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Erwählte der Ewigkeit (German Edition)

Erwählte der Ewigkeit (German Edition)

Titel: Erwählte der Ewigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian
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Tante Sarah sie nannte, voraussagen konnte. Dr. Lewis hatte eine ungewöhnliche Form der Epilepsie diagnostiziert, noch weiter verkompliziert durch mehrere andere seltsame Leiden, die die Spezialbehandlung bei ihm erforderlich machten, seit sie ein Baby gewesen war.
    Der silberhaarige Arzt war für sie so etwas wie eine Vaterfigur gewesen, genauso wie Tante Sarah die einzige Mutter gewesen war, die sie je gekannt hatte. Tavia hatte nicht einmal ein Foto ihrer leiblichen Eltern, die bei einem Brand ihres Hauses umgekommen waren, der sie irgendwie, auf wunderbare Weise, verschont hatte.
    Alles, was sie heute an die Vergangenheit erinnerte, waren die Narben, die fast ihren ganzen Körper bedeckten.
    Tavia schäumte die kleine Hotelseife ein und fuhr sich damit über Arme und Oberkörper, dann ihre Beine hinunter. Die Narben waren fast überall, zogen sich sogar ihren Hals hinauf. Schmerzen hatte sie nie gehabt, solange sie sich erinnern konnte. In Anbetracht dessen, dass sie fast ihren ganzen Körper bedeckten, hätten die Narben eigentlich schlimmer aussehen sollen, als sie waren. Dr. Lewis’ Behandlungen hatten da offenbar Wunder gewirkt.
    Natürlich fand sie sie immer noch schrecklich, ein dichtes Netz von rosa-bräunlicher Haut, das sie unter Rollkragenpullovern, langen Ärmeln und Hosen verstecken musste.
    Der konservative Dresscode ihres Jobs beim Senator war ein Segen für sie gewesen; nicht einmal er hatte von ihren körperlichen Makeln oder ihrer komplizierten Krankheit gewusst. Für ihn und jeden anderen, mit dem sie in Berührung kam, war Tavia reserviert, professionell und korrekt.
    Ihre Arbeit war der einzige Bereich in ihrem Leben, den sie wirklich unter Kontrolle hatte, und sie hatte es zu ihrer Mission gemacht, in jeder nur möglichen Hinsicht perfekt zu sein.
    Sie hatte ja weiß Gott kein Privatleben zu opfern.
    Nur Tante Sarah, die ihr eigenes Leben aufgegeben hatte, um sich ganz um das Kind ihres toten Bruders kümmern zu können. Die alte Frau sprach nie von ihrer Vergangenheit oder den Träumen, die sie als junge Frau gehabt hatte. Sie hatte nie geheiratet und hatte es nie bedauert, dass sie keine eigene Familie oder Kinder gehabt hatte.
    Tavia fragte sich oft, warum ihre Tante sich dafür entschieden hatte, die lebenslange Betreuerin ihrer Nichte zu sein. Tatsächlich hatte sie das schon oft gefragt. Dann hatte Tante Sarah immer nur sanft gelächelt und Tavia die Hand getätschelt. »Mach dir um mich keine Sorgen, mein Liebes. Hier geht es nur um dich. Und ich bin genau da, wo ich sein soll.«
    Nur schade, dass Tante Sarah nicht auch so dachte, wenn es darum ging, alles, was Tavia tat und dachte, genau zu analysieren. Immer wollte sie alles wissen. Aber sie wurde nie wütend oder ungeduldig – kein einziges Mal in all der Zeit, die Tavia sie kannte. Sie beschwerte sich nie, und Tavia fühlte sich etwas schuldig, weil sie es so genoss, ein paar Stunden Ruhe vor Tante Sarah zu haben.
    In siebenundzwanzig Jahren hatte sie insgesamt keinen Monat fort von zu Hause verbracht, abgesehen von Geschäftsreisen mit dem Senator und einem gelegentlichen medizinischen Notfall, der eine Behandlung über Nacht in Dr. Lewis’ Privatklinik erforderlich machte. Tante Sarah hatte sich dann immer Sorgen um sie gemacht. Aber als Tavia vorhin mit ihr telefoniert hatte, nachdem der Bericht vom Mord an Senator Clarence den ganzen Tag auf praktisch allen Kanälen gelaufen war, war die Frau so aufgeregt, wie Tavia sie noch nie erlebt hatte.
    Es hatte ganze fünfzehn Minuten gedauert, sie davon zu überzeugen, dass sie in Sicherheit war – besonders weil die FBI -Agenten und Polizeibeamten ihr untersagt hatten, Dritten ihren Aufenthaltsort zu verraten. Tavia wusste, wenn Tante Sarah den Namen oder die Adresse dieses Hotels erfuhr, würde sie vor der Tür stehen, so schnell sie es nur schaffte. Sie war außer sich gewesen, weil Tavia ihr nicht alles erzählte.
    »Ich verstehe das nicht, Liebes. Bist du etwa in Gefahr? Warum will die Polizei, dass du nicht zu Hause übernachtest?«
    »Sie haben noch jede Menge Fragen an mich, Tante Sarah. Der für die Ermittlungen zuständige Detective hielt es für praktischer, wenn ich heute in der City bleibe, damit wir uns heute Abend noch einmal unterhalten und dann morgen früh gleich weitermachen können.«
    »Aber sie wissen nichts von deiner Krankheit. Es geht dir nicht gut, Tavia. Du solltest zu Hause sein, statt irgendwo festzusitzen, nur weil es für sie praktischer

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