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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Tatsache bereits erwähnt, dass es dir nicht gelungen ist, den Grykon im Zeremonienzimmer zu töten«, rief Zane mir in Erinnerung.
    »Ach herrje!« Was für ein Fehler das gewesen war, wurde mir erst jetzt klar. »Der hatte inzwischen genügend Zeit, mit seinen kleinen dämonischen Freunden ein Bier trinken zu gehen und die Nachricht zu verbreiten.«
    »Das ist richtig«, nickte Clarence. »Aber wir haben noch einen weiteren Verdächtigen. Dich hat auch noch jemand anderer in Aktion erlebt.« Er durchbohrte mich mit einem wissenden Blick.
    »Deacon Camphire«, brachte ich widerwillig über die Lippen. »Aber er weiß nicht, was ich bin.« Doch noch während ich sprach , war ich mir da gar nicht mehr so sicher. Was, wenn er die ganze Zeit nur mit mir gespielt hatte?
    Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich dazu fähig bin. Immer wachsam sein. Jeder Schatten eine Bedrohung. So gerissen bin ich nicht. Ich bin nicht das Mädchen, für das ihr mich haltet.«
    »Glaub mir«, entgegnete Clarence. »Das bist du.«
    »Ich habe getötet. Genau so, wie ihr es mir gesagt habt.« Wieder fiel mir der durchdringende Geruch des Menschenbluts ein. »Aber ich bin diejenige, die damit leben muss - mit dem, was ich getan habe und wozu ich mich entwickle. Ich weiß nicht recht, wie ich das schaffen soll.«
    Zane trat auf mich zu und ging in die Hocke. »Du lebst damit, weil dir nichts anderes übrig bleibt. Du kannst nachts schlafen, weil du weißt, dass du für das Gute kämpfst. Dass es wegen dir weniger Böses in der Welt gibt.«
    »Und wenn ich selbst das Böse werde?«
    »Geh nicht so mit dir um, cherie. Das Böse ist ein Virus. Du hast eine Krankheit ausgerottet, die die Welt befallen hat.«
    »Ausgerottet?«, fragte ich bitter. »Sie ist nicht ausgerottet. Sie ist in mir.« Ich holte tief Luft und versuchte, die schreckliche Angst zurückzudrängen, die in mir aufstieg. »Was ist, wenn ich sie nicht unter Kontrolle halten kann?«
    »Du schaffst das«, entgegnete er. »Weil du, ma petitefleur , gar keine andere Wahl hast.«
    Keine andere Wahl…
    Seine Worte hallten in mir nach, legten sich wie ein Umhang über meine Schultern. Wortlos ging ich auf den Fahrstuhl zu, blieb nicht stehen, sah mich nicht um, obwohl beide meinen Namen riefen.
    Als Erstes ging ich zum R estaurant, zu der Gasse, in der ich zum zweiten Mal gestorben war. Sie lag still da. Sicher. Die Flecken auf dem Betonboden waren der einzige Beweis, dass sich hier eine Gewalttat abgespielt hatte. Die Flecken und der schwache Geruch nach Blut. Gerade genug, um mich zu erregen. Um dieses Grammeln in meinem Bauch auszulösen.
    Ich leckte mir die Lippen und rollte die Schultern, wild entschlossen, diesem verdammten Instinkt nicht nachzugeben. Stattdessen tat ich, weshalb ich gekommen war: Ich ging auf die Knie und tastete im Dreck um die Tür herum nach meinem Messer, bis ich es gefunden hatte. Als ich es in die Scheide steckte, fühlte ich mich gleich viel besser. Trotz seines geringen Gewichts erdete es mich irgendwie.
    Ich bin mir nicht sicher, wo ich danach überall rumlief oder wie lange, aber meine Schritte verschlangen die Straßen, während allmählich die Nacht hereinbrach. Die Straßen leerten sich, Arbeiter gingen nach Hause zu ihren Familien, und schließlich waren nur noch vereinzelt Autos unterwegs. Auf den Straßen waren nur noch die Leute anzutreffen, die hier lebten.
    Als ich mich schließlich umsah, um mich zurechtzufinden, stellte ich fest, dass ich die ganze Nacht vor mich hingelaufen war. Die Sonne war zwar noch nicht aufgegangen, aber aus einem nahe gelegenen Bahnhof quollen bereits die Pendler. Ich zögerte, dann fasste ich einen Entschluss, kaufte mir eine Fahrkarte und bestieg den Zug. Das Rumpeln der Wagen hypnotisierte mich, mein Kopf wurde so leer wie das Abteil. Erst als wir in den Bahnhof einfuhren, kam ich wieder zu mir. Ich schob mich durch die lebende Mauer, die sich in die Wagen drängelte, und stolperte zum Ausgang. Ich wusste nicht so recht, wieso ich hierhergekommen war.
    Nein. Das war eine Lüge. Ich war wegen Bose hergekommen. Oder, um genauer zu sein, meinetwegen.
    Ich wartete an der Highschool auf sie, stand etwas abseits von der Haltestelle, als der 28er-Bus vorfuhr. Ich dachte an Clarence’ Warnung, dass ich sie vielleicht in Gefahr bringen würde. Aber ich würde sie nicht ansprechen. Ich würde einfach nur dastehen und schauen und vielleicht, ganz vielleicht, wieder ein Gefühl für mich

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