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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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fünfundzwanzig Jahre in relativem Luxus leben. Vermutlich ohne seine Frau, denn die steckte bis zum Hals in ihren spießbürgerlichen Idealen fest: Reihenhaus in Ballerup und zweimal jährlich Urlaub im Süden. Sie umpflanzen zu wollen, wäre wohl ziemlich aussichtslos. Zu viel bedeutete es ihr, die Enkel zu betreuen, wenn die zu erkältet für den Kindergarten waren.
    Aber ohnehin spielte es keine Rolle mehr, ob seine Frau nun mitkam oder nicht. Denn in diesem Augenblick, in diesem staubigen Büro, wo dunkle Holzpaneele und Aktenstöße seinenHorizont begrenzten, wurde René Eriksens Ahnung zur Gewissheit, dass es für ihn selbst gar keine Alternative mehr gab. Jetzt, wo die Hiobsbotschaften nur so auf sie niederprasselten und furchtbare Entscheidungen anstanden, konnte er offenbar nicht auf Teis Snaps Hilfe zählen. Deshalb entnahm er seiner Schreibtischschublade eine Visitenkarte, die ihm vor zwei Jahren von einem dieser übereifrigen Typen aufgedrängt worden war, die meinten, noch auf Kindergeburtstagen Bankkunden anwerben zu müssen.
    Diesen Emporkömmling von einem Hinterhofbanker rief er nun an, und tatsächlich willigte der Typ binnen zwei Minuten mit nicht zu überhörender Freude ein, Renés Karrebæk-Bankaktien für die Hälfte der üblichen Provision von sechs Prozent zu verkaufen. Für vierhunderteinundvierzigtausend Kronen würde er doch gerne zum Hauptsitz der Karrebæk-Bank gehen und die Namensaktien aus dem Schließfach holen. Der eigentliche Handel war wie die Übertragung nur eine Formsache.
    René war zufrieden. Er riskierte zwar, dass die nicht börsennotierten Aktien im Depot in Curaçao verloren gingen, auch wenn er die natürlich nicht kampflos aufgeben würde. Aber ohne in äußerster Konsequenz zu diesem Opfer bereit zu sein, konnte er sich nicht von den anderen trennen. Und das musste er.
    Er stand auf und zog eine Prospekthülle aus dem Regal. Darin lagen fünfzehn Blatt Papier, deren Wichtigkeit fast einer Lebensversicherung gleichkam.
    Die ersten Seiten waren Kopien aus der Personalakte von William Stark. Anstellungsbedingungen, Lebenslauf, alle möglichen persönlichen Daten. Die übrigen Papiere waren Ausdrucke von Dateien, die er in Starks Computer gefunden und frisiert hatte, und außerdem ein einseitiger Überblick über die Kosten der letzten Behandlung seiner Stieftochter, der in Starks Schreibtischschublade gelegen hatte.
    Die Idee zur Manipulation der Dateien war damals nachStarks Verschwinden entstanden, als ihm die Polizei ein paar Fragen über den Kollegen gestellt hatte. Das war insgesamt kurz und schmerzlos vonstatten gegangen. Die Fragen waren oberflächlich gewesen, und entsprechend nichtssagende Antworten hatte er gegeben. Aber wenn sie nun plötzlich mit weiteren Fragen kämen? Und wenn ihn Teis Snap und Brage-Schmidt hängen ließen?
    Wenn er mit heiler Haut davonkommen wollte, musste er eine wasserdichte Geschichte konstruieren. Genau deshalb hatte er Starks Laptop ja wohlweislich die winzige, für die Uhr verantwortliche Lithiumbatterie entnommen und angefangen, die abgespeicherten Informationen zum Baka-Projekt ein bisschen zu »korrigieren«.
    Er hatte das an einem Abend zu Hause gemacht, als Lily längst schlafen gegangen war. Gespannt hatte er im Licht der Schreibtischlampe Starks virtuelle Welt geöffnet. Er war auf zwei Benutzerkonten gestoßen, eines, für das man kein Passwort brauchte und das »Ministerium« hieß, und ein zweites, passwortgeschütztes mit der Bezeichnung »Privat«.
    Schon nach wenigen Minuten hatte René Eriksen gewusst, dass sie gut daran getan hatten, sich William Starks zu entledigen. Etliche Notizen Starks handelten von Unregelmäßigkeiten und abweichenden Prozeduren im Zusammenhang mit dem Baka-Projekt. Zwar enthüllten diese Notizen nichts direkt Ungesetzliches, aber sie streuten doch den Verdacht, dass eine genauere Untersuchung der Vorgänge angezeigt wäre.
    Dass Stark eine solche Prüfung nicht vorgenommen hatte, war ihr Glück.
    René hatte die ganze Nacht versucht, das Passwort für das private Benutzerkonto zu knacken, und als ihm das nicht gelungen war, hatte er den Laptop in den Keller gebracht. Hinter der Tür zu den Wärmerohren der Fußbodenheizung hatte er ihn deponiert. Dort konnte er unbemerkt liegen, bis er ihn wieder brauchte.
    Und so saß er also zweieinhalb Jahre später mit Starks frisierten Dokumenten da, in denen Informationen, die ursprünglich nahegelegt hatten, dass René das zweifelhafte Projekt

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