Erzähl mir von morgen
das Gitter, damit ich sie streicheln konnte. Sie entspannte sich und legte sich schließlich hin. Ihre großen Augen auf mich gerichtet, nuckelte sie schläfrig, bis ihr die Augen zufielen und sie in einen leichten Schlaf driftete.
Ihr Atem ging gleichmäßig, während ich noch lange neben ihr saß und ihren Schlaf bewachte. Ich konnte mich nicht aufraffen nach unten zu den anderen Gästen zu gehen. Noch immer war ich durcheinander und aufgewühlt und weder Nate noch Chris wollte ich begegnen. Deshalb blieb ich bei ihr und sah ihr beim Schlafen zu.
„Du würdest mich hassen, wenn du wüsstest, was ich gerade getan habe?“ fragte ich sie leise.
Kapitel 16
Nach der Gartenparty bei Frank und Charlotte vergrub ich mich die meiste Zeit zu Hause. Nur für die Arbeit, die mehr als anstrengend war, ging ich aus dem Haus. Christopher besuchte Celia und mich häufig, doch da ich am Abend sehr müde war, gingen wir selten aus.
Die Kollegen im Coffee-Shop waren sehr nett, doch die Kunden, die meist wenig Zeit hatten und nur kurz vor ihrer Arbeit oder in der Mittagspause hereinkamen, waren etwas gestresst und wollten sich nicht auf mich einstellen. Manchmal kam Christopher und bestellte seinen Kaffee bei mir. Das waren die wenigen Momente, in denen ich ruhig und sicher war. Und glücklich. Er zauberte allein durch seine Anwesenheit ein Lächeln auf meine Lippen, das mir bei den anderen Kunden nur schwer über die Lippen kam und etwas gekniffen aussehen musste.
In meiner zweiten Woche, an einem Donnerstag war es besonders schlimm. Ein Kunde hatte mehrere Bestellungen aufgegeben und ich war damit beschäftigt, alles richtig an meinen Kollegen weiterzugeben, als plötzlich ein Mann aus der Schlange trat und sich vor mir aufbaute.
Er trug einen Anzug, das Handy am Ohr und schnauzte mich an.
„Warum kannst du nicht schneller arbeiten? Ich habe ein wichtiges Meeting und muss pünktlich sein!“
„B-b-bitte entschuldigen Sie, Sir!“ sagte ich stotternd und versuchte die vielen Mocchacinos und Lattes mit Sahne, mit Milchschaum, mit laktosefreier und fettarmer Milch, mit Aroma und Sirup auseinander zu halten. „Ich m-mache so schnell…ich k-kann!“
„B-b-bitte, m-mach schneller verdammt!“ äffte er mich nach und ließ mir die Tränen der Scham in die Augen treten.
Keiner der anderen Kunden hatte sich bisher so aufgeführt und es mischte sich auch jetzt niemand ein. Es schien, als würden alle sehr beschäftigt ein. Die meisten sahen weg.
„Sie m-m-müssen m-m-mich n-n-nicht n-n-nachmachen!“ sagte ich energisch, doch der Mann wedelte nur mit seinem Handy vor meiner Nase herum.
„Wenn ich du wäre, würde ich mir schnell etwas anderes suchen!“ sagte er wütend. „Solche wie du , wollen wir nicht hier haben!“ Daraufhin drehte er sich um, meckerte in sein Handy und verließ das Geschäft.
Ich spürte, dass meine Finger zitterten, als ich die Bestellung in die Kasse eintippte. Hinter meinen Augen brannten die Tränen der Erniedrigung, doch ich wusste, dass ich mich nicht unterkriegen lassen durfte. Niemand sollte sehen, wie sehr mich der Mann verletzt hatte.
Nach dem Vorfall wurde die Arbeit für mich immer schwieriger. Anstatt, dass ich mich daran gewöhnte, machte ich immer mehr Fehler. Ich kam nur schwer mit den vielen verschiedenen Möglichkeiten der Kaffees klar, die man jedem Kunden immer vorstellen musste und irgendwann hatte meine Chefin keine andere Wahl.
„ Wissen Sie, Miss Thomson“, sagte sie nach meiner zweiten Woche, die noch schlimmer lief als meine erste. „Wir sind sehr zufrieden mit Ihrer Arbeit und mögen Sie sehr, aber…“
Mir stockte der Atem. Konnte es wirklich sein, dass ich bereits zwei Jobs innerhalb eines Monats verloren hatte?
Ich wollte mir meine Trauer nicht anmerken lassen, so versuchte ich tapfer zu sein.
„Ich versteh’ schon“, sagte ich leise.
Sie schüttelte freundlich den Kopf.
„Glauben Sie nicht, dass uns diese Entscheidung leicht gefallen ist, aber unserer Meinung nach ist diese Arbeit nicht das Richtige für Sie!“
Ich nickte langsam und bedankte mich bei ihr, bevor ich den Laden verließ.
Auf der Schwelle spürte ich, wie all die lähmende Angst von mir abfiel. Es war ein Ende, aber ich war froh, dass es gekommen war. Nun musste ich zwar wieder nach einer Arbeit suchen, doch ich hatte einen Job – wenn auch nur für zwei Wochen – gefunden. Es würde mir erneut gelingen.
Als Christopher am
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