Erzähl mir von morgen
mitgeteilt, dass jemand mit einer Ausbildung gesucht wurde.
Ich schraubte meine Ansprüche immer weiter hinunter, bis ich schließlich bei einer großen Coffee-Shop-Kette anrief, die neue Mitarbeiter suchten.
Wahrscheinlich hätte ich mich freuen sollen, dass ich am nächsten Tag bereits ein Vorstellungsgespräch hatte, doch ich spürte nur die traurige Leere in mir, die seit einigen Jahren mein Begleiter gewesen war.
Gegen Mittag hatte ich keine Kraft mehr zu telefonieren und mich zu rechtfertigen, warum ich in der Schule so faul gewesen war. Ich stand auf, legte das Telefon weg und ordnete meine Unterlagen.
Dabei fielen mir meine Aufzeichnungen in die Hand.
Ein wehmütiges Lächeln umspielte meine Lippen, als ich meine Skizzen sah. Die Bilder, die mir im Kopf für ein Layout gekommen waren, hatte ich zu Papier gebracht und noch immer gefielen sie mir sehr gut. Sicher könnte man daraus etwas machen, doch ich seufzte, zu dieser Möglichkeit würde es sicher nicht mehr kommen. Als ich meine Schrift sah, die in schnellen Buchstaben Ideen und Gedanken aufgezeichnet hatte, setzte ich mich wieder.
Es kribbelte in meinen Fingern, als ich den Stift zur Hand nahm und meine hastigen Notizen genauer durchlas. Meine Gedanken formierten sich und ohne dass ich mich zurückhalten konnte, schrieb ich plötzlich alles, was mir in den Sinn kam.
Kleine Schwester,
Spielst du verstecken,
obwohl dir gesagt wurde, dass ich wirklich gegangen bin?
Kleine Schwester,
wartest du am Fenster auf mich und siehst in die einsame Dunkelheit, die mich genommen hat?
Ignorier die Nachrichten, denn das Papier kommt von Bäumen, auf die wir niemals klettern werden. Der Himmel fällt nach oben und lässt dich allein im tödlichen Morgengrauen zurück.
Wenn du mich vermisst,
schau in die Sterne, die den Nachthimmel erleuchten.
Wenn du einsam bist,
lausche dem nächtlichen Wispern des Windes im eisigen Winter.
Wenn es wehtut,
lies die Zeichen und folge ihnen!
Ich sage es dir einmal.
Träume und erhelle die Nacht mit Sternenstaub
Die kalten Lichter tanzen auf einer Wüste aus Eis und wenn das Sternenlicht aufwärts fließt, werden wir zusammen sein.
Erinnere dich, dass nichts für die Ewigkeit ist.
Ich weiß, dass du traurig bist
Doch wie im Flug, wird auch das vorübergehen
Erinnere dich an de n Tag,
an dem auch du vorübergehen wirst und die Zeit der Dunkelheit beendet sein wird.
Ich sah auf und spürte, dass meine Wangen mit Tränen benetzt waren. Die Trauer brandete in schweren Wellen gegen mich und ich musste erkennen, wie einsam und allein ich war. Für Celia musste ich stark sein, doch es gab Augenblicke, viele Augenblicke, in denen ich mich einfach fallen lassen wollte. Ich konnte nicht mehr. Mein Leben schien nur das Aneinanderreihen von Tagen zu sein, an denen ich nur Celia wegen aufstand.
Mein Blick glitt durch das Wohnzimmer, bis es an dem Foto meines Bruders hängen blieb. Langsam stand ich auf und nahm es in die Hand.
Sam war damals mit mir im Park gewesen. An dem Abend hatten wir Baseball gespielt und auf dem Foto grinste er verwegen in die Kamera. Auf seiner Wange war ein dreckiger Abdruck zu sehen und seine Kappe war verrutscht, doch er war so glücklich gewesen.
Er war immer der Stärkere, der Ältere gewesen, der mich immer aufgefangen hatte, wenn ich fiel. Er war die Sicherheit, die mir von einem auf den anderen Tag genommen wurde.
Ich schluckte, als ich daran dachte, wie die Zeit nach seinem Tod gewesen war.
Tagelang hatte ich die Wohnung nicht verlassen, wollte niemanden sehen oder sprechen. Ich war in meiner Trauer gefangen und wollte einfach nur allein sein. Heute wusste ich nicht einmal, wie ich die Beerdigung durchgestanden hatte.
Doch, ich verbesserte mich. Ich wusste, dass Nates Familie und vor allem er selbst eine große Stützte in dieser Zeit gewesen waren. Sie hatten mir geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Und als ich mich von ihnen abgewandt hatte, erkannte ich wie viel sie mir bedeuteten, doch es gab kein Zurück. Ich war wieder allein. Diesmal hatte ich einfach weitergemacht, ohne viel Freude und Leid. Ich hatte mich abgeschottet und lebte vor mich hin.
Bis ich Celia bekommen hatte.
Ich riss mich zusammen. Allein ihretwegen musste ich durchhalten. Und wenn ich dafür einen Job in einem Coffee-Shop annehmen musste. Das Geld würde sicher knapp werden, doch für sie war ich bereit alles zu versuchen. Ich würde zurückstecken,
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