Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
Vom Netzwerk:
Bemühen, einen gewissen Abstand zwischen uns zu wahren, aber er kam mir sofort nach. Er war mir viel zu nahe. Ich fand es immer schwieriger nachzudenken. Als wäre er eine atmosphärische Störung, die mich daran hinderte, meinen Verstand auf die richtige Wellenlänge einzustellen
    »Du hast mir nicht verraten, warum du hier bist«, sagte ich, so halb, um überhaupt etwas zu sagen, und halb, weil es mich wirklich interessierte. Seine Anwesenheit hatte mir eine willkommene Atempause verschafft. Aber die meisten Männer trieben sich nicht in finsteren Gassen herum, um auf Frauen zu warten, denen sie beistehen konnten.
    »Wegen dir. Ich vertrage es nicht besonders gut, wenn ich versetzt werde. Deshalb wollte ich der Sache auf den Grund gehen.«
    »Oh.« Das war wohl mein Stichwort zu türmen. Ich trat zur Seite, näher zur Tür. »Jetzt passt es gar nicht. Ich muss wieder rein, bevor Egan …«
    Er versperrte mir den Weg.
    »Eine Sekunde noch.«
    »Nein, wirklich, ich …«Ich sah ihm fest in die Augen, drückte ihm die Hand auf die Brust und stieß ihn weg.
    In dem Moment geschah es.
    Die Welt um mich herum schmolz dahin, seine Augen zuerst. Sie veränderten ihre Form, wurden von braun zu schwarz zu leuchtendrot. Ich rang nach Atem, wollte schreien, aber es war, als wäre ich gar nicht mehr da. Ich beobachtete zwar, hatte aber keine Kontrolle mehr.
    Und was ich sah, jagte mir eine Heidenangst ein. Ein Kaleidoskop von Bildern. Dunkel. Gefährlich. Hitze und Lust und Macht und Furcht.
    Ich hörte mich nach Luft schnappen, doch das Geräusch kam wie aus großer Entfernung nur gedämpft bei mir an. Stattdessen dröhnte mir der Herzschlag in den Ohren, das dumpfe, rhythmische Pochen von Blut, das durch Adern rauschte, von Leben, das mit jedem Herzschlag mitsummte.
    Blut.
    Heiß und fordernd, pulsierend und vibrierend. Rote Seide, zerknautschter Samt. Ein Fest der Sinne voll schrecklicher Wonnen.
    Blut
    Ich versuchte, mich aus dieser Vision, diesem Traum, diesem Irgendetwas zu reißen, doch es ließ nicht los. Er ließ nicht los. Er hielt mich fest, zog mich an sich, sein Puls im Gleichklang zu meinem, ein hypnotischer, tiefer Schlag, der mich vereinnahmte, mich zu ertränken, in die Tiefe zu ziehen drohte.
    Heiße Finger.
    Nacktes Fleisch.
    Und Lust so scharf wie eine Klinge.
    Irgendwie hatte ich mich in ihm verloren. Eine Vision, die ich nicht wollte, aber auch nicht abstellen konnte. Wir waren umgeben von grauenhaften Bildern und sinnlichen Freuden. Und meinem instinktiven Wunsch davonzulaufen stand das verzweifelte Verlangen entgegen, zu bleiben.
    Hinter diesem seltsamen Vorhang wurden meine Nippel steif, und die Innenseite meiner Schenkel tat mir weh. Ich trat näher zu ihm, presste mich an ihn auf der Suche nach Befriedigung. Doch ob das wirklich war oder sich nur in meinem Kopf abspielte, wusste ich nicht. In dem Augenblick war es mir auch egal. Ich spürte nur noch seine Berührung und das verzweifelte Surren der Lust. Sonst nichts.
    Seine Finger wanderten über meinen Rücken, sein Körper drängte sich so eng an meinen, dass ich seinen Herzschlag spüren konnte und mich sein Atem im Haar kitzelte. Vorsicht warf ich ebenso über Bord wie Anstand. Ich wollte nur noch von ihm berührt werden, seine Haut auf meiner fühlen.
    Als würde er mein Flehen erhören, tanzten seine Lippen über meinen Körper, fanden meinen Mund und forderten mich in einer wilden, brutalen Vereinnahmung, die meinen Körper erzittern und meinen Mund nach mehr betteln ließ.
    Er bewegte sich, wollte den Kuss beenden. Doch ich zog ihn wieder an mich heran, enttäuscht, weil er sich widersetzte, als wüsste er, dass sich gleich etwas ändert.
    Und dann war es so weit - ein Blitz - und plötzlich sah mein geistiges Auge Grau, malte uns in Schwarz und Weiß, nur Hell und Dunkel, Licht und Schatten. Die Schatten saugten uns auf, dann ein zweiter Blitz, und ich war in Gold getaucht.
    Jetzt lagen wir da, unsere Körper nackt und verschwitzt und vereinigt, und seine Augen … Ich sah nur seine Augen. Warm und sanft, ohne jeden Hinweis auf die Wut, die darunter brodelte. Nur Begehren und Verlangen und eine so heftige Sehnsucht, dass ich in sie hingezogen, ja, hingezwungen wurde, bis ich keinen anderen Wunsch mehr hatte, als mit ihm zu verschmelzen, eins mit ihm zu werden.
    Es hielt nicht an.
    Schlagartig veränderten sich diese Augen, wurden gefährlich schwarz, wie die Augen eines Hais. Der Wandel kam plötzlich, übergangslos. Ich zuckte zusammen, als

Weitere Kostenlose Bücher