Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schnitzler
Vom Netzwerk:
kenne ihn nicht. Hier gibt es keine Bekannten, sei ganz ruhig. – Aber jetzt komm rasch; wir wollen einsteigen.«
    »Ist das dein Wagen?«
    »Ja.«
    »Ein offener?«
    »Vor einer Stunde war es noch so schön.«
    Sie eilten hin; die junge Frau stieg ein.
    »Kutscher,« rief der junge Mann.
    »Wo ist er denn?« fragte die junge Frau.
    Franz schaute rings umher. »Das ist unglaublich,« rief er, »der Kerl ist nicht zu sehen.«
    »Um Gotteswillen!« rief sie leise.
    »Wart' einen Augenblick, Kind; er ist sicher da.«
    Der junge Mann öffnete die Tür zu dem kleinen Wirtshause; an einem Tisch mit ein paar anderen Leuten saß der Kutscher; jetzt stand er rasch auf.
    »Gleich, gnä' Herr,« sagte er und trank stehend sein Glas Wein aus.
    »Was fällt Ihnen denn ein?«
    »Bitt schön, Euer Gnaden; i bin schon wieder da.«
    Er eilte ein wenig schwankend zu den Pferden. »Wohin fahr'n mer denn, Euer Gnaden?«
    »Prater – Lusthaus.«
    Der junge Mann stieg ein. Die junge Frau lehnte ganz versteckt, beinahe zusammengekauert, in der Ecke unter dem aufgestellten Dach.
    Franz faßte ihre beiden Hände. Sie blieb regungslos. – »Willst du mir nicht wenigstens guten Abend sagen?«
    »Ich bitt dich; laß mich nur einen Moment, ich bin noch ganz atemlos.«
    Der junge Mann lehnte sich in seine Ecke. Beide schwiegen eine Weile. Der Wagen war in die Praterstraße eingebogen, fuhr an dem Tegetthoff-Monument vorüber, und nach wenigen Sekunden flog er die breite, dunkle Praterallee hin. Jetzt umschlang Emma plötzlich mit beiden Armen den Geliebten. Er schob leise den Schleier zurück, der ihn noch von ihren Lippen trennte, und küßte sie.
    »Bin ich endlich bei dir!« sagte sie.
    »Weißt du denn, wie lang wir uns nicht gesehen haben?« rief er aus.
    »Seit Sonntag.«
    »Ja, und da auch nur von weitem.«
    »Wieso? Du warst ja bei uns.«
    »Nun ja ... bei euch. Ah, das geht so nicht fort. Zu euch komm' ich überhaupt nie wieder. Aber was hast du denn?«
    »Es ist ein Wagen an uns vorbeigefahren.«
    »Liebes Kind, die Leute, die heute im Prater spazieren fahren, kümmern sich wahrhaftig nicht um uns.«
    »Das glaub' ich schon. Aber zufällig kann einer hereinschaun.«
    »Es ist unmöglich, jemanden zu erkennen.«
    »Ich bitt dich, fahren wir wo anders hin.«
    »Wie du willst.«
    Er rief dem Kutscher, der aber nicht zu hören schien. Da beugte er sich vor und berührte ihn mit der Hand. Der Kutscher wandte sich um.
    »Sie sollen umkehren. Und warum hauen Sie denn so auf die Pferde ein? Wir haben ja gar keine Eile, hören Sie! Wir fahren in die ... wissen Sie, die Allee, die zur Reichsbrücke führt.«
    »Auf die Reichsstraßen?«
    »Ja, aber rasen Sie nicht so, das hat ja gar keinen Sinn.«
    »Bitt schön, gnä' Herr, der Sturm, der macht die Rösser so wild.«
    »Ah freilich, der Sturm.« Franz setzte sich wieder.
    Der Kutscher wandte die Pferde. Sie fuhren zurück.
    »Warum habe ich dich gestern nicht gesehen?« fragte sie.
    »Wie hätt' ich denn können?«
    »Ich dachte, du warst auch bei meiner Schwester geladen.«
    »Ach so.«
    »Warum warst du nicht dort?«
    »Weil ich es nicht vertragen kann, mit dir unter anderen Leuten zusammen zu sein. Nein, nie wieder.«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Wo sind wir denn?« fragte sie dann.
    Sie fuhren unter der Eisenbahnbrücke in die Reichsstraße ein.
    »Da geht's zur großen Donau,« sagte Franz, »wir sind auf dem Weg zur Reichsbrücke. Hier gibt es keine Bekannten!« setzte er spöttisch hinzu.
    »Der Wagen schüttelt entsetzlich.«
    »Ja, jetzt sind wir wieder auf Pflaster.«
    »Warum fährt er so im Zickzack?«
    »Es scheint dir so.«
    Aber er fand selbst, daß der Wagen sie heftiger als nötig hin und her warf. Er wollte nichts davon sagen, um sie nicht noch ängstlicher zu machen.
    »Ich habe heute viel und ernst mit dir zu reden, Emma.«
    »Da mußt du bald anfangen, denn um neun muß ich zu Hause sein.«
    »In zwei Worten kann alles entschieden sein.«
    »Gott, was ist denn das?« ... schrie sie auf. Der Wagen war in ein Pferdebahngeleise geraten und machte jetzt, als der Kutscher herauswenden wollte, eine so scharfe Biegung, daß er fast zu stürzen drohte. Franz packte den Kutscher beim Mantel. »Halten Sie,« rief er ihm zu. »Sie sind ja betrunken.«
    Der Kutscher brachte die Pferde mühsam zum Stehen. »Aber gnä' Herr ...«
    »Komm, Emma, steigen wir hier aus.«
    »Wo sind wir?«
    »Schon an der Brücke. Es ist auch jetzt nicht mehr gar so stürmisch. Gehen wir ein Stückchen. Man

Weitere Kostenlose Bücher