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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Lange
    auf dich; meine Mutter hat gewartet und ihre Mutter und wei-
    ter alle ihre Mütter bis hinauf zur Mutter aller Schakale. Glaube 20
    es!"
    "Das wundert mich", sagte ich und vergaß, den Holzstoß anzuzünden, der bereitlag, um mit seinem Rauch die Schakale
    abzuhalten, "das wundert mich sehr zu hören. Nur zufällig
    komme ich aus dem hohen Norden und bin auf einer kurzen
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    Reise begriffen. Was wollt ihr denn, Schakale?"
    Und wie ermutigt durch diesen vielleicht allzu freundlichen
    Zuspruch zogen sie ihren Kreis enger um mich; alle atmeten
    kurz und fauchend.
    "Wir wissen", begann der Älteste, "daß du vom Norden 30
    kommst, darauf eben baut sich unsere Hoffnung. Dort ist der
    Verstand, der hier unter den Arabern nicht zu finden ist. Aus
    diesem kalten Hochmut, weißt du, ist kein Funken Verstand zu
    schlagen. Sie töten Tiere, um sie zu fressen, und Aas mißach-
    ten sie."
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    "Rede nicht so laut", sagte ich, "es schlafen Araber in der Nähe."
    "Du bist wirklich ein Fremder", sagte der Schakal, "sonst wüßtest du, daß noch niemals in der Weltgeschichte ein Schakal einen Araber gefürchtet hat. Fürchten sollten wir sie? Ist es 40
    nicht Unglück genug, daß wir unter solches Volk verstoßen
    sind?"
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    "Mag sein, mag sein", sagte ich, "ich maße mir kein Urteil an in Dingen, die mir so fern liegen; es scheint ein sehr alter
    Streit; liegt also wohl im Blut; wird also vielleicht erst mit dem Blute enden."
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    "Du bist sehr klug", sagte der alte Schakal; und alle atmeten noch schneller; mit gehetzten Lungen, trotzdem sie doch
    stille standen; ein bitterer, zeitweilig nur mit zusammenge-
    klemmten Zähnen erträglicher Geruch entströmte den offenen
    Mäulern, "du bist sehr klug; das, was du sagst, entspricht
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    unserer alten Lehre. Wir nehmen ihnen also ihr Blut und der
    Streit ist zu Ende."
    "Oh!" sagte ich wilder, als ich wollte, "sie werden sich wehren; sie werden mit ihren Flinten euch rudelweise niederschie-
    ßen."
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    "Du mißverstehst uns", sagte er, "nach Menschenart, die sich also auch im hohen Norden nicht verliert. Wir werden sie
    doch nicht töten. So viel Wasser hätte der Nil nicht, um uns
    rein zu waschen. Wir laufen doch schon vor dem bloßen An-
    blick ihres lebenden Leibes weg, in reinere Luft, in die Wüste,
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    die deshalb unsere Heimat ist."
    Und alle Schakale ringsum, zu denen inzwischen noch viele
    von fern her gekommen waren, senkten die Köpfe zwischen
    die Vorderbeine und putzten sie mit den Pfoten; es war, als
    wollten sie einen Widerwillen verbergen, der so schrecklich
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    war, daß ich am liebsten mit einem hohen Sprung aus ihrem
    Kreis entflohen wäre.
    "Was beabsichtigt ihr also zu tun?" fragte ich und wollte aufstehn; aber ich konnte nicht; zwei junge Tiere hatten sich
    mir hinten in Rock und Hemd festgebissen; ich mußte sit-
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    zenbleiben. "Sie halten deine Schleppe", sagte der alte Schakal erklärend und ernsthaft, "eine Ehrbezeigung." "Sie sollen mich loslassen!" rief ich, bald zum Alten, bald zu den Jungen gewendet. "Sie werden es natürlich", sagte der Alte, "wenn du es verlangst. Es dauert aber ein Weilchen, denn sie haben nach
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    der Sitte tief sich eingebissen und müssen erst langsam die
    Gebisse voneinander lösen. Inzwischen höre unsere Bitte."
    "Euer Verhalten hat mich dafür nicht sehr empfänglich ge-
    macht", sagte ich. "Laß uns unser Ungeschick nicht entgelten", sagte er und nahm jetzt zum erstenmal den Klageton seiner
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    natürlichen Stimme zu Hilfe, "wir sind arme Tiere, wir haben nur das Gebiß; für alles, was wir tun wollen, das Gute und das
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    Schlechte, bleibt uns einzig das Gebiß." "Was willst du also?"
    fragte ich, nur wenig besänftigt.
    "Herr" rief er, und alle Schakale heulten auf; in fernster Ferne schien es mir eine Melodie zu sein. "Herr, du sollst den 5
    Streit beenden, der die Welt entzweit. So wie du bist, haben
    unsere Alten den beschrieben, der es tun wird. Frieden müssen
    wir haben von den Arabern; atembare Luft; gereinigt von ih-
    nen den Ausblick rund am Horizont; kein Klagegeschrei eines
    Hammels, den der Araber absticht; ruhig soll alles Getier kre-
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    pieren; ungestört soll es von uns leergetrunken und bis auf die
    Knochen gereinigt werden. Reinheit, nichts als Reinheit wollen
    wir", und nun weinten, schluchzten

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