Erwachen
„Was ist mit ihr?“ fragte Gwydion entsetzt.
„Pat konnte ihr Herz nicht finden“, flüsterte Emrys tränenerstickt.
„Emrys hat ihre Wunden geheilt“, entgegnete Gabriel matt.
„Sie muss genesen!“ rief Emerson verzweifelt.
„Nein, meine Lieben, sie muss sterben, damit sie wieder ganz sein kann“, flüsterte Nannette mit Tränen in den Augen. „Ihr Herz ist bei Emrys, aber ihre Seele ist auf dem Weg in die Schattenwelt. Solange du sie festhältst, mein Junge, ist sie weder hier noch dort.“ Sie sah Emrys schmerzvoll an.
Emrys suchte meinen Blick, er drückte seinen Mund auf meine gefühllosen, kalten Lippen, ließ seine Tränen auf meine Haut tropfen. Dann schluchzte er auf und weinte unter Krämpfen. „Carys… ich kann dich nicht loslassen! Ich kann nicht…“
Das letzte, was ich sah, war Gwydions Gesicht, als er mich aus Emrys‘ Armen hochhob. Noch ehe er mich an sich drücken konnte, zerbarst ich zu Glitzerstaub und ließ meinen Bruder dabei in meinem Licht aufleuchten.
∞∞∞
Die Schattenwelt. Was für ein seltsamer Ort dies war.
Nannette hatte voller Angst von diesem Ort gesprochen. Zunächst war sie sich sicher gewesen, dass ich hier nie wieder herauskam. Was hatte sie letztendlich dazu bewogen, das Gegenteil zu glauben? Ach, richtig, die Liebe zu Emrys war es gewesen. Und diese Liebe würde mir ein Wegweiser sein, da war Nannette sich plötzlich sicher gewesen.
Nun war ich hier. In der Schattenwelt.
Gefangen zwischen dem Diesseits, dem Jenseits und der Hölle.
Gefangen im Nichts, im luftleeren Raum, ohne Zeit, ohne Verlust, ohne Liebe.
Nein, das war nicht richtig, dachte ich bei mir und versuchte, den Kopf zu schütteln, doch da war nichts, was geschüttelt werden konnte.
„Mein Kopf“, seufzte ich und stöhnte qualvoll auf. Da war er. Ich spürte ihn wieder. Gott sei Dank! Ein Gefühl der Erleichterung erfasste mich, machte doch gleich wieder der Angst Platz.
Ceridwen! Ich hatte sie zusammenfallen sehen wie ein Bündel Kleider ohne Inhalt. Meine liebste Freundin! Dougal hatte gerufen, sie sei nicht tot. Doch was war sie? Wo war sie?
„Ced“, wisperte ich voller Furcht und vor mir erschien ein mannhoher Spiegel, der nicht mich selbst zeigte, sondern das Diesseits, und zwar Rosewood Hall. „Ced!“ rief ich nun lauter und spürte meine trockene Kehle unangenehm schmerzen und meine pelzige Zunge in meinem ausgedörrten Mund.
Ceridwen lag auf ihrem Bett und trug lediglich ihr dünnes Nachtgewand. Ihr Körper schüttelte sich im Fieber und Dougal wusch ihr mit einem Schwamm den klammen Schweiß von der Haut.
„Warum hilft der Sud nicht?“ fragte er verzweifelt.
Mein Herz war mir schwer und meine Zunge schien wie gelähmt, als ich Gwydion hörte, wie er zu Dougal sprach:
„Nan kann keinen Sud brauen, der Ced aus ihrer Flammenhölle herausholt. Sie trauert um Hamish und hat Rosewood Hall verlassen.“
Ich wimmerte auf und erstickte fast an den Tränen, die ich nicht fähig war zu weinen. Hamish war tot? Gefallen? Durch mich?
„Dann gibt es keine Hoffnung mehr für meine Geliebte“, wisperte Dougal tonlos.
Doch! schrie ich in meinem Innern. Gib sie nicht auf! Sie darf nicht gehen!
„Ced!“ schrie ich und schmeckte mein eigenes Blut, weil meine inneren Organe starben. Ich brauchte sie hier in der Schattenwelt nicht mehr. Eine heiße Flüssigkeit lief aus meinen Ohren und meiner Nase, doch ich durfte mich davon nicht ablenken lassen. „Ced!“ flehte ich und hielt meinen Blick starr auf den Spiegel, der meine beste Freundin im Kampf mit dem Schnitter Tod zeigte. Patricia hatte Feuer in Ceridwens Körper gesendet, und an diesem Fieber starb meine Freundin nun. „Du wirst leben, Ceridwen Norrington! Du wirst die Augen aufschlagen, atmen und ein glückliches Leben führen. Mit Dougal an deiner Seite und mit süßen Kindern in eurer Mitte!“ schluchzte ich.
Der Spiegel wurde immer durchsichtiger, denn ich verlor mein Augenlicht. Das letzte, was ich sah, war Ceridwen, wie sie ihre Augen öffnete und laut meinen Namen schrie.
Es war dunkel um mich herum, doch ich verspürte keinen Verlust.
Ich wusste, die Frau, die meinen Namen gerufen hatte, war am Leben und würde so rasch wieder zu Kräften kommen, wie ich meine irdischen Kräfte verlor.
Ich konnte mich nicht rühren, ich konnte nicht sehen, doch fühlen konnte ich noch.
„Emy“, hauchte ich. Doch ich spürte keine Wärme, sondern nur eisige Kälte. „Emrys… ich sage
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