Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
was er vom heiligen Stand der Ehe und dem Zusammenhalten in guten wie in schlechten Tagen hielt.
Ausgerechnet da vibrierte in Carls Hosentasche das Handy. Falls das Mona war, musste alles andere warten. Die Nummer auf dem Display kannte er allerdings nicht. Vielleicht war sie in ihrer Praxis?
»Hallo Monsignore«, sagte eine Stimme.
Wer zur Hölle war das denn?
»Gordon T. Taylor am Apparat. Ich habe gerade René E. Eriksens Hintergrund überprüft. Es gibt jede Menge Informationen über seine Ausbildung und Karriere, aber ich habe mich bei meiner Recherche darauf konzentriert, dass er neulich Aktien der Karrebæk-Bank im Wert von zehn Millionen verkauft hat. Und im Aufsichtsrat der Bank sitzt er im Übrigen auch. Das ist doch sonderbar, nicht wahr?«
Der helle Wahnsinn. Zehn Millionen!
»Erzählen Sie mir etwas, das ich noch nicht weiß, Gordon«, sagte Carl knapp und unterbrach die Verbindung. So, das gab dem Langen hoffentlich was zum Nachdenken.
Er hatte sich gerade wieder Eriksens Frau zugewandt, als das Handy erneut klingelte.
»Teufel noch mal, Gordon. Begreifen Sie nicht, dass das Gespräch beendet ist, wenn ich auflege?«
»Carl?«, hörte er eine Frauenstimme. »Bist du das? Hier ist Lisbeth.«
Carl zuckte sichtlich zusammen. Lisbeth? An die hatte er nun gar nicht mehr gedacht.
»Lisbeth, entschuldige, ich dachte, es wäre jemand anderes. Weißt du, ich bin hier mitten in einer Vernehmung. Können wir nicht später telefonieren?«
»Ja, natürlich, tut mir leid, dass ich störe.« Sie klang enttäuscht. Vielleicht hatte sie auch Grund dazu.
Er verabschiedete sich und beteuerte, er werde zurückrufen, sobald er Zeit habe. Einerseits meinte er das so, andererseits auch wieder nicht. Merkwürdiges Gefühl.
»Bitte entschuldigen Sie, wir haben ja alle unser Päckchen zu tragen«, sagte er an Eriksens Frau gewandt. »Was ich Ihnen gerade sagen wollte: Ihr Mann hat erst kürzlich Aktien der Bank, in deren Aufsichtsrat er saß, für zehn Millionen verkauft. Wussten Sie das?«
Die Frau bat ihn, den Betrag zu wiederholen.
Nun verschlug es ihr doch die Sprache. Vermutlich revidierte sie gerade im Rückblick ihr bisheriges Leben.
»Bente Mønsted, Karrebæk-Bank. Wie kann ich Ihnen helfen?«
Carl nickte Assad zu, der mithörte. Sehr praktisch, dieses neu im Dienstwagen installierte Navi mit allem möglichen technischen Schnickschnack, inklusive Telefon. Man konnte sich glatt wie ein Millionär fühlen.
»Ich möchte gern mit Ihrem Chef, Direktor Snap, sprechen. Würden Sie mich bitte durchstellen?«
»Verzeihung, mit wem spreche ich?«
»Vizepolizeikommissar Carl Mørck, Sonderdezernat Q, Polizeipräsidium Kopenhagen.«
»Ah ja, vielen Dank.« Sie legte eine kleine Pause ein. »Leider muss ich Ihnen sagen, dass Herr Snap heute nicht im Hause ist.«
»Ist er krank?«
»Hm, ich weiß es nicht. Er ist gerade von einer Reise in die Karibik zurückgekehrt, aber wir haben ihn hier im Büro noch nicht gesehen.«
»Aha, verstehe, dann geben Sie mir doch bitte mal seine private Telefonnummer.«
»Nein, bedaure, die kann ich nicht so einfach am Telefon herausgeben.«
»In Ordnung. Dann rufe ich jetzt die Polizei in Næstved an und bitte die Kollegen, Ihnen in fünf Minuten einen Besuch abzustatten. Sieht sicher eindrucksvoll aus, wenn eine Horde Uniformierter ins Sekretariat des Bankdirektors hineinspaziert, meinen Sie nicht? Die Kollegen sollen mir dann gleich die Nummer durchgeben, ja? Einstweilen vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Hm, wenn es wirklich ein Notfall ist, und so klingt es ja, kann ich wohl mal eine Ausnahme machen.«
Assad hielt den Daumen in die Höhe. Der Trick funktionierte fast immer.
Zwanzig Sekunden später hatte Assad die Nummer eingegeben, doch diesmal wirkten Carls Zauberkräfte nicht, denn niemand nahm ab.
»Check doch mal die Adresse, Assad«, sagte er. »Dann fahren wir direkt hin. Ich glaub, irgendwas ist da fishy.«
»Fishy?«
»Ja, da stimmt etwas nicht. Fassen wir doch mal zusammen: Eriksen ist abgehauen. Snap und er sitzen beide im Vorstand beziehungsweise Aufsichtsrat der Bank. Eriksen hat gerade einen Stoß Aktien dieser Bank verkauft. Und nun ist Snap angeblich krank. Sehr sonderbar, wie das alles zusammentrifft. Würde mich nicht wundern, wenn die für heute eine Zusammenkunft verabredet hätten.«
»Karrebæksminde liegt ganz unten bei Næstved, Carl.«
»Von mir aus. Scheiß drauf, der Tag ist noch jung.«
»Das ist ja ein halbes Scheichtum«, staunte
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