Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
zuvorkomme.«
Nikos Knurren war so tödlich, wie Chase es noch nie gehört hatte. Der riesige Krieger trat einen Schritt vor, die Hand auf dem Griff seiner übel aussehenden halb automatischen Pistole im Schulterholster. Chase wusste, dass die Waffe mit Nikos Spezialmunition aus Titan geladen war, die er selbst herstellte.
So kalt, wie sein Blut ihm jetzt durch die Adern rauschte wie Säure, würde eine Kugel wahrscheinlich genügen, um ihn auf der Stelle einzuäschern. Und fast war er versucht, es darauf ankommen zu lassen.
Stattdessen stieß er einen Fluch aus und wollte die Hände heben, um sich zu ergeben.
Kaum hatte er sich bewegt, spürte er einen plötzlichen Blitzschlag in seinem Schädel. Renata. Sie hatte ihr mentales Feuer auf ihn eröffnet, bevor er auch nur wusste, wie ihm geschah. Es war nur ein kurzer Warnschuss; das wusste er. Sonst hätte er jetzt nicht mehr den Verstand, ihn zu hinterfragen. Aber Scheiße, das fühlte sich wirklich wie der Tod an. Chase stieß ein ersticktes Brüllen aus, als der übersinnliche Energiestoß in seinem Schädel widerhallte und er auf die Knie fiel.
Er sah Tavia nicht kommen.
Keiner von ihnen hatte sie kommen sehen, so schnell und geräuschlos bewegte sie sich. Als materialisierte sie sich aus dem Nichts, sprang sie über das Geländer im ersten Stock und ließ sich wie eine Katze auf den gefliesten Boden des Foyers fallen.
Gerade noch war Chase auf dem Boden zusammengesackt, und im nächsten Augenblick hatte sie ihn schon hinter sich gestoßen, und er beobachtete mit vor Schmerz zusammengekniffenen Augen, wie sie sich alleine drei schwer bewaffneten, tödlichen Kriegern und einer Stammesgefährtin entgegenstellte, die ihre lähmende übersinnliche Gabe von Chase abzog und mit voller Kraft auf Tavia richtete.
Gott, nur das nicht.
Wenn sie seinetwegen eine Kugel oder einen übersinnlichen Stromschlag von Renatas Wut abbekam …
»Tut ihr nichts!«, brüllte er, seine Stimme war wild und gespenstisch. Mit letzten Kräften drückte er den Schmerz von Renatas mentaler Gabe weg, kam wieder auf die Beine und stellte sich neben Tavia. »Tut ihr bloß nichts, verdammt!«
Aber keiner von ihnen machte Anstalten, sie anzugreifen.
Erst jetzt ging ihm auf, dass sie nichts dergleichen tun würden. Sie waren nicht hergekommen, um jemanden zu verletzen, nicht einmal ihn, außer er zwang sie dazu.
Sie alle, einschließlich Mathias Rowan, starrten mit großen Augen und offenem Mund Tavia Fairchild an, eine vollständig transformierte Stammesvampirin in ihrer ganzen Glorie.
Sie stand tief geduckt, die langen Beine und nackten Füße sprungbereit. Ihr offenes Haar schwang ihr um die Schultern, die ungezähmte kastanienbraune Mähne verdeckte kaum ihre glühenden Augen. Zischend bleckte sie die Lippen und enthüllte ihre spitzen weißen Fänge. Im tiefen V-Ausschnitt ihres schwarzen Pullovers pulsierten ihre Dermaglyphen in den Farben der Wut, tobten wie ein Gewittersturm auf ihrer glatten blassen Haut.
Es konnte keinen Zweifel geben: Diese Frau war eine gefährliche, absolut tödliche Stammesvampirin der Ersten Generation.
Und höllenscharf.
Die drei Krieger des Ordens kamen fast gleichzeitig wieder zu sich. Sie begannen beinahe unisono, zuerst Tegan, dann Niko, und schließlich Hunter:
»Ich – «
»Werd – «
»Verrückt.«
Renata starrte immer noch und schüttelte ungläubig den Kopf. Sie hob die schmalen Brauen, und dann kräuselten sich ihre Mundwinkel. Als die anderen sahen, dass sie sich entspannte und ein belustigter Ausdruck in ihre klugen Augen trat, verflog die Anspannung im Raum.
Sie sah von Tavia zu Chase, dann wieder zu Tavia. »Also, das nenne ich einen Auftritt.«
Mit über vierzig Minuten Verspätung schlenderte Dragos in die Videokonferenz mit seinen Leutnants.
Mit seiner Unpünktlichkeit erreichte er mehrere Dinge: Zum einen schadete es nie, seine Untergebenen daran zu erinnern, dass sie seinen Launen ausgeliefert waren und seiner Bequemlichkeit dienten; noch wichtiger aber war die Tatsache, dass er mit seiner Verspätung jedem der vier verbliebenen Mitglieder seines ursprünglichen inneren Kreises jede Menge Zeit gab, um über die eigenen kleinsten Verfehlungen nachzudenken und sich zu sorgen, ob womöglich einer von ihnen inzwischen auf seiner Abschussliste stand.
Dem wurde noch mehr Nachdruck verliehen durch die Tatsache, dass hinter jedem seiner vier Leutnants auf den Monitoren einer von Dragos’ persönlich ausgewählten Killern postiert
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