seine Arme. „Ich muss dir jetzt etwas sagen, Carys, und es wird dir nicht gefallen!“
Ich schniefte. „Was denn?“
„Du musst kämpfen, Carys!“
„Tu ich doch!“ jammerte ich und hickste.
„Du musst endlich um dich kämpfen, ehe du dich verlierst! Hör auf, um Emrys zu kämpfen! Wenn das Schicksal es will, so werdet ihr wieder zusammen sein! Aber bitte, Carys, das Schicksal muss das entscheiden – nicht du!“
Plötzlich ergab es einen Sinn für mich, dass alle sagten, ich müsse ganz bleiben.
„Gwyn, was meintest du gerade, als du sagtest, ich wisse nichts über mich?“ Ich hickste immer noch.
Er legte sich zurück und zog mich mit sich. „Wenn du eine gewandelte Thrylia bist, dann kannst du alle fünf Elemente steuern.“
„Fünf?“
„Feuer, Luft, Wasser, Erde und den Geist. Außerdem kannst du mit deinem Licht alle Geschöpfe verletzen oder heilen. Du hast Flügel, du kannst fliegen. Und du kannst furchtbar schnell rennen. Dazu kommen dann noch deine Fähigkeiten als Hexe… wenn du dich im Griff hast, bist du unbesiegbar und verdammt mächtig!“
Ich grinste. „So, wie du es sagst, klingt das wirklich nach Achduliebegüte!“
Wir lachten.
„Es ist gut, dass wir hier waren, Gwyn, aber jetzt müssen wir aufbrechen.“
„Sehr vernünftig“, pflichtete er mir bei.
„Versprichst du mir, mir jedes Mal in den Hintern zu treten, wenn ich wieder ausflippe?“
„Versprochen.“
∞∞∞
„Carys“, hörte ich leise hinter mir, als ich auf der Galerie stand und in die Halle hinabblickte, wo Patricia gerade ein verstoßenes Kind begrüßte. Dieses Mädchen war die zehnte, und sie erinnerte mich an mich selbst, als ich vor so vielen Jahren das erste Mal diese Mauern betreten hatte.
Ich drehte mich nicht herum, sondern entgegnete leise:
„Nate.“
Nathaniel Hartscombe stand dicht hinter mir und atmete den menschlichen Duft ein, den ich verströmte. „Alles Gute zum Geburtstag, Carys!“
Ich drehte mich zu ihm herum und sah ihn mit großen Augen an. „Ich bin jetzt siebzehn und habe mich immer noch nicht gewandelt, Nate!“
Nathaniel legte seine
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