Erzählungen
zuviel süsser Wein ... Was wieder ein Beweis ist, dass sogenannte Delikatessen eigentlich verflucht langweilig und ungesund sind, so für den täglichen Gebrauch. Wie Ihnen auch dieser exzellente Vouvray verleiden würde, müssten Sie ihn jeden Tag zum Mittag- und Abendessen trinken ... Wie Ihnen jede schöne Frau endgültig unerträglich wird, sobald Sie sie geheiratet haben ... Eine Ehe ... Wissen Sie, eine Ehe ist eine komplizierte Sache. Penelopen sind selten, aber Penelopen sind unersetzlich. Sie können stricken und nähen, sie können braten und einen Haushalt führen ... Sicher war Penelope nicht schön, und wenn die Freier so zudringlich wurden, so war es wohl nur, weil sie die Frau des Odysseus für eine reiche Witwe hielten. Aber Penelope hatte ihren Mann gern, solche Frauen sind immer treu, von einer guten, warmen Treue, sie wissen zu schweigen, sie sind anspruchslos, sie wollen nicht immer Romantik und Heldentum, sie sind zufrieden mit wenigem, und vor allem, sie haben Sinn für Humor. Nausikaa, so sehr ich sie verehrt habe in meinerPhantasie, Nausikaa, mein Herr, ist Romantikerin. Und bekannt dürfte es sein, dass Romantiker weiblichen oder männlichen Geschlechts keinen Sinn für Humor haben. Sie wollen Steigerung, sie wollen das Absolute – mein Gott, das Absolute! Als ob es so etwas gäbe im menschlichen Leben! Ich habe Nausikaa geheiratet – und ...
Nein, es ist keine Barphilosophie, die ich Ihnen hier auftische. Glauben Sie, ich hätte es einmal zustande gebracht, meine Frau zum Lachen zu bringen? Niemals. Und eine Frau, die nie lacht! ... Sie hat damals gemeint, sie heirate ein Ideal, einen göttlichen Dulder, und ich bin nur ein einfacher Mensch, der durch den Krieg einen kleinen Knacks bekommen hat, eine gewisse Wandersucht ... Ich bin ein harmloser Mensch, trotz all meinen scheinbar romantischen Erlebnissen ... Ich konnte gut erzählen, und ich erzählte ihr mein Leben, so, wie sie es wünschte, dargestellt zu hören ... Denn wir passen uns ja immer unwillkürlich unserem Zuhörer oder unserer Zuhörerin an. Und das ist ein Fehler, ein grosser Fehler ...
Ich habe ihr vom Amazonenstrom erzählt und von einem Ameisenvolk, das alle Gesetze der Strategie kannte, besser als die Indianer – gegen die Indianer konnten wir uns wehren, aber die Ameisen haben uns gezwungen, den Rückmarsch anzutreten ... Ich habe ihr erzählt von einem Flug über den Atlantik – natürlich misslang er, genau so wie meine Segelbootfahrt, ein anderer hat ihn dann ausgeführt – was wollen Sie, ich bin der Vorläufer, und Vorläufer sind die Sündenböcke der Erfolgreichen, sie nehmen das Pech auf sich, um es von den Erfolgreichen abzuwenden. Es gibt auf der Welt nur ein gewisses Quantum Pech, ist dieses verbraucht, so steht dem Erfolg nichts mehr im Wege. Zu bedauern sind die Pechvögel, aber sie sind notwendig. Gewöhnlich feiert man sie nach einigen hundert Jahren, aber was nützt es diesen armen Teufeln ...
Vor diesem Flug über den Atlantik habe ich etliches unternommen, das dürfen Sie mir glauben. Ich kenne das Riff, ich kenne Borneo, ich habe versucht, die Wüste zudurchqueren, auf einem kleinen Auto, das ich selbst entworfen hatte – Citroen hat mir dann meine Erfindung gestohlen, und er ist mit einer Kolonne bis Timbuktu gekommen ... Dann misslang mir der erste Flug, ich stürzte ins Wasser. Aber diesmal war keine Graziosa in der Nähe, ich war weit nach Norden abgetrieben worden, so nahm mich eine Fischerbarke auf. Wie ich das Geld aufgetrieben habe zu all diesen Unternehmungen? Ich weiss es heute selbst nicht mehr. Ich habe es immer gefunden. Freunde, die mir glaubten, Zeitungen, die Vertrauen hatten ... So durfte ich den Flug zum zweiten Male wagen ... Mit technischen Einzelheiten will ich Sie verschonen. Es kam wieder ein Sturm, der mich bedenklich an jenen Sturm erinnerte, der damals mein kleines Boot so schlecht behandelt und all mein Süsswasser ausgetrunken hatte ... Ich fiel wieder ins Meer, und ich hatte Glück im Pech. Denn es war an einer Stelle, die auf der Route der grossen Luxusdampfer lag. Und solch ein »schwimmendes Hotel«, wie man diese Schiffe in der blumenreichen Sprache der Zeitungen nennt, fischte mich halbverhungert auf. Ich war natürlich ein Held und wurde als solcher behandelt. Wenn Sie wüssten, wie langweilig Heldenverehrung für die Helden selber ist! Ich bin ein einfacher Mensch, und ich trinke gern einen guten Tropfen Wein, ich esse mit Behagen Chateaubriand aux pommes
Weitere Kostenlose Bücher