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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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alternden Menschen in der Saggengasse, in der Mittagszeit in diesemWetterfleck, in diesem ganz gewöhnlichen aber ganz bestimmten abgetragenen Wetterfleck, noch während des Stiegensteigens war mir nicht klar, warum gerade der Wetterfleck des Menschen meine Aufmerksamkeit erregte, plötzlich, aus der Nähe, erregte der Wetterfleck des Mannes meine größte Aufmerksamkeit ... es ist aber ein ganz gewöhnlicher Wetterfleck, dachte ich, Zehntausende solcher Wetterflecke in den Gebirgen, Zehntausende solcher von den Tirolern getragener Wetterflecke ... gleichgültig, was die Leute sind, was sie tun, wo sie herkommen, sie tragen alle diese Wetterflecke, die einen die grauen, die andern die grünen, weil sie alle diese Wetterflecke anhaben, florieren auch noch immer die vielen Lodenfabriken in den Tälern, diese Wetterflecke werden in die ganze Welt exportiert, aber mit dem Wetterfleck meines neuen Klienten hatte es etwas auf sich: er hatte mit Chevreauleder besetzte Knopflöcher! Diese mit Chevreauleder besetzten Knopflöcher habe ich nur einmal in meinem Leben gesehen, nämlich am Wetterfleck meines Onkels, der vor acht Jahren in der unteren Sill ertrunken ist ... daß dieser Mensch genau den gleichen Wetterfleck anhat wie mein ertrunkener Onkel, denke ich, wie ich mit dem Mann in die Kanzlei hinauf gehe ... plötzlich denke ich, wie sie meinen Onkel Worringer aus der Sill herausgezogen haben, eine Verzweiflungstat war die eine, ein Unglücksfall die andere Meinung gewesen, mit Sicherheit aber glaube ich, daß sich Worringer in sogenannter selbstmörderischer Absicht in die Sill gestürzt hat, darüber besteht für mich kein Zweifel, Worringer hat sich umgebracht, alles in seinem Leben und schließlich alles in seinem Geschäfts leben deutet auf Selbstmord ... während man den Ertrunkenen oberhalb der Glasfabrik gesucht hat, war er unterhalb Pradl angeschwemmt worden, die Zeitungen brachten ganze Seiten über den Vorfall, unsere ganze Familie war von ihnen in die Öffentlichkeit gezerrt worden, die Wörter Geschäfts ruin, Holz ruin, Sägewerks sterben, schließlich Wirtschafts- und Gesellschafts ruin geistertendurch die Kolportageköpfe ... das Begräbnis in Wilten ist eines der größten gewesen, ich erinnere mich, Tausende Menschen, schreibt Enderer ... merkwürdig, sage ich zu dem Mann, mit dem ich die Treppe zur Kanzlei hinauf stieg, Ihr Wetterfleck geht mir nicht aus dem Kopf, mehrere Male, Ihr Wetterfleck geht mir nicht aus dem Kopf ... ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht, Ihr Wetterfleck ... habe ich denken müssen, aber gesagt habe ich nicht, zwischen Ihrem Wetterfleck und meinem Onkel besteht der engste Zusammenhang, wer weiß, ob der Mann weiß, wovon ich spreche, habe ich gedacht und ich fordere den Mann auf, in die Kanzlei hinein zu gehen, gehn Sie herein! sage ich, weil der Mann zögert, dann bin ich in der Kanzlei und ziehe meinen Mantel aus und der Mann kommt herein ... es sieht ganz so aus, als habe der Mann unten vor der Haustür auf mich gewartet, heute bin ich zwanzig Minuten zu spät, denke ich, dann: was will der Mann? Abwechselnd irritierten mich seine Schweigsamkeit und sein Wetterfleck, beim Eintreten in die Kanzlei sah ich noch deutlicher, noch besser, nachdem ich Licht gemacht habe, daß die Knopflöcher des Wetterflecks des Mannes mit Chevreauleder besetzt sind, mit schwarzem Chevreauleder und ich entdeckte, daß der Wetterfleck meines neuen Klienten genauso geschnitten ist, wie der Wetterfleck meines Onkels Worringer, auf die einfachste Art geschnitten . Er solle sich setzen, sage ich zu dem Mann, zuerst müsse ich einheizen, ich sei allein,
     meine Sekretärin krank, Influenza, sage ich, Grippe, ich muß Feuer machen, aber ich habe am Abend schon alles vorbereitet, sage ich, dadurch macht das Einheizen jetzt keinerlei Schwierigkeiten, der Mann solle sich setzen, sage ich, er setzt sich, diese trübe Nebelstimmung, sage ich, alles ist verfinstert, äußerste Disziplin erfordere diese Jahreszeit, man müsse sich beherrschen und durchkommen , der Satz war rasch gesagt, wie schwerwiegend er auch gewesen war, gleichzeitig dachte ich, was für ein unsinniger Satz, diese überflüssigen unsinnigen Morgensätze, dachte ich, alles isteiner ungeheuerlichen Belastungsprobe ausgesetzt, sage ich, Körper, Verstand, Kopf, Verstand, Körper. Ganz natürlich behalten die Leute, wenn sie hereinkommen, ihre Mäntel an, auch der neue Klient seinen Wetterfleck, jetzt in der Kanzlei schien ihn noch mehr zu

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