Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
Strümpfen?«
Verdattert starrte er auf seine Socken in Größe sechsundvierzig, die ziemlich laut nach einer Wäsche schrien. Sein Kopf zuckte wie der eines Truthahns und war auch ebenso rot. Ob Ärger oder Scham gerade die Oberhand hatten, war nicht auszumachen.
Carl hätte auf dem Weg nach Østerbro für sein Leben gern ein paar Kommentare über ihren Galan abgelassen, beschloss dann aber, sich auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren,und brachte Rose schon mal auf den neuesten Stand im Fall des explodierten Hausbootes.
»Soll das heißen, dass dieser Sverre Anweiler überhaupt nie verhaftet worden ist?« Sie betrachtete das Foto des Mannes.
»Nein, das heißt es nicht. Sie hatten ihn früher schon mal wegen verschiedener Delikte festgenommen, aber das waren alles nur kleine Sachen. Scheckfälschung, Wettschwindel, illegale Vermietung von Wohnungen, so Zeug halt. Er wurde schon mal für fünf Jahre aus Dänemark ausgewiesen.«
»Klingt ja nach einem echt feinen Kerl. Und dieser Schnucki soll jetzt was richtig Schlimmes angestellt haben?«
»Das Opfer, das mit dem Hausboot verbrannt ist, war eine Frau. Sie hatte wenige Stunden zuvor ihrem Ehemann einen Brief hinterlassen, in dem sie ihm erklärte, sie habe einen anderen gefunden. Das hat ein Zeuge ausgesagt.«
Rose blickte wieder auf das Foto. Unterdessen fuhr Carl den Wagen an die Seite und parkte.
»Sag mal, war die Tante plemplem? Die hat ihren Mann für den Typen verlassen? Puh, weniger sexy geht doch gar nicht.«
An dieser Stelle hätte Carl gern Gordons Namen ins Spiel gebracht, verkniff sich die Bemerkung aber.
»So wie’s ausging, kann man jedenfalls sagen, dass der Partnertausch für alle einigermaßen fatal war.«
»Du hast gesagt, er sei auf einigen Überwachungsvideos festgehalten worden. Was konnte man denn darauf erkennen?«
»Es gibt Videos von drei Kameras. Jede dieser Kameras filmte ein Stück des Gehwegs vor den Geschäften diesseits der Straße, der erfasste Radius ist also nicht sonderlich groß. Ich glaube, wir können froh sein, dass überhaupt etwas auf der anderen Straßenseite zu sehen ist. Die erste Kamera deckt auf jeden Fall auch einen Teil der Gegend vor dem Park-Café ab.«
Er zeigte schräg über die Østerbrogade auf besagtes Etablissement – eine Mischung aus Nachtclub und Café und einer der beliebtesten Treffpunkte Østerbros.
»Gleich da drüben beim Netto stand er und starrte die Frauen an, die ins Café gingen.«
»Und?«
»Ja, und dann verschwand er hier auf unserer Straßenseite. Jemand hat vermutet, dass er sich da drüben an der Bude eine Wurst holen wollte. Und auf der anderen Überwachungskamera sieht man ihn einige Stunden später vor dem Park-Café an der Seite einer Frau. Einer Frau, die um etliches größer ist als er. Ich habe das Foto ausgedruckt, du findest es etwas weiter vorn in der Mappe.«
Rose blätterte geräuschvoll um und zog dann das unscharfe Foto heraus.
»Ja, das ist derselbe Kerl, das sieht man. Aber die Frau ist schlecht zu erkennen. Was glaubst du, wie groß sie ist?«
»Laut Sverre Anweilers Führungszeugnis ist er eins fünfundsiebzig mit Schuhen. Deshalb vermute ich, dass sie so eins neunzig ist.«
Rose hielt sich den Ausdruck dichter vor die Augen. »Schwer zu erkennen, ob sie Schuhe mit hohen Absätzen anhat. Manche Frauen laufen ja mit richtigen Stelzen rum. Nee, anhand dieses Fotos kann man ihre Größe echt nicht einschätzen.«
Carl verkniff sich einen bissigen Kommentar zu Roses Stiletto-Kollektion, die nicht nur potthässlich, sondern vor allem extrem gesundheitsbedenklich war – weniger wegen der Bänderrissgefahr als wegen der sauerstoffarmen Luftschichten, in die Rose hineinragte, wenn sie die Teile trug. Aber vielleicht waren es ja genau diese Wolkenkratzer-Absätze, die den bestrumpften Fettuccine im Präsidium so antörnten?
»Die Techniker haben sich die Überwachungsbänder vorgeknöpft. Sie trägt flache Schuhe. Darauf würden sie ihren Kopf verwetten, sagen die.«
»Und das dritte Band?«
»Ja, deshalb sind wir heute hier, Rose. Wie du an der Zeitanzeige erkennen kannst, ist das nur anderthalb Minuten nachdemdie zwei hier zwischen den Häusern verschwunden sind, aufgenommen worden.«
Er deutete auf die Karte.
»Demnach sind sie durch die Brumleby-Siedlung gegangen.«
»Ja, die haben die Siedlung da hinten bei dem Haus, das Rambow genannt wird, betreten. Aber sie sind nicht durch die Häuserreihen durchgekommen, das sieht man auf dem vierten
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