Erwachende Leidenschaft
zurück.
»Möchten Sie auch Wasser?«
Colin hielt die Einlage hoch. »Ich möchte herausfinden, ob du weißt, worum es sich hierbei handelt!«
Flannaghan war in seiner Loyalität hin- und hergerissen. Natürlich war er Colins Diener und ihm treu ergeben, aber er hatte schließlich seiner Prinzessin versprochen, kein Wort über den Schuster zu verlieren.
Flannaghans Schweigen war beredt genug. Caine lachte auf. »Aus seinem Gesichtsausdruck zu schließen, weiß er eine ganze Menge über verschiedene Dinge. Was hast du denn da, Colin?«
Er warf Caine die Ledereinlage zu. »Ich habe das gerade unter dem Futter meines Schuhs gefunden. Es ist extra für meinen linken Fuß angefertigt worden.«
Er wandte sich wieder dem Butler zu. »Dahinter steckt Alesandra, nicht wahr?«
Flannaghan räusperte sich. »Sie sind zu ihren Lieblingsschuhen geworden, Mylord«, beeilte er sich zu unterstreichen. »Die Einlage ist gemacht worden, damit der Schuh bequemer ist. Und ich kann nur hoffen, daß Sie darüber nicht zu sehr in Rage geraten.«
Colin war überhaupt nicht wütend, aber sein Butler machte sich viel zuviel Sorgen, um das zu erkennen.
»Unsere Prinzessin weiß, daß Sie ein bißchen … empfindlich auf das Thema Bein reagieren«, fuhr Flannaghan fort, »und aus diesem Grund hat sie auf eine kleine List zurückgegriffen. Bitte schimpfen Sie nicht mit ihr.«
Colin lächelte. Die Tatsache, daß Flannaghan Alesandra so vehement verteidigte, machte ihm Spaß. »Würdest du unsere Prinzessin bitten, herzukommen? Klopf leise an die Tür, und wenn sie nicht gleich antwortet, dann laß sie schlafen.«
Flannaghan eilte aus dem Zimmer. Dann stellte er fest, daß er immer noch die Karaffe in der Hand hielt, kehrte zurück und stellte sie auf den Beistelltisch, bevor er erneut kehrtmachte.
Caine warf seinem Bruder die Einlage zurück. »Und hilft es?«
»Ja«, antwortete Colin. »Ich habe nicht erkannt …«
Caine sah die Verwundbarkeit in den Augen seines Bruders und war verblüfft. Es sah seinem Bruder gar nicht ähnlich, irgend jemanden hinter sein Lächeln schauen zu lassen. Plötzlich fühlte er sich ihm viel näher, weil Colin ihn nicht mehr ausschloß. Er beugte sich in seinem Stuhl vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie.
»Was hast du nicht erkannt?«
Colin starrte auf die dicke Einlage und antwortete: »Daß mein linkes Bein kürzer als das andere ist. Das ergibt einen Sinn. Der Muskelschwund …«
Er zwang sich zu einem Schulterzucken. Caine hatte keine Ahnung, was er darauf sagen sollte. Es war das erste Mal, daß Colin seine Behinderung zugab, und Caine wußte nicht so recht, wie er damit umgehen sollte. Wenn er zu beiläufig spräche, könnte sein Bruder glauben, es kümmerte ihn nicht. Zeigte er. sich jedoch zu besorgt und belästigte ihn mit Fragen, könnte Colin sich für die nächsten fünf Jahre wieder verschließen.
Es war eine höchst unangenehme Situation. Und so sagte er schließlich kein einziges Wort, sondern wechselte das Thema. »Hast du mit Vater schon über Catherine gesprochen?«
»Ja«, antwortete Colin. »Er hat mir versprochen, höllisch aufzupassen. Er hat auch die Dienerschaft alarmiert. Wenn noch irgend etwas gebracht wird, bekommt Vater es zuerst zu sehen.«
»Wird er Catherine warnen?«
»Er will sie nicht beunruhigen«, gab Colin zurück. »Ich habe allerdings darauf bestanden. Sie muß begreifen, wie ernst die Sache ist. Sie ist ein bißchen … sorglos, nicht wahr?«
Caine lächelte. »Sie ist noch nicht wirklich erwachsen, Colin. Gib ihr Zeit.«
»Und beschütze sie, bis sie erwachsen ist. «
»Genau.«
Alesandra erschien mit Flannaghan an ihrer Seite in der Tür. Sie trug einen dunkelblauen Morgenmantel, der sie vom Kinn bis zu den Füßen einhüllte. Sie trat ins Arbeitszimmer, lächelte Caine an und wandte sich ihrem Mann zu. Colin hielt die Einlage hoch. Ihr Lächeln erstarb, und sie begann, rückwärts zur Tür zu gehen.
Sie wirkte nicht ängstlich, nur wachsam. »Alesandra, weißt du etwas über dieses Ding?«
Seine Miene verriet ihr nicht, ob er wütend oder nur leicht verärgert war. Sie rief sich in Erinnerung, daß er ihr eben noch seine Liebe geschworen hatte, und machte einen Schritt vorwärts. »Ja.«
»Ja, was?«
»Ja, ich weiß etwas darüber. Guten Abend, Caine. Nett, dich schon wieder zu sehen.«
Sie tat absichtlich, als würde sie nicht verstehen, was er von ihr wissen wollte. »Frau, ich habe dich etwas gefragt«, wiederholte Colin.
»Ach ja,
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