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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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schmal.
    »Lach nicht, aber es kam mir gerade vor, als hätte ich von einem Apfel abgebissen. Seltsam, was?«, sagte ich und stieß ein zittriges Lachen aus.
    Er lächelte ein geheimnisvolles Lächeln, das mich schaudern ließ. »Ich bin bekannt dafür, dass ich diesen Effekt manchmal hervorrufe.«
    Ich wusste nicht, ob er den Apfel meinte oder ob er mein Schaudern bemerkt hatte. Wie dem auch sei – plötzlich zog sich mein Magen unbehaglich zusammen.
    Ich schüttelte mir das Haar aus dem Gesicht und setzte mich mit gezwungenem Lächeln ein wenig auf. »Würdest du mir deine Hand geben? Nur eine Sekunde.«
    Ich hatte versucht, lässig zu klingen, aber es kam ein wenig schrill heraus. Er erstarrte. Irgendetwas stimmte nicht. Er versuchte, es mit einem weiteren Lächeln zu kaschieren, aber es war nicht das gleiche lockere, relaxte Lächeln – es war nervös. Ich hatte ihn nervös gemacht.
    »Klar … wenn du mir versprichst, vorsichtig zu sein.«
    »Was?« Das Wort »seltsam« war nicht stark genug für diesen Typ. Aber er saß da und wartete geduldig, die Hände in den Schoß gelegt.
    »Warum?«, fragte ich.
    »Warum möchtest du meine Hand halten?« Er sang die Worte beinahe.
    Ich knirschte mit den Zähnen. »Ich verspreche dir, vorsichtig zu sein.«
    Er lächelte, als hätte er einen kleinen Sieg davongetragen. Er legte seine rechte Hand mit der Handfläche nach oben auf den Tisch. Es gab kaum eine Erklärung dafür, weshalb ich den Drang spürte, ihn zu berühren. Es war nichts Sexuelles, auch wenn ich kaum atmen konnte in der dicken Wolke sexueller Spannung, die ihn umgab. Es war etwas Anderes, ein Verdacht, den ich nicht erklären konnte.
    Ich bewegte langsam meinen Arm auf seine wartende Hand zu. Ich senkte die Hand so flach wie seine. Ich fühlte es in dem Moment, als wir uns berührten. Dasselbe Vibrieren floss von seiner Hand in meine, der Geschmack von Äpfeln war so süß, dass ich beinahe würgen musste, als er meine Kehle hinunterrieselte.
    Ich riss die Hand zurück und Anschuldigungen flogen aus meinem Mund. »Wer bist du? Bist du einer von ihnen? Hat Lincoln dich geschickt?« Der blanke Zorn auf Lincoln brodelte an die Oberfläche. Ließ er mich jetzt schon verfolgen ?
    Phoenix lächelte, zog ebenfalls seine Hand zurück und rieb sie an seiner Jeans. »Einer von ihnen? Das musst du mir schon genauer erklären, es gibt heutzutage so viele ›ihnen‹. Aber, nein, Lincoln hat mich nicht geschickt, da kannst du sicher sein.« Ich hatte langsam die Nase voll von seinem herablassenden Grinsen. Ich fand das alles gar nicht witzig.
    Ich wurde deutlicher. »Bist du ein Grigori?«
    »Nein.« Er lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück, schlug die Beine an den Knöcheln übereinander und streckte sie aus.
    »Aber ich habe dich gespürt.« Dieses Mal flüsterte ich.
    Er seufzte. »Sind es wirklich Grigori, von denen es heißt, dass ihr die Fähigkeit besitzen sollt, sie wahrzunehmen?«
    Angst umfing mich wie ein alter Feind, der mich gut kannte. Meine Stimme wurde so leise, dass nur noch meine Lippen das Wort formten. »Engel.«
    Er starrte mir mit einer beängstigenden Ruhe direkt in die Augen, sein Lächeln war verschwunden. »Das war ich einmal. Einer, der nur als Freund gekommen ist. Ich bin keine Bedrohung.«
    Oh..Klar. Da fühle ich mich doch gleich besser.
    Ohne nachzudenken stand ich auf und der Stuhl kippte krachend auf den polierten Zementfußboden. Alle schauten von ihren Tischen auf und glotzten mich an. Rasch hob ich ihn auf und wäre dabei fast darüber gestolpert. Ich warf für den Kellner einen Zwanziger auf den Tisch, was viel zu viel war, und rannte davon. Ich hatte mein Kunst-Tagebuch vergessen. Vergiss das Tagebuch!
    Ich ging quer durch den botanischen Garten nach Hause. Eigentlich wollte ich rennen, zwang mich aber zu gehen. Ich wollte bei den Grüppchen Obdachloser, die meinen Pfad säumten, nicht die falsche Art von Aufmerksamkeit erregen. Ich brauchte nicht noch mehr Überraschungen. Auf dem ganzen Weg warf ich immer wieder einen prüfenden Blick über die Schulter. Niemand folgte mir.
    Ich schoss durch die Eingangshalle unseres Gebäudes und geradewegs in den Aufzug. Noch nie war ich so erleichtert gewesen, die Nummer zwölf zu drücken. Die Türen öffneten sich auf unserer Etage und ich trat hinaus.
    An der Wohnungstür stand Phoenix und schwenkte mein Kunst-Tagebuch zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Die Spannung, die gerade erst abgefallen war, kam mit niederschmetternder

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