Erzählungen
Verurteilte unter die Egge gelegt. Die Ketten
wurden gelöst und statt dessen die Riemen befestigt; es
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schien für den Verurteilten im ersten Augenblick fast wie eine
Erleichterung zu bedeuten. Und nun senkte sich die Egge noch
ein Stück tiefer, denn es war ein magerer Mann. Als ihn die
Spitzen berührten, ging ein Schauer über seine Haut; er
streckte, während der Soldat mit seiner rechten Hand beschäf-
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tigt war, die linke aus, ohne zu wissen wohin; es war aber die
Richtung, wo der Reisende stand. Der Offizier sah ununterbro-
chen den Reisenden von der Seite an, als suche er von seinem
Gesicht den Eindruck abzulesen, den die Exekution, die er ihm
nun wenigstens oberflächlich erklärt hatte, auf ihn mache.
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Der Riemen, der für das Handgelenk bestimmt war, riß;
wahrscheinlich hatte ihn der Soldat zu stark angezogen. Der
Offizier sollte helfen, der Soldat zeigte ihm das abgerissene
Riemenstück. Der Offizier ging auch zu ihm hinüber und sagte,
das Gesicht dem Reisenden zugewendet: "Die Maschine ist
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sehr zusammengesetzt, es muß hie und da etwas reißen oder
brechen; dadurch darf man sich aber im Gesamturteil nicht
beirren lassen. Für den Riemen ist übrigens sofort Ersatz ge-
schafft; ich werde eine Kette verwenden; die Zartheit der
Schwingung wird dadurch für den rechten Arm allerdings be-
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einträchtigt." Und während er die Ketten anlegte, sagte er
noch: "Die Mittel zur Erhaltung der Maschine sind jetzt sehr _________________________________________________________________
Franz Kafka: Erzählungen
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eingeschränkt. Unter dem früheren Kommandanten war eine
mir frei zugängliche Kassa nur für diesen Zweck bestimmt. Es
gab hier ein Magazin, in dem alle möglichen Ersatzstücke auf-
bewahrt wurden. Ich gestehe, ich trieb damit fast Verschwen-
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dung, ich meine früher, nicht jetzt, wie der neue Kommandant
behauptet, dem alles nur zum Vorwand dient, alte Einrichtun-
gen zu bekämpfen. Jetzt hat er die Maschinenkassa in eigener
Verwaltung, und schicke ich um einen neuen Riemen, wird der
zerrissene als Beweisstück verlangt, der neue kommt erst in
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zehn Tagen, ist dann aber von schlechterer Sorte und taugt
nicht viel. Wie ich aber in der Zwischenzeit ohne Riemen die
Maschine betreiben soll, darum kümmert sich niemand."
Der Reisende überlegte: Es ist immer bedenklich, in fremde
Verhältnisse entscheidend einzugreifen. Er war weder Bürger
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der Strafkolonie, noch Bürger des Staates, dem sie angehörte.
Wenn er die Exekution verurteilen oder gar hintertreiben woll-
te, konnte man ihm sagen: Du bist ein Fremder, sei still. Dar-
auf hätte er nichts erwidern, sondern nur hinzufügen können,
daß er sich in diesem Falle selbst nicht begreife, denn er reise 20
nur mit der Absicht, zu sehen, und keineswegs etwa, um
fremde Gerichtsverfassungen zu ändern. Nun lagen aber hier
die Dinge allerdings sehr verführerisch. Die Ungerechtigkeit
des Verfahrens und die Unmenschlichkeit der Exekution war
zweifellos. Niemand konnte irgendeine Eigennützigkeit des
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Reisenden annehmen, denn der Verurteilte war ihm fremd,
kein Landsmann und ein zum Mitleid gar nicht auffordernder
Mensch. Der Reisende selbst hatte Empfehlungen hoher Äm-
ter, war hier mit großer Höflichkeit empfangen worden, und
daß er zu dieser Exekution eingeladen worden war, schien
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sogar darauf hinzudeuten, daß man sein Urteil über dieses
Gericht verlangte. Dies war aber um so wahrscheinlicher, als
der Kommandant, wie er jetzt überdeutlich gehört hatte, kein
Anhänger dieses Verfahrens war und sich gegenüber dem
Offizier fast feindselig verhielt.
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Da hörte der Reisende einen Wutschrei des Offiziers. Er
hatte gerade, nicht ohne Mühe, dem Verurteilten den Filz-
stumpf in den Mund geschoben, als der Verurteilte in einem
unwiderstehlichen Brechreiz die Augen schloß und sich er-
brach. Eilig riß ihn der Offizier vom Stumpf in die Höhe und
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wollte den Kopf zur Grube hindrehen; aber es war zu spät, der
Unrat floß schon an der Maschine hinab. "Alles Schuld des
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Kommandanten!" schrie der Offizier und rüttelte besinnungslos vorn an den Messingstangen, "die Maschine wird mir verunrei-nigt wie ein Stall." Er zeigte mit zitternden Händen dem Reisenden, was geschehen war. "Habe ich nicht stundenlang dem
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Kommandanten begreiflich zu machen
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