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Erwin Strittmatter: Die Biographie (German Edition)

Erwin Strittmatter: Die Biographie (German Edition)

Titel: Erwin Strittmatter: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Leo
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    Unser Gespräch schweift danach ein wenig ab. Sie erzählt mir von ihrer Lebensgeschichte, vom Krieg, ihren zwei Ehen und davon, wie sie sich und ihre Kinder mit viel Geschick und Mühe durch die schweren Jahre gebracht hat. Dann unterbricht sie sich und sagt: »Das werden Sie doch wohl nicht schreiben! Das gehört doch nicht hierher.«

GESPRÄCH MIT KNUT STRITTMATTER
    Knut Strittmatter, der jüngere der beiden Söhne aus dieser Ehe, kann mir über seine Mutter nicht viel sagen, weil er nur wenige Jahre mit ihr zusammengelebt hat. Seine Eltern seien beide »große Egoisten« gewesen, sagt er, »deshalb konnte das nicht gutgehen mit ihnen«.
    Ich treffe ihn am 4. Februar 2010 auf dem Leipziger Hauptbahnhof. Gemeinsam fahren wir in sein Büro, in das ehemalige Tierernährungsinstitut der Universität in Leipzig-Möckern, einen ziemlich verlassen und marode aussehenden Gebäudekomplex. Knut Strittmatter ist ein schlanker Mann Anfang siebzig mit Schnauzbart, der seinem Vater ziemlich ähnlich sieht. Sein Fachgebiet ist die Schafzucht. Nachdem die Universität das von ihm geleitete Schafzuchtinstitut 1993 im Fachgebiet »Tierzucht und Tierhaltung« aufgehen ließ, haben er und einige Kollegen versucht, der angekündigten Schließung der landwirtschaftlichen Fakultät zuvorzukommen, und 1996 ein »Institut für Agrarwissenschaften e. V.« gegründet. In der ersten Zeit bekamen sie ABM-Stellen und Fördergelder für kleine Forschungsprojekte, die wurden dann weniger und weniger. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs können sie gerade noch zu günstigen Bedingungen die Räume nutzen, die mit ihren Tapeten, Gardinen und Fußbodenbelägen noch originale DDR-Atmosphäre verströmen. Doch auch damit wird es bald vorbei sein. Die Gebäude sollen demnächst geräumt werden.
    Knut Strittmatter ist ein ruhiger, freundlicher Mensch. Er weiß nicht, ob er eher traurig oder zornig darüber sein soll, dass eines der ersten landwirtschaftlichen Forschungsinstitute Deutschlands, wie er betont, dem Verfall preisgegeben wird. 1989/90 hat er erlebt, wie sich innerhalb kurzer Zeit Zukunft in Vergangenheit verwandelte. Der damalige Direktor der Sektion Tierproduktion und Veterinärmedizin, Professor Schwark, hatte ihn, in Abstimmung mit dem Nestor der Schafzucht in der DDR, Professor König, für dessen Nachfolge ausgewählt. Er sollte Professor und Chef werden. Doch stattdessen wurde das Institut abgewickelt, wie es damals hieß, und er musste sich bis zur Rente von einem Arbeitsverhältnis zum anderen hangeln.
    Mein Gesprächspartner holt heißes Wasser aus der Teekücheund gießt uns einen Tee auf. Die Tassen stellt er auf einen kleinen Tisch. Während er seinen Bürostuhl näher schiebt, meint er, endlich würde jemand nach der ersten Ehe von Erwin Strittmatter, nach ihm und seinem Bruder fragen. Bisher hätten sich die Biographen stets nur auf Eva und ihre Söhne konzentriert.
    Knut Strittmatter wurde am 23.  November 1939 in Saalfeld geboren. Er sei kein erwünschtes Kind gewesen, sagt er. Die Ehe seiner Eltern lief zu dieser Zeit schon schlecht. Seinen Vater lernte er erst 1945 bewusst kennen, als der aus dem Krieg zurückkam. Seine Mutter soll ihn als Baby zu anderen Leuten gegeben haben, um mit seinem älteren Bruder Ulf in den Urlaub zu fahren. Als Marga, die Schwester seines Vaters davon erfuhr, habe sie ihn nach Bohsdorf »entführt«, und anschließend habe es Ärger gegeben. Knut Strittmatter war sechs Jahre alt, als sein Vater ihn im November 1945 von Saalfeld nach Bohsdorf brachte. 1951 sei seine Mutter mit ihrem zweiten Ehemann in den Westen gegangen. Bis dahin habe es zwischen ihnen nur seltene kurze Begegnungen und hin und wieder einige Briefe gegeben. Erst 1987, anlässlich ihres 70. Geburtstags, durfte er sie in Düsseldorf besuchen. Sein nächster Mensch, die wichtigste Bezugsperson seiner Kindheit, war sein älterer Bruder Ulf, der am 10. Dezember 2008 starb. Da die beiden oft sich selbst überlassen blieben, waren sie als Kinder sehr aufeinander angewiesen. Deshalb, so meint Knut, sei Ulf eines Tages, das war etwa 1949 oder 50, von zu Hause abgehauen und nach Spremberg gekommen, wo Knut in der neuen Familie seines Vaters lebte. Zusammen mit der zweiten Ehefrau hatte Erwin Strittmatter inzwischen zwei weitere Söhne – Uwe und Thomas. Sie hätten alle Probleme einer »Patchwork-Familie« erlebt, sagt er. Wenn er und sein Bruder sich zurückgesetzt oder ungerecht behandelt fühlten, hätten sie sich dafür an

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