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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt war. »Glaubst du, der da oben hätte dich ausgewählt, wenn du nicht damit umgehen könntest?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts mehr.«
    »Da draußen gibt es einiges, wovor man Angst haben muss, ma fleur«, mischte Zane sich ein. »Zähl dich ja nicht dazu.«
    »Du hast gut reden. Mit jedem Mord werde ich mehr zu dem, was ich bekämpfe. Wie soll ich damit leben?«
    »Das ist doch nicht dein wahres Ich.« Clarence nahm seinen Filzhut ab und ließ die Krempe durch die Finger gleiten. »Du musst das trennen, Kleine. Nutz, was du brauchen kannst - die Wut, den Blutdurst und sperr den Best weg.«
    »Blut.« Ich starrte ihn an, weil mir erst jetzt klar wurde, welche Bedeutung das Blut des Dämons in der Gasse hatte. »Er hat geblutet.«
    Clarence sah mich verwirrt an. »Hä? Was willst du …«
    »Er war ein Mensch. Verstehst du nicht? Der Dämon, den ich getötet habe … kurz bevor der andere mich getötet hat. Verdammt, das war ein Mensch! Er war besessen«, fügte ich hinzu, weil ich mich wieder an Clarence’ Einführungslektion über Dämonen erinnerte. Ich blickte von Zane zu Clarence. Mir war leicht übel. »Mein Gott, er war besessen, und ich habe gesehen, wie der Dämon abgehauen ist. Ich habe ihn umgebracht. Umgebracht! Ich bin nicht nur ein lebendes Vakuum für dämonische Substanz, jetzt bin ich auch noch eine Mörderin.«
    Eine Doppelmörderin, wenn man Lucas Johnson mitzählte. Und wenn man bedenkt, dass der Mord an ihm diese ganze Sache erst losgetreten hatte, musste ich ihn auf jeden Fall dazurechnen.
    Clarence blickte mich gelassen an, und das machte mich wütend. Ich wollte, dass er tobte und schrie. Dass er genauso viel Zorn spürte, wie in mir loderte. »Ja, du hast getötet, das stimmt. Aber betrachte es doch einmal so, Kleine: Du hast etwas Böses getötet. Etwas Niederträchtiges. Und dazu, mein Kind, wurdest du schließlich geboren.«
    »Niederträchtig? Er war besessen. Aus ihm kam eine große Dämonenwolke.«
    »Nicht immer ist jemand gewaltsam besessen. Die meisten wollen es so. Genießen die Macht, die ihnen das gibt.«
    Ich dachte an die Augen des Menschen und wusste, dass er den Dämon nicht freiwillig aufgenommen hatte. »Dieser nicht.«
    Clarence seufzte. »Was willst du hören, Kleine? Dass du Scheiße gebaut hast? Hast du nicht. Ob der Mensch es gewollt hat oder nicht - Tatsache ist, er war besessen. Und dabei wäre es vermutlich geblieben, bis der Dämon weitergezogen wäre. Das hätte nicht lange gedauert. Menschen sind zerbrechlich, und dieser Mensch war ein Werkzeug - und du hast dieses Werkzeug zerstört.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich verstand, was er sagte, aber es ging mir trotzdem gegen den Strich. Ich wollte die Unschuldigen beschützen, nicht sie abschlachten, wenn die Gefahr zu groß wurde. »In jedem Krieg gibt es Tote. Du hast genau das getan, wozu du geschaffen wurdest.«
    »Ich dachte, ich wurde dazu geschaffen, den Dämonenpriester daran zu hindern, die Neunte Pforte zu öffnen. Ich dachte, ich sollte nicht einfach rumlaufen und ohne deinen Befehl Dämonen um die Ecke bringen«, erwiderte ich unwirsch.
    »Jammer nicht rum, Kleine, und stell dich nicht dumm! Du bist nun mal, was du bist: eine Waffe gegen das Böse. Sie wissen es. Sie wissen, dass du sie jagen wirst. Das Böse wird sich wehren. Und wenn es das tut, verteidigst du dich. Merk dir das, sonst sind wir nämlich wirklich verloren.«
    Ich holte tief Luft. Langsam wich mein Ärger - Clarence hatte ja recht. »Mist.« Plötzlich fühlte ich mich so erschöpft, dass ich auf die Knie sank. All diese Gefühle und der Horror drückten mich nach unten. »Er wollte mich töten. Alle wollten sie mich töten. Dämonen und Menschen. Das war kein Überfall auf ein x-beliebiges Mädchen in einer dunklen Gasse. Die hatten es auf mich abgesehen.«
    Ich ließ den Blick von Clarence zu Zane wandern, weil ich sie beide brauchte. »Woher wussten sie, wo ich war?« Ich schüttelte den Kopf, als mir die schemenhafte Gestalt vor dem Pub wieder einfiel. Und Deacon im R estaurant. Ich schlang die Arme um mich und ließ in meinem Kopf Kinderlieder erklingen. Hoffentlich hatte Clarence noch keinen Blick in mein Gehirn geworfen.
    »Jemand hat dich verraten. Kleine«, sagte er gerade. »Lass uns überlegen, wer das sein könnte. Wer weiß, dass du hier bist? Wer weiß, wer und was du bist?«
    »Der Grykon wusste es, aber der ist tot.«
    »Ich glaube, wir haben die

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