Erzählungen
duldet keine
Begleitung; ist bald vorn, bald hinten; die Gesellschaft richtet ihren Schritt nach ihm; er ist bleich und schwach; die Verant-25
wortung hat seine Augen ausgehöhlt; oft drückt er im Nach-
denken die Hand an die Stirn.
Der Sechste und Siebente gehen ein wenig gebückt, Kopf
nah an Kopf, Arm in Arm, in vertrautem Gespräch; wäre hier
nicht offenbar unser Kohlenbergwerk und unser Arbeitsplatz im
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tiefsten Stollen, könnte man glauben, diese knochigen, bartlo-
sen, knollennasigen Herren seien junge Geistliche. Der eine
lacht meistens mit katzenartigem Schnurren in sich hinein; der
andere, gleichfalls lächelnd, führt das Wort und gibt mit der
freien Hand irgendeinen Takt dazu. Wie sicher müssen diese
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zwei Herren ihrer Stellung sein, ja welche Verdienste müssen
sie sich trotz ihrer Jugend um unser Bergwerk schon erworben
haben, daß sie hier, bei einer so wichtigen Begehung, unter
den Augen ihres Chefs, nur mit eigenen oder wenigstens mit
solchen Angelegenheiten, die nicht mit der augenblicklichen
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Aufgabe zusammenhängen, so unbeirrbar sich beschäftigen
dürfen. Oder sollte es möglich sein, daß sie, trotz alles Lachens _________________________________________________________________
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und aller Unaufmerksamkeit, das, was nötig ist, sehr wohl
bemerken? Man wagt über solche Herren kaum ein bestimmtes
Urteil abzugeben.
Andererseits ist es aber doch wieder zweifellos, daß zum
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Beispiel der Achte unvergleichlich mehr als diese, ja mehr als
alle anderen Herren bei der Sache ist. Er muß alles anfassen
und mit einem kleinen Hammer, den er immer wieder aus der
Tasche zieht und immer wieder dort verwahrt, beklopfen.
Manchmal kniet er trotz seiner eleganten Kleidung in den
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Schmutz nieder und beklopft den Boden, dann wieder nur im
Gehen die Wände oder die Decke über seinem Kopf. Einmal
hat er sich lang hingelegt und lag dort still; wir dachten schon, es sei ein Unglück geschehen; aber dann sprang er mit einem
kleinen Zusammenzucken seines schlanken Körpers auf. Er
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hatte also wieder nur eine Untersuchung gemacht. Wir glauben
unser Bergwerk und seine Steine zu kennen, aber was dieser
Ingenieur auf diese Weise hier immerfort untersucht, ist uns
unverständlich.
Ein Neunter schiebt vor sich eine Art Kinderwagen, in wel-
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chem die Meßapparate liegen. Äußerst kostbare Apparate, tief
in zarteste Watte eingelegt. Diesen Wagen sollte ja eigentlich
der Diener schieben, aber es wird ihm nicht anvertraut; ein
Ingenieur mußte heran, und er tut es gern, wie man sieht. Er
ist wohl der Jüngste, vielleicht versteht er noch gar nicht alle 25
Apparate, aber sein Blick ruht immerfort auf ihnen, fast kommt
er dadurch manchmal in Gefahr, mit dem Wagen an eine Wand
zu stoßen.
Aber da ist ein anderer Ingenieur, der neben dem Wagen
hergeht und es verhindert. Dieser versteht offenbar die Appa-
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rate von Grund aus und scheint ihr eigentlicher Verwahrer zu
sein. Von Zeit zu Zeit nimmt er, ohne den Wagen anzuhalten,
einen Bestandteil der Apparate heraus, blickt hindurch,
schraubt auf oder zu, schüttelt und beklopft, hält ans Ohr und
horcht; und legt schließlich, während der Wagenführer meist
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stillsteht, das kleine, von der Ferne kaum sichtbare Ding mit
aller Vorsicht wieder in den Wagen. Ein wenig herrschsüchtig
ist dieser Ingenieur, aber doch nur im Namen der Apparate.
Zehn Schritte vor dem Wagen sollen wir schon, auf ein wortlo-
ses Fingerzeichen hin, zur Seite weichen, selbst dort, wo kein
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Platz zum Ausweichen ist.
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Franz Kafka: Erzählungen
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Hinter diesen zwei Herren geht der unbeschäftigte Diener.
Die Herren haben, wie es bei ihrem großen Wissen selbstver-
ständlich ist, längst jeden Hochmut abgelegt, der Diener dage-
gen scheint ihn in sich aufgesammelt zu haben. Die eine Hand
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im Rücken, mit der anderen vorn über seine vergoldeten
Knöpfe oder das feine Tuch seines Livreerockes streichend,
nickt er öfters nach rechts und links, so als ob wir gegrüßt
hätten und er antwortete, oder so, als nehme er an, daß wir
gegrüßt hätten, könne es aber von seiner Höhe aus nicht
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nachprüfen. Natürlich grüßen wir ihn nicht, aber doch möchte
man bei seinem Anblick fast glauben, es sei etwas Ungeheu-
res, Kanzleidiener der Bergdirektion zu sein. Hinter ihm lachen
wir allerdings, aber da auch
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