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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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    von selbst so ein, daß sie nur knapp mit den Spitzen den Kör-
    per berührt; ist diese Einstellung vollzogen, strafft sich sofort dieses Stahlseil zu einer Stange. Und nun beginnt das Spiel.
    Ein Nichteingeweihter merkt äußerlich keinen Unterschied in
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    den Strafen. Die Egge scheint gleichförmig zu arbeiten. Zit-
    ternd sticht sie ihre Spitzen in den Körper ein, der überdies
    vom Bett aus zittert. Um es nun jedem zu ermöglichen, die
    Ausführung des Urteils zu überprüfen, wurde die Egge aus Glas
    gemacht. Es hat einige technische Schwierigkeiten verursacht,
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    die Nadeln darin zu befestigen, es ist aber nach vielen Versu-
    chen gelungen. Wir haben eben keine Mühe gescheut. Und nun
    kann jeder durch das Glas sehen, wie sich die Inschrift im
    Körper vollzieht. Wollen Sie nicht näherkommen und sich die
    Nadeln ansehen?"
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    Der Reisende erhob sich langsam, ging hin und beugte sich
    über die Egge. "Sie sehen", sagte der Offizier, "zweierlei Nadeln in vielfacher Anordnung. Jede lange hat eine kurze neben
    sich. Die lange schreibt nämlich, und die kurze spritzt Wasser
    aus, um das Blut abzuwaschen und die Schrift immer klar zu
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    erhalten. Das Blutwasser wird dann hier in kleine Rinnen gelei-
    tet und fließt endlich in diese Hauptrinne, deren Abflußrohr in
    die Grube führt." Der Offizier zeigte mit dem Finger genau den Weg, den das Blutwasser nehmen mußte. Als er es, um es
    möglichst anschaulich zu machen, an der Mündung des Abfluß-
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    rohres mit beiden Händen förmlich auffing, erhob der Reisende
    den Kopf und wollte, mit der Hand rückwärts tastend, zu sei-
    nem Sessel zurückgehen. Da sah er zu seinem Schrecken, daß
    auch der Verurteilte gleich ihm der Einladung des Offiziers,
    sich die Einrichtung der Egge aus der Nähe anzusehen, gefolgt
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    war. Er hatte den verschlafenen Soldaten an der Kette ein
    wenig vorgezerrt und sich auch über das Glas gebeugt. Man
    sah, wie er mit unsicheren Augen auch das suchte, was die
    zwei Herren eben beobachtet hatten, wie es ihm aber, da ihm
    die Erklärung fehlte, nicht gelingen wollte. Er beugte sich hier-35
    hin und dorthin. Immer wieder lief er mit den Augen das Glas
    ab. Der Reisende wollte ihn zurücktreiben, denn, was er tat,
    war wahrscheinlich strafbar. Aber der Offizier hielt den Reisen-
    den mit einer Hand fest, nahm mit der anderen eine Erdscholle
    vom Wall und warf sie nach dem Soldaten. Dieser hob mit
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    einem Ruck die Augen, sah, was der Verurteilte gewagt hatte,
    ließ das Gewehr fallen, stemmte die Füße mit den Absätzen in
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    Franz Kafka: Erzählungen

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    den Boden, riß den Verurteilten zurück, daß er gleich nieder-
    fiel, und sah dann auf ihn hinunter, wie er sich wand und mit
    seinen Ketten klirrte. "Stell ihn auf!" schrie der Offizier, denn er merkte, daß der Reisende durch den Verurteilten allzusehr
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    abgelenkt wurde. Der Reisende beugte sich sogar über die
    Egge hinweg, ohne sich um sie zu kümmern, und wollte nur
    feststellen, was mit dem Verurteilten geschehe. "Behandle ihn sorgfältig!" schrie der Offizier wieder. Er umlief den Apparat, faßte selbst den Verurteilten unter den Achseln und stellte ihn, 10
    der öfters mit den Füßen ausglitt, mit Hilfe des Soldaten auf.
    "Nun weiß ich schon alles", sagte der Reisende, als der Offizier wieder zu ihm zurückkehrte. "Bis auf das Wichtigste", sagte dieser, ergriff den Reisenden am Arm und zeigte in die
    Höhe: "Dort im Zeichner ist das Räderwerk, welches die Bewe-15
    gung der Egge bestimmt, und dieses Räderwerk wird nach der
    Zeichnung, auf welche das Urteil lautet, angeordnet. Ich ver-
    wende noch die Zeichnungen des früheren Kommandanten.
    Hier sind sie" - er zog einige Blätter aus der Ledermappe -,
    "ich kann sie Ihnen aber leider nicht in die Hand geben, sie 20
    sind das Teuerste, was ich habe. Setzen Sie sich, ich zeige sie
    Ihnen aus dieser Entfernung, dann werden Sie alles gut sehen
    können." Er zeigte das erste Blatt. Der Reisende hätte gerne etwas Anerkennendes gesagt, aber er sah nur labyrinthartige,
    einander vielfach kreuzende Linien, die so dicht das Papier
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    bedeckten, daß man nur mit Mühe die weißen Zwischenräume
    erkannte. "Lesen Sie", sagte der Offizier. "Ich kann nicht", sagte der Reisende. "Es ist doch deutlich", sagte der Offizier.
    "Es ist sehr kunstvoll", sagte der Reisende ausweichend, "aber ich kann es nicht entziffern."
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    "Ja", sagte der Offizier,

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