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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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darauf. Trotzdem im allgemeinen
    alles verlockt, diesen Sohn zur Schau zu stellen, halte ich ihn
    doch am liebsten im Verborgenen; er selbst drängt sich nicht
    auf, aber nicht etwa deshalb, weil er seine Mängel kennt, son-
    dern aus Unschuld. Auch fühlt er sich fremd in unserer Zeit;
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    als gehöre er zwar zu meiner Familie, aber überdies noch zu
    einer andern, ihm für immer verlorenen, ist er oft unlustig und
    nichts kann ihn aufheitern.
    Mein vierter Sohn ist vielleicht der umgänglichste von allen.
    Ein wahres Kind seiner Zeit, ist er jedermann verständlich, er
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    steht auf dem allen gemeinsamen Boden und jeder ist ver-
    sucht, ihm zuzunicken. Vielleicht durch diese allgemeine Aner-
    kennung gewinnt sein Wesen etwas Leichtes, seine Bewegun-
    gen etwas Freies, seine Urteile etwas Unbekümmertes. Manche
    seiner Aussprüche möchte man oft wiederholen, allerdings nur
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    manche, denn in seiner Gesamtheit krankt er doch wieder an
    allzu großer Leichtigkeit. Er ist wie einer, der bewundernswert
    abspringt, schwalbengleich die Luft teilt, dann aber doch trost-
    los im öden Staube endet, ein Nichts. Solche Gedanken vergäl-
    len mir den Anblick dieses Kindes.
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    Der fünfte Sohn ist lieb und gut; versprach viel weniger, als
    er hielt; war so unbedeutend, daß man sich förmlich in seiner
    Gegenwart allein fühlte; hat es aber doch zu einigem Ansehen
    gebracht. Fragte man mich, wie das geschehen ist, so könnte
    ich kaum antworten. Unschuld dringt vielleicht doch noch am
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    leichtesten durch das Toben der Elemente in dieser Welt, und
    unschuldig ist er. Vielleicht allzu unschuldig. Freundlich zu
    jedermann. Vielleicht allzu freundlich. Ich gestehe: mir wird
    nicht wohl, wenn man ihn mir gegenüber lobt. Es heißt doch,
    sich das Loben etwas zu leicht zu machen, wenn man einen so
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    offensichtlich Lobenswürdigen lobt, wie es mein Sohn ist.
    Mein sechster Sohn scheint, wenigstens auf den ersten
    Blick, der tiefsinnigste von allen. Ein Kopfhänger und doch ein
    Schwatzer. Deshalb kommt man ihm nicht leicht bei. Ist er am
    Unterliegen, so verfällt er in unbesiegbare Traurigkeit; erlangt 40
    er das Übergewicht, so wahrt er es durch Schwätzen. Doch
    spreche ich ihm eine gewisse selbstvergessene Leidenschaft
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    Franz Kafka: Erzählungen

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    nicht ab; bei hellem Tag kämpft er sich oft durch das Denken
    wie im Traum. Ohne krank zu sein vielmehr hat er eine sehr
    gute Gesundheit taumelt er manchmal, besonders in der
    Dämmerung, braucht aber keine Hilfe, fällt nicht. Vielleicht hat 5
    an dieser Erscheinung seine körperliche Entwicklung schuld, er
    ist viel zu groß für sein Alter. Das macht ihn unschön im Gan-
    zen, trotz auffallend schöner Einzelheiten, zum Beispiel der
    Hände und Füße. Unschön ist übrigens auch seine Stirn; so-
    wohl in der Haut als in der Knochenbildung irgendwie ver-
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    schrumpft.
    Der siebente Sohn gehört mir vielleicht mehr als alle an-
    dern. Die Welt versteht ihn nicht zu würdigen; seine besondere
    Art von Witz versteht sie nicht. Ich überschätze ihn nicht; ich
    weiß, er ist geringfügig genug; hätte die Welt keinen anderen
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    Fehler als den, daß sie ihn nicht zu würdigen weiß, sie wäre
    noch immer makellos. Aber innerhalb der Familie wollte ich
    diesen Sohn nicht missen. Sowohl Unruhe bringt er, als auch
    Ehrfurcht vor der Überlieferung, und beides fügt er, wenigs-
    tens für mein Gefühl, zu einem unanfechtbaren Ganzen. Mit
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    diesem Ganzen weiß er allerdings selbst am wenigsten, etwas
    anzufangen; das Rad der Zukunft wird er nicht ins Rollen brin-
    gen, aber diese seine Anlage ist so aufmunternd, so hoff-
    nungsreich; ich wollte, er hätte Kinder und diese wieder Kin-
    der. Leider scheint sich dieser Wunsch nicht erfüllen zu wollen.
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    In einer mir zwar begreiflichen, aber ebenso unerwünschten
    Selbstzufriedenheit, die allerdings in großartigem Gegensatz
    zum Urteil seiner Umgebung steht, treibt er sich allein umher,
    kümmert sich nicht um Mädchen und wird trotzdem niemals
    seine gute Laune verlieren.
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    Mein achter Sohn ist mein Schmerzenskind, und ich weiß
    eigentlich keinen Grund dafür. Er sieht mich fremd an, und ich
    fühle mich doch väterlich eng mit ihm verbunden. Die Zeit hat
    vieles gut gemacht; früher aber befiel mich manchmal ein
    Zittern, wenn ich nur an ihn dachte. Er geht seinen eigenen
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    Weg; hat alle Verbindungen mit mir abgebrochen; und

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