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Erwarte mich in Paris (German Edition)

Erwarte mich in Paris (German Edition)

Titel: Erwarte mich in Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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Er kam nach Paris, um vor dem ganzen Trubel um seine Person Ruhe zu finden und sich der Poesie zu widmen. Er starb mit 27. Sein Grab muss leider mit Zäunen abgegrenzt werden, damit kein Unfug getrieben wird - rum liegende Schnapsflaschen, benutzte Kondome und solche Sachen. Sogar seine Büste wurde irgendwann mal geklaut.“  
    „Deshalb sieht es hier so kahl aus“, stellte ich fest.  
    „Genau“, entgegnete sie zufrieden.  
    Ich grinste und wies auf die Leute, die sich um das Grab drängten. „Schau dir das an. Hier hätte ich früher die idealen Voraussetzungen gehabt.“  
    „Wofür?“  
    „Handtaschen … Geldbörsen … offene Rucksäcke. Sieh sie dir nur an. Die Leute sind so mit fotografieren beschäftigt, dass sie keinen Gedanken an etwas anderes verschwenden.“  
    „Nikola!“ Christin stieß mir den Ellbogen in die Rippen. „Darüber reden wir jetzt nicht mehr. Das ist vorbei.“  
    „Aua“, jammerte ich übertrieben. „Ja, richtig.“ Mit monotoner Stimme sagte ich: „Ich bin jetzt ein erfolgreiches Male Model. Ich schwimme in Geld. Offene Handtaschen lassen mich völlig kalt.“  
     „Du bist wirklich unmöglich“, flüsterte sie.  
    „Ja, ich weiß. Und etwas ganz Besonderes.“  
    „Wir können uns doch weiterhin treffen?“, begann sie, als wir unseren Rundgang fortsetzten.  
    „Natürlich. Was ist das denn für eine Frage?“  
    „Ich meine nur … wer weiß, wohin das mit Alain führt. Nicht, dass du mich irgendwann nicht mehr kennst …“  
    Ich blieb stehen und fasste sie an der Hand. Widerstrebend ließ Christin sich zu mir ziehen. Ich drückte sanft ihr Kinn nach oben, so dass sie mich ansehen musste.  
    „Du bist der einzige Mensch, dem ich hier vollkommen vertraue. Ich wäre doch dumm, wenn ich das vergessen würde.“  
    „Menschen verändern sich, weißt du. Vor allem in so einem verlogenen Umfeld wie der Modewelt, in der nur Schönheit und Reichtum zählen.“  
    „Und darum zähle ich auch auf dich. Ein Freund kann einem vor all dem bewahren.“  
    Christin blinzelte und drehte den Kopf weg. Mit der Hand wischte sie sich über die Nase und schniefte. „Du machst mich echt fertig.“  
    „Ja, vor allem, wenn du mir erzählen musst, wer hier begraben liegt. Scheint ja ein ziemlicher Schwerenöter gewesen zu sein“, lenkte ich sie ab und zeigte auf einen weißen, großen Marmorblock, der über und über mit roten und braunen Lippenstiftabdrücken übersät war. „Da ist wohl jemand noch beliebter als dieser Jim Morrison“, mutmaßte ich.  
    „Du hast dir seinen Namen gemerkt?“ Glücklich sah sie mich an.  
    „Ja klar. Wenn du mir schon was erzählst, dann sollte ich es mir doch auch merken. Sonst hat das alles hier doch keinen Sinn, oder?“  
    „Da hast du recht. Genauso, wie mit Oscar Wilde.“ Sie legte ihre Hände auf den Marmor und drückte ihre Lippen auf eine freie Stelle des Steines. In einem dezenten Rosa schimmerte der Abdruck. „Wilde war ein Skandalautor und Schwerenöter. Obwohl er verheiratet war, lebte er seine homosexuellen Neigungen in vollen Zügen aus. Er starb trotzdem vereinsamt in einem Hotelzimmer. Seine letzten Worte sollen: Entweder geht diese scheußliche Tapete - oder ich , gewesen sein.“  
    Ich lachte. „Fast genauso unmöglich wie Alain, nur dass dieser seine Neigungen nie ausgelebt hat.“  
    „Wer weiß, Alains Geschichte ist ja noch nicht zu Ende“, antwortete Christin leise.  
     

Moulin Rouge
     
    „Soll ich ihm die Narben nicht doch noch wegschminken? In dieser Position, mit dieser Ausleuchtung sind sie extrem auffällig.“ Etienne, der auch dieses Mal das Make-up machte, stand da und sah skeptisch auf meinen Rücken.  
    Verschämt strich ich mir mit einer Hand über die Haut, auf der ich die kleinen Unebenheiten spürte.  
    „Ich fotografiere ihn so, dass sie nicht sichtbar sein werden“, entgegnete Alain. „Und wenn doch, würde ich sie in etwas Wunderschönes verwandeln. - Nikola“, sprach er mich an. „Umarme Sofie.“  
    Ich legte folgsam meine Hände um die nackte Taille des Mädchens, welches heute mit mir zusammen für die Fotos posierte. Alain hatte gesagt, dass er die Fotos für sein neues Parfum brauchte.  
    „Sofie, sieh ihn an. Sehr schön! Und du, Nikola, sieh zu mir. Genau in die Kamera. Ja, Kinn etwas tiefer. Sieh mich so an, als würdest du mich anmachen wollen. Nicht das sinnliche Mädchen in deinem Arm erregt dein Begehren, sondern ich. Los, zeig es mir!“

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