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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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der anderen Seite des Raumes saß. Er schaute in meine Richtung und ich erwischte ihn dabei, wie er mich anschaute, bevor sein Blick weiterhuschte. Er kam mir bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht einordnen. Sein Haar faszinierte mich – auf den ersten Blick war es schwarz, aber dann sah ich, dass noch andere Farben durchschimmerten, Violett – und Silbertöne. Es erinnerte mich an einen ungeschliffenen Opal. Ich fragte mich, wie einem Friseur eine so komplizierte Mischung aus Strähnchen gelingen konnte. Es war schön und … affig.
    Er schaute mich direkt an. Shit. Dieses Mal war ich beim Gaffen ertappt worden. Ich wandte meinen Blick ab und schaute auf den Tisch. Glücklicherweise kam meine Suppe und bot die perfekte Ablenkung. Vielleicht hatte da draußen doch jemand Erbarmen mit mir.
    Ausgehungert tunkte ich Brötchenstücke in die Suppe, die ich mir in den Mund schob, und hörte nur auf damit, um noch eine Schicht Salz und Pfeffer über die Suppe zu streuen. Eine Schwäche von mir. Ich war schnell fertig mit dem Essen, wobei ich mich freute, so etwas vollkommen Einfaches zu tun wie zu essen. Ich fragte mich, was für einen angewiderten Blick mir der Kellner zuwerfen würde, wenn ich noch eine Portion bestellte.
    Als er herüberkam, um das Geschirr abzuräumen, begnügte ich mich damit, noch einen Kaffee zu bestellen. Ich konnte sonst nirgends hin. Ich riskierte einen weiteren Blick zu dem Typ mit den Opal-Haaren. Er beobachtete mich und unsere Blicke trafen sich erneut. Normalerweise würde ich schnell wegschauen, aber irgendetwas hatte er an sich.
    Er stand auf, den Blick immer noch auf mich gerichtet, und kam in meine Richtung. Shit, Shit, Shit. Meine Gedanken überschlugen sich, während ich mir überlegte, was ich sagen konnte, damit er wegging. Solche Momente hatte ich immer gehasst. Ich bin nicht der Typ, der einfach so mit einem Fremden quatscht. Dann war er da, stand direkt vor mir und mir war immer noch nicht eingefallen, was ich zu ihm sagen könnte.
    Er war überraschend groß, trug Jeans und ein dunkelgraues T-Shirt. Er räusperte sich und ich wurde rot. Ich gaffte ihn an, nicht weil ich völlig hingerissen von ihm war; ich hatte überhaupt kein Interesse an ihm. Aber dieses Haar … und noch etwas … hatten eine Wirkung auf mich.
    »Ich bin Phoenix«, sagte er mit einem wissenden Lächeln. »Ich dachte mir, wir könnten uns einen Tisch teilen.« Er deutete auf die anderen Tische, die nun überwiegend voll besetzt waren. »Es scheint voller zu werden, und da wir beide allein sind …« Er lächelte verhalten und kniff ein wenig die Augen zusammen, als wollte er mich dazu bewegen, Ja zu sagen.
    Ich biss nicht an. »Hör mal … Phoenix? Ich habe eine Woche hinter mir, die aus dem Stoff bestand, aus dem Albträume gemacht sind. Im Moment bin ich die schlechteste Gesellschaft der Welt.« Ich schaute wieder auf meine Hände hinunter, die auf dem Tisch ruhten, und wünschte mir ganz fest, er möge verschwinden.
    Er zog den Stuhl neben mir unter dem Tisch vor, setzte sich aber nicht darauf. »Ich könnte mich einfach hier hinsetzen und meinen Kaffee zu Ende trinken. Du könntest mich ignorieren. Wenn dir das gelingt.«
    Ich blickte auf und er lächelte. Er war nett … und gleichzeitig auch wieder nicht. Eines war sicher – er wollte mich in eine Ecke treiben.
    »Wie auch immer – aber sag hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt«, murmelte ich.
    Er lächelte siegesgewiss und setzte sich neben mich.
    »Phoenix also?«, fragte ich verlegen.
    »Ja.« Er lächelte zwar nicht mehr, aber irgendetwas in der Art, wie er mich anschaute, sagte mir, dass er mich amüsant fand.
    »Wie der Vogel? Geht in Flammen auf und ersteht aus der Asche?«
    »Sieht nach einem Teufelskreis aus, nicht wahr? Zum Glück bin ich an ein bisschen Feuer gewöhnt.« Er zwinkerte. Bitte.
    »Jetzt, wo du alles über meinen Namen weißt – findest du nicht, dass es an der Zeit wäre, mir deinen zu verraten?«, sagte er.
    »Oh, sorry. Ich bin Violet.«
    Ein unangenehmes Schweigen senkte sich über uns. Vielleicht würde er sich langweilen und weggehen, wenn ich einfach nichts mehr sagte. Ich begann, die Zuckertütchen in ihrem Halter zu zählen. Zwölfmal weißer Zucker, achtmal brauner und dreimal Süßstoff.
    »Eine Woche voller Albträume klingt ziemlich übel. Wenn sie so sind wie meine Albträume, dann muss es grauenerregend gewesen sein.« Er sprach im Plauderton, so als wären wir alte Freunde. Das irritierte mich.
    Ich

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