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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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Ich war klatschnass. Hatte ich mir das Wasserbecken eingebildet und war nur vom Regen nass? Unsicherheit umwob mich. Ich setzte mich auf und schwang die Beine zur Seite. Dabei kam ein weiterer Liegestuhl in Sicht – und darauf lag ein Mann, der mir sofort bekannt vorkam.
    Meine Wut sprühte Funken. »Ist das eine Art Spiel für dich? Gibt dir das den Kick, mit meinem Leben zu spielen? Nun, herzlichen Glückwunsch, ich habe dein blödes Wasser gefunden und wäre dabei fast draufgegangen!«, schrie ich hustend und prustend.
    Ich konnte ihn in der Dunkelheit lächeln sehen, seine Zähne waren bestürzend weiß. Meine Hände griffen nach den Seiten des Stuhles und mein Magen kribbelte. Uri hatte nicht gelächelt.
    »Ich sehe, du hast meinen Bruder getroffen. Er hat dich Wasser suchen geschickt, nicht wahr? Klingt ganz nach ihm. Vorhersehbar.« Seine Oberlippe zuckte an einem Ende.
    Ich spähte in die Dunkelheit. Er sah genau wie Uri aus, aber wenn man genauer hinsah, entdeckte man Unterschiede. Uri hatte sich, so wie es aussah, seit Tagen nicht mehr rasiert, der Mann hier vor mir war glatt rasiert. Uri trug eine legere Hose und ein Hemd; dieser Mann sah aus, als käme er direkt aus einer Sitzung. Sein Anzug war schwarz und perfekt geschnitten. Er trug ein frisches weißes Hemd, das im Mondlicht schimmerte und am Hals fest von einer silbernen Krawatte gehalten wurde. Ich blickte nach unten; seine schwarzen Lackschuhe spiegelten die Nacht, und der Sand unter ihnen war vollkommen ruhig, so als fürchtete er sich davor, sich zu bewegen. Zweifellos sah er genau wie Uri aus, aber es war nicht derselbe Mann – und wir waren noch immer in der Wüste.
    »Du bist ein Engel der Finsternis«, flüsterte ich und wünschte, ich wäre körperlich in einem besseren Zustand, um mich verteidigen zu können. Doch auch wenn ich es geschafft hatte, mich in eine sitzende Position zu bringen, wusste ich, dass ich schwer in Verlegenheit kommen würde, wenn ich versuchte, aufzustehen. Ganz zu schweigen von kämpfen … oder wegrennen.
    »Ich bevorzuge Engel des Bösen und dann ist da natürlich noch mein Name. Ich heiße Nox.« Er streckte mir nicht die Hand hin, wie Uri es getan hatte. Ebenso wie Uri fühlte er sich von mir abgestoßen, aber er konnte es schlechter verbergen. Oder machte sich nicht die Mühe.
    Ich warf einen raschen Blick über meine Schulter zu dem Glas Wasser auf dem Tisch.
    »Durstig?«, fragte er kurz angebunden.
    Ich wollte es verneinen, aber ich war noch immer hoffnungslos ausgedörrt.
    »Ja«, gab ich zu.
    »Bitte«, er schwenkte die Hand in Richtung Tisch. »Bedien dich.«
    Ich beugte mich ein wenig vor und spürte, wie meine Beine heftig zitterten. Ich würde nicht aufstehen können, ohne hinzufallen.
    »Kann ich helfen?«, fragte er. Dieselben Worte, die Uri benutzt hatte, aber dieses Mal hinterließen sie ein krabbelndes Gefühl auf meiner Haut.
    Ich fröstelte und versuchte es ihn nicht merken zu lassen.
    »Nein. Schon okay.«
    »Wirst du mir die Liebenswürdigkeit verweigern, die du meinem Bruder erwiesen hast?« Er lächelte hinterhältig.
    Ich blickte zu Boden, fühlte mich erschöpft und erschlagen. »Nein. Du kannst mir helfen.«
    Bevor ich den Satz zu Ende gebracht hatte, sah ich, wie ein Nebel von ihm zu mir wallte. Darin schimmerte ein leichter, farbiger Staub wie Glitter. Plötzlich entspannten sich meine Muskeln und ich fühlte mich verjüngt. Zwar tat mir noch immer alles weh, als wäre ich einen Marathon gelaufen, aber es war erträglich. Ich ging zum Tisch und stürzte das Wasser hinunter.
    Erst als ich auch den allerletzten Tropfen getrunken hatte, kam mir, dass alles Mögliche in dem Glas hätte sein können. Tatsache war, dass ich auch ein Glas Chlor hinuntergekippt hätte, solange es nur flüssig gewesen wäre.
    Er beobachtete mich und seufzte. »Es ist immer ein wenig frustrierend, der zweite Prüfer bei einer Grigori-Probe zu sein, aber ich muss sagen, dass sie meistens besser in Form sind als du. Mein Bruder muss wirklich Interesse an dir gezeigt haben.«
    Ich dachte an meine Begegnung mit Uri zurück, die nun ein ganzes Leben her zu sein schien, und an die vollkommene Gleichgültigkeit, die er mir gegenüber an den Tag gelegt hatte. »Er schien nicht übermäßig interessiert zu sein.«
    »Vielleicht kam dir das nur so vor.« Er ging hinüber zum Tisch und stellte sich auf die andere Seite. Ich musste mich anstrengen, sein Gesicht zu sehen.
    »Du bist gekommen, um den zu retten, den du

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