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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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eine Ueberwinterung; es blieb nur noch übrig, das Schiff dorthin zu geleiten. Bald aber bemerkte Johann Cornbutte, daß die angrenzende Eisebene von ungeheurer Stärke war, und daß es in Folge dessen sehr schwierig sein würde, einen Canal herzustellen, um die Brigg hierher zu bringen; man mußte sich also nach einem andern Schlupfhafen umschauen. Aber vergebens wandte sich Johann Cornbutte mehr nach Norden; die Küste war sonst überall gerade und abschüssig, und als man über die Spitze hinausging, fand es sich, daß sie direct den Stößen des Ostwindes ausgesetzt war. Dieser Umstand brachte den Kapitän um so mehr in Verlegenheit, als André Basling darauf hinwies, wie schlecht die Lage der Oertlichkeit sei, und sich hierbei auf unumstößliche Gründe stützte. Selbst Penellan wurde es schwer, bei dieser Sachlage seinem Wahlspruch treu zu bleiben, »daß Alles in dieser Welt zum Besten dienen müsse«.
    Die Brigg hatte also nur noch die Möglichkeit, einen Ort zur Ueberwinterung auf dem südlichen Theil der Küste zu suchen; es hieß dies so viel, als dahin zurückkehren, woher man gekommen war; aber man durfte nicht länger zögern. So schlug denn die kleine Schaar in eiligem Marsch den Rückweg nach dem Schiffe ein, denn ihre Lebensmittel begannen schon zu Ende zu gehen. Johann Cornbutte suchte eifrig auf der Straße nach einem Spalt oder irgend einem Fahrwasser, das da gestattete, einen Canal durch die Eisfläche zu graben; aber vergebens!
    Gegen Abend langten die Seeleute an der Eismauer an, in deren Schutz sie während der vorigen Nacht gelagert hatten. Es hatte heute nicht geschneit, und sie konnten noch den Eindruck ihrer Körper in dem Eise erkennen. So streckten sie sich von Neuem auf ihre Büffelfelle aus und gaben sich der Ruhe hin.
    Penellan schlief aus Verdruß über die verfehlte Forschungsreise ziemlich schlecht; er wälzte sich schlummerlos auf seinem harten Lager hin und her, als plötzlich ein dumpfes Rollen an sein Ohr klang. Er horchte auf, und der Ton erschien ihm so seltsam, daß er Johann Cornbutte weckte, indem er ihn mit dem Ellenbogen anstieß.
    »Was geht vor? fragte dieser; er hatte nach seemännischer Gewohnheit seinen Geist ebenso schnell wachgerüttelt, wie seinen Körper.
    – Hören Sie, Kapitän,« war die ganze Antwort des Untersteuermanns.
    Das Geräusch nahm mit merklicher Heftigkeit zu.
    »Donner kann es nicht sein; äußerte Johann Cornbutte, indem er sich erhob; das wäre unter so hohen Breiten unmöglich!
    – Ich glaube eher, daß wir’s mit einer Bande Eisbären zu thun bekommen! gab Penellan seine Meinung ab.
    – Teufel! wir haben doch bis jetzt noch keine bemerkt.
    – Früher oder später werden wir uns wohl auf ihren Besuch gefaßt machen müssen. Jedenfalls wollen wir sie gut aufnehmen.«
    Penellan bewaffnete sich mit einer Flinte und überstieg sehr geschickt den Block, der ihnen als Schutzmauer diente. Da indessen die Dunkelheit außerordentlich groß und das Wetter bedeckt war, konnte er nichts wahrnehmen. Eine neue Beobachtung ließ ihn alsbald erkennen, daß er die Ursache des Rollens nicht in der Umgebung zu suchen habe. Jenes Geräusch war jetzt so heftig geworden, daß auch die anderen Gefährten davon erwacht waren, und man bemerkte mit Schrecken, daß es unter ihren Füßen hervordrang.
    Eine neue, furchtbare Gefahr that sich vor ihnen auf, denn dem rollenden Lärm gesellte sich bald eine deutlich wahrnehmbare, wellenförmige Bewegung des Eisfeldes zu, so daß mehrere Matrosen das Gleichgewicht verloren und fielen.
    »Achtung! rief Penellan.
    – Holla! antworteten die Matrosen.
    – Turquiette! Gradlin! Wo seid Ihr?
    – Hier! schrie Turquiette und schüttelte den Schnee von sich ab.
    – Hierher, Basling, rief Johann Cornbutte dem Obersteuermann zu. Ist Gradlin da?
    – Ja, Herr Kapitän!… aber wir sind verloren! antwortete dieser.
    – Im Gegentheil, wir sind vielleicht gerettet!« rief Penellan. Er hatte kaum diese Worte vollendet, als ein furchtbares Krachen sich vernehmen ließ; die Eisfläche barst mitten durch, und die Seeleute waren genöthigt, sich an den Block zu klammern, der neben ihnen hin-und herschwankte. Trotz der Behauptung des Untersteuermannes befanden sie sich in äußerster Gefahr; die Eisschollen waren in ihren Grundfesten erschüttert; sie hatten, um den seemännischen Ausdruck dafür zu gebrauchen, »die Anker gelichtet«. Die schwankende Bewegung dauerte beinahe zwei Minuten, und die Unglücklichen fürchteten jeden

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