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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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nicht, weil ich es mir nicht erlaubte, sondern weil ich es nicht wollte, wurde mir klar. Das Lokal war voller Menschen, die unwissend und schutzlos waren, genau wie Claudia es gewesen war. Ich war nun eine Grigori und das bedeutete, dass ich ihr einziger Schutz war. Ich schaute zum Eingang, aber dort war nichts Ungewöhnliches.
    Wie zum Teufel konnten sie hier drin sein?
    Ich stand auf, um besser sehen zu können, und konzentrierte meine Macht darauf, sie zu spüren, anstatt nach ihnen Ausschau zu halten. Und ich konnte sie spüren. Sie bewegten sich in den Raum, stetig und alle zusammen.
    Ein purpurner Nebel wie Millionen winziger Amethystkristalle zog suchend durch den Raum. Das war ich, mein Nebel, aber er war nicht vielfarbig, wie die aller anderen, er war … violett. Der Nebel überzog den Raum, enthüllte die Wahrheit, streifte den Zauber ab.
    Da waren sie, mindestens zehn von ihnen, und sie bewegten sich durch die Mitte des Raumes. Sie kamen auf mich zu wie in meinem Traum und ich wusste, dass sie Schrecken mit sich bringen würden. Tod. Verderben. Zerstörung.
    Ich blinzelte und sah nun wieder, was alle anderen machten. Es war, als wären die Verbannten gar nicht da. Es war, als sei der Raum, in dem sie existierten, gar nicht real.
    Mein Blick huschte zu Steph, die immer noch völlig ahnungslos weitertanzte. Wenigstens schien sie in Sicherheit zu sein, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie lange noch. Die beiden Verbannten vorne hatten alle Macht. Um die anderen machte ich mir keine Sorgen, auch wenn sie stark waren. Nicht dass dir das irgendwas helfen würde, Vi. Denn es waren die beiden vorderen, die mir Schweißausbrüche bereiteten.
    In meinen Handgelenken pulsierte kühle Hitze, was mich an meine Aufgabe erinnerte. Zwei Dinge gingen mir durch den Kopf: Ich wünschte, ich hätte den Dolch nicht in meine Nachttischschublade geworfen, sondern versucht, ihn in mein hautenge Jeans zu zwängen; und vielleicht hätte ich Schuhe mit vernünftigeren Absätzen anziehen sollen.
    Ich machte meinen Kopf frei, damit ich wieder die tatsächliche Ansicht des Raumes erhielt. Sie verringerten den Abstand, alle Blicke auf mich gerichtet. Ich erkannte Onyx; er hatte einen lässigen Gang und er strahlte Selbstsicherheit aus, wie er bei jedem Schritt sein Schwert wie einen Spazierstock schwang. Der andere Verbannte, der neben ihm ging, war beherrschter in seinen Bewegungen, kalkuliert, präzise. Sie waren wie der positive und der negative Pol einer Batterie. Sie gehörten überhaupt nicht zusammen. Obwohl er anders aussah als in meinem Traum – keine Flügel, die aus ihm sprossen, kein blaues, loderndes Feuer –, wusste ich, dass es Joel war. Er trug ebenfalls ein Schwert, hielt es aber fest unter seinem Arm, wie ein Offizier seinen Korporalstock.
    Onyx blieb ein paar Meter vor mir stehen und die anderen Engel stellten sich im Halbkreis um uns herum auf. Sie bildeten eine Mauer zwischen uns und allen anderen. Manche von ihnen waren zwanglos in Jeans und T-Shirt gekleidet, andere trugen schnittige Anzüge, wieder andere hatten kitschige, altmodische Kostüme an. Ich vermutete, dass einige von ihnen in früheren Epochen hängen geblieben waren. Gut zu wissen, dass es alle Arten von Fashion Victims auf der Welt gab. Keiner von ihnen sah älter aus als Mitte zwanzig, ein paar von ihnen waren nicht älter als ich selbst. Das Einzige, was sie gemeinsam hatten – keiner von ihnen war menschlich und sie waren alle in Topform, bereit, zuzuschlagen.
    Ich redete mir selbst gut zu, um mich zu motivieren. Das ist jetzt dein Job, dir wurde die Macht gegeben, damit fertigzuwerden. Es funktionierte nicht. Ich versuchte es noch einmal. Um Himmels willen, Vi, du steckst jetzt in diesem Schlamassel, deshalb überlegst du dir jetzt besser, wie du diese Psycho-Engel besiegen kannst, oder du stirbst … auf sehr, sehr schlimme Art und Weise! Das war schon besser.
    Onyx schaute mich an und lächelte. »Ganz allein hier?«
    »Nein, es sind noch eine Menge von uns da. Wir sehen nicht ein, warum wir euch die ganze Tanzfläche überlassen sollten«, sagte ich, wobei ich schwer einen auf Großmaul machte, um keine Angst zu zeigen. Onyx’ Lächeln wurde breiter. Verstohlen warf ich einen Blick über seine Schulter. Phoenix musste jeden Augenblick zurück sein.
    »Bist du sicher?«, stichelte er. Er schaute mich auf diese »Ich-weiß-etwas-was-du-nicht-weißt«-Art an und ich begann plötzlich zu zweifeln. Er lachte, erfreut über meine

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