Erwachen
während ich die Zimmertür ins Schloss fallen hörte. „Elender Sklaventreiber“, schimpfte ich leise.
Emrys gluckste, während er hinter mir stand und mir mein Haar von meiner Schulter zurück auf den Rücken strich. „Dein Haar ist heller als früher“, bemerkte er leise.
Ich blieb starr stehen. „Woher weißt du das?“
„Ich habe von dir geträumt, Carys, letzte Nacht. Wir waren noch Kinder, und du hattest einen gemeinen Traum von grauen Affenhänden…“
Als ich spürte, dass er ganz nah an mich herantrat und seine Arme von hinten um meine Mitte schlang, zitterte ich kurz und wohlig auf und unterdrückte das Seufzen.
Emrys schmiegte seine Wange an meine. „Ich bin zu dir ins Bett geschlüpft, habe dich in meine Arme genommen und einfach nur festgehalten.“
„Du hast mich beschützt und davor bewahrt, an den Erinnerungen an meinen Vater zu zerbrechen“, wisperte ich und versuchte, meinen Körper zu beruhigen, der auf Emrys‘ Berührung willig reagierte.
„Carys…“, raunte Emrys und ließ seine Nase über meine Wange gleiten, vergrub sie in meiner Halsbeuge. „Du hast als Mädchen wundervoll gerochen… jetzt ist noch eine Fliedernote hinzugekommen… du duftest einfach himmlisch!“ Sein Atem an meinem Hals beschleunigte meinen Herzschlag. Seine Hände, die unter meinen Händen auf meinem Bauch lagen und seltsamerweise nicht leuchteten, waren heiß und besitzergreifend, obwohl sie nicht forderten.
„Emrys“, hauchte ich. „Was tust du nur?“
„Ich sage dir das, was ich als Junge niemals sagen konnte, Carys!“ Er machte sich von mir los, packte mich sanft an den Schultern und drehte mich zu sich herum.
Ich hielt meinen Kopf gesenkt, blickte auf einen imaginären Punkt an seiner Kleidung und versuchte, wieder zu ruhigem Atem zu kommen.
„Gwyn kämpft für dich als neue Königin von Rosewood Hall, Carys. Er will, dass du den Weg des geringsten Widerstands gehst und Nate zu deinem Mann nimmst. Seitdem ich zurück bin, habe ich diese Flashbacks, sehe deine kindliche Liebe zu mir in meinen Erinnerungen. Sehe, dass diese Liebe überdauert hat… all die Jahre des Schmerzes und des Leids in deinem Herzen, während ich in der Schattenwelt ausharrte und vor Sehnsucht nach dir verging!“ Seine grauen Augen wurden dunkler und tiefer Kummer sprang förmlich aus ihnen heraus, als ich meinen Kopf hob und ihn ansah, mich fragte, ob ich mich gerade verhört hatte.
„Diese kindliche Liebe ist gewichen“, flüsterte Emrys. „Du hattest mich und meinen Tod idealisiert. Gwyn versucht immer noch mir einzureden, dass du in Wahrheit Nate liebst…“
„Was?“ hauchte ich fassungslos, aber ich begriff die Motive, die dahinterstanden. Gwydion hatte immerhin auch ständig gesagt, Emrys würde mich nie so lieben, wie ich ihn liebte.
Nun, vor mir stand ein Mann, der mir mit jeder Faser seines Körpers signalisierte, dass er mich noch mehr liebte als ich ihn.
Gwydion wollte meinen Frieden. Er wollte keinen Kampf gegen Patricia, keinen Sturz von Nathaniel als Vizekönig – Gwydion wollte, dass die alte Macht von Rosewood Hall ganz blieb und nicht durch unsichere Faktoren wie zwei Thrylien außer Rand und Band in Gefahr geriet.
Ich verstand Gwydion.
Ich war an einen Punkt angelangt, an dem ich mich fragen musste: war Rosewood Hall ohne Emrys an meiner Seite genug für mich? Wäre Rosewood Hall mit Emrys an meiner Seite zu viel? Aber woher sollte ich die Antwort wissen? Er war nicht an meiner Seite, würde es ohne Tod und Elend nie sein. Ich wusste nur: ohne ihn war mir Rosewood Hall nicht genug – und ich wollte niemals die Königin eines Zirkels werden!
„Ich will Nate nicht“, wisperte ich und ging in den dunklen Augen Emrys‘ verloren. „Ich habe doch immer nur dich geliebt, Emrys, aber Gwyn sagte, du liebst mich nicht… nicht auf die gleiche Weise.“
Er hob seine Hand und legte sie zart an meine Wange, ließ seinen Daumen über meine Haut streichen, während ich meine Arme um seine Mitte schlang. Er lächelte stumm und glücklich, als er seine Arme um mich legte.
Ich schloss die Augen, vergrub mein Gesicht in seiner Achselhöhle und atmete ihn. Emrys‘ Mund küsste mich aufs Haar, dann zog er mich noch enger und schmiegte sein Gesicht an meinen Kopf. „Carys Olwyn Parker, du warst, bist und bleibst meine Liebe – auf ewig!“
Ich schluckte. Bald mussten wir uns trennen, wir durften nicht zusammen sein. Unsere Welt, in der wir lebten, verbot es uns.
Weitere Kostenlose Bücher