Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
Entscheidung war gefallen, nachdem er Mathias Rowans Küche verlassen hatte. Er würde der sicheren Verachtung seiner ehemaligen Ordensbrüder aus dem Weg gehen und einfach in die Nacht verschwinden; das war sein Plan gewesen. Stattdessen ertappte Chase sich dabei, wie er die Treppe zum ersten Stock des Dunklen Hafens hinaufstieg.
Oben im Wohnbereich war alles still, die meisten Bewohner des Anwesens waren entweder in ihren eigenen Suiten oder draußen in der Stadt unterwegs, um zu jagen oder sich zu vergnügen.
Tavias Zimmer lag am anderen Ende des breiten Flurs. Chase ging über den antiken Läufer, der von der breiten, geschwungenen Treppe in der Mitte des herrschaftlichen alten Hauses zu den beiden Enden des Wohntrakts führte. Bewegungslos stand er vor der geschlossenen Tür, unsicher, ob er sie stören sollte. Hinter der geschnitzten Mahagonitür hörte er leise Wasser rauschen.
Sie war immer noch unter der Dusche?
Dort war sie schon über eine Stunde.
Ob sie in Ordnung war?
»Tavia.« Chase klopfte leise an die Tür. Keine Antwort. Wieder klopfte er, dieses Mal lauter. Wieder nur Stille. Jetzt war er wirklich beunruhigt. »Tavia, bist du da drin?«
Er drehte versuchsweise den geschliffenen Kristallknauf, die Tür war nicht abgeschlossen. Er stieß sie auf und trat in die dunkle Schlafzimmersuite.
»Tavia? Warum hast du nicht geantwortet … «
Er verstummte abrupt, als er um die Ecke kam. Dort saß sie im Dunklen an die Wand gelehnt.
Sie weinte.
»Oje.«
Immer noch in ihren Kleidern, die sie in der Klinik getragen hatte, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen, weinte sie bitterlich mit tief gesenktem Kopf, das Gesicht hinter ihrem langen kastanienbraunen Haar verborgen, das noch wirr war von der Schlacht vom Abend. Obwohl sie alles andere als hilflos oder schwach war, hatte Chase sie noch nie so klein und verletzlich gesehen.
Er kam zu ihr herüber und ging vor ihr in die Hocke. Sie sah nicht einmal auf, um seine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen. Ihre Schultern bebten, als leises Schluchzen ihren Körper schüttelte. »Hey«, flüsterte er und streckte vorsichtig die Hand nach ihr aus. Langsam streichelte er den gekrümmten Rücken, was sie nur noch heftiger zum Weinen brachte. Sie sagte nichts, holte nur Luft und stieß sie schluchzend wieder aus.
»Schh«, sagte er leise, unsicher, wie er sie trösten sollte. Er war nicht der richtige Mann für den Job. Er wollte andere nicht enttäuschen, die von ihm abhängig waren, aber wenn es etwas gab, dem er noch lieber aus dem Weg ging, dann waren es solch heftige Gefühlsausbrüche von Frauen.
Aber er konnte sie jetzt in ihrem Kummer nicht alleine lassen, auch wenn sie einen besseren Tröster verdient hatte als ihn.
»Ist okay«, murmelte er und strich ihr die wirren Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er hob ihr Kinn, bis sie ihn mit ihren geröteten Augen ansah.
Gott, sie war atemberaubend. Sogar in ihrem Kummer, noch immer mit getrockneten Blutspritzern und Dreck von der Klinik im Gesicht, die Augen nass und verquollen vom Weinen. Chase sah sie an, und ihm wurde bewusst, dass er sie noch nie lachen gehört hatte, sie nie hatte lächeln sehen. Seit sie mit ihm zusammen war, hatte sie Angst, Wut, Qual und Verwirrung erlebt, und jetzt fühlte sie sich verloren und allein. Jetzt war sie völlig vernichtet.
Ja, es hatte auch Leidenschaft zwischen ihnen gegeben, aber sogar die war wild und verzweifelt gewesen. Er hatte ihr etwas Kostbares genommen, als er so weit mit ihr gegangen war. Der Sex und das Blut – beides war für sie das erste Mal gewesen – , und er, der egoistische Mistkerl, hatte sich gierig vor Lust beides genommen.
Seine Schuldgefühle lasteten schwer auf ihm, als er Tavia in den Arm nahm und sie wiegte, während sie an seiner Brust weinte. »Nichts von meinem alten Leben war wahr«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. »Ich dachte, ich komme damit klar, aber es tut so weh. Alle, die ich kannte, haben mich angelogen. Verraten. Mein ganzes Leben lang haben sie mich nur benutzt.«
Chase streichelte ihr Kopf und Rücken, strich ihr mit seiner rauen Hand über ihr wirres, seidiges Haar. »Du schaffst das«, sagte er zu ihr. »Du bist stark, Tavia. Du schaffst das, da habe ich gar keine Zweifel. Und es gibt Leute im Stamm, die dir helfen können.«
Nicht er natürlich. Was sie anging, hatte er schon genug Schaden angerichtet. Und obwohl es sich gut anfühlte, sie im Arm zu halten, irgendwie tröstlich war, ihre Arme um sich zu
Weitere Kostenlose Bücher