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Erzaehlungen aus Kolyma 04 - Die Auferweckung der Lärche

Erzaehlungen aus Kolyma 04 - Die Auferweckung der Lärche

Titel: Erzaehlungen aus Kolyma 04 - Die Auferweckung der Lärche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warlam Schalamow
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Krankenhaus entfernt. Kaum war Aleksejew zurückgekehrt, wurde er von Leuten, die aus Magadan anreisten, verhaftet. Aleksejew wurde verurteilt für den Mord an seiner Frau. Er war weder Arzt noch Militär, hatte aber mit gefälschten Papieren von Magadan bis in unser Gebüsch am Linken Ufer entweichen und sich dort verstecken können. Der Orden, die Schulterstücke, alles war falsch.
    Noch zuvor war ans Linke Ufer oft der Chef der Sanitätsabteilung der Nördlichen Verwaltung gekommen. Diese Stelle übernahm der trinkende Oberarzt. Der Angereiste, sehr gut gekleidet, ein parfümierter Junggeselle, hatte Erlaubnis bekommen, ein Praktikum zu machen und bei Operationen anwesend zu sein.
    »Ich habe beschlossen, auf Chirurg umzuschulen«, flüsterte Palzyn, gönnerhaft lächelnd.
    Monat um Monat verging, jeden Operationstag kam Palzyn in seinem Wagen aus dem Nördlichen Zentrum – der Siedlung Jagodnyj, aß beim Chef zu Mittag und machte seiner Tochter ein wenig den Hof. Unser Arzt Traut wies darauf hin, dass Palzyn die ärztliche Terminologie schlecht beherrscht, aber – die Front, der Krieg, alle vertrauten ihm und weihten den neuen Chef gern in die Geheimnisse der Operation ein und erst recht in die Frage, was (Diurese) ist. Und plötzlich wurde Palzyn verhaftet – wieder ein Mord an der Front, Palzyn ist auch kein Arzt, sondern ein sich versteckender
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.
    Alle erwarteten, dass mit Koroljow etwas Ähnliches passiert. Aber nein, alles – Orden, Parteibuch und Rang –, alles war echt. Und dieser Koroljow hielt, als er Oberarzt im Zentralkrankenhaus war, auch einen Vortrag auf einer medizinischen Konferenz. Der Vortrag des neuen Oberarztes war nicht schlechter und nicht besser als jeder andere Vortrag. Natürlich, Traut gehörte zur Intelligenz, war Schüler von Krause, dem Regierungschirurgen, als der in Saratow arbeitete.
    Aber Natürlichkeit, Aufrichtigkeit und Liberalität finden Wiederhall in jedem Herzen, und als der Oberarzt, der Chefchirurg vom Linken Ufer, auf der wissenschaftlichen Konferenz, zu der man von der gesamten Kolyma anreiste, genüsslich zum Bericht über einen chirurgische Erfolg ansetzte …
    »Bei uns hat ein Kranker einen Knochen verschluckt – einen solchen Knochen«, zeigte Koroljow. »Und was glauben Sie, wir haben den Knochen entfernt. Diese Ärzte sind hier, und der Kranke ist hier.«
    Doch der Kranke war nicht hier. Bald wurde ich krank, wurde zur Arbeit in die Waldaußenstelle versetzt, kam ein Jahr später zurück ins Krankenhaus, um die Aufnahme zu leiten, begann mit der Arbeit und traf gleich am zweiten Tag den Oberst Kononow in der Aufnahme. Der Oberst freute sich unsäglich über mich. Die Leitung hatte vollständig gewechselt. Kononow hatte niemanden Bekanntes gefunden, nur ich war ihm bekannt, gut bekannt.
    Ich tat alles, was ich konnte – Aufnahmen, Anmeldung bei den Ärzten, rief den Chef an und erklärte, dass das der Held der berühmten Operation am Linken Ufer war. Alles war in Ordnung bei Kononow, und vor der Abreise kam er zu mir in die Aufnahme.
    »Ich schulde dir ein Geschenk.«
    »Ich nehme keine Geschenke.«
    »Ich habe ja allen – dem Krankenhauschef und den Chirurgen und der Krankenschwester, sogar den Kranken, die mit mir lagen – Geschenke gebracht, den Chirurgen – jedem Stoff für einen Anzug. Aber dich habe ich nicht gefunden. Ich zeige mich erkenntlich. Mit Geld, du wirst es sowieso gebrauchen können.«
    »Ich nehme keine Geschenke.«
    »Na, dann bringe ich wenigstens eine Flasche.«
    »Auch Kognak nehme ich nicht, bringen Sie keinen.«
    »Was kann ich denn für dich tun?«
    »Nichts.«
    Man führte Kononow ins Röntgenkabinett, und die freie Krankenschwester aus dem Röntgenkabinett, die Kononow geholt hatte, (sagte):
    »Das ist doch der Kriegskommissar, nicht?«
    »Ja, der Kreiskriegskommissar.«
    »Sie kennen ihn offenbar gut?«
    »Ja, ich kenne ihn, er hat hier gelegen, im Krankenhaus.«
    »Bitten Sie ihn, wenn Sie schon für sich nichts brauchen, er soll mir im Soldbuch die Ummeldung machen. Ich bin Komsomolzin, und so eine Gelegenheit – nicht die dreihundert Kilometer fahren, Gott selbst hat ihn geschickt.«
    »Gut, ich sage es ihm.«
    Kononow kam zurück, ich trug ihm die Bitte der Krankenschwester vor.
    »Wo ist sie denn?«
    »Dort steht sie.«
    »Na, gib das Soldbuch, ich habe keine Stempel dabei, aber ich bringe es in einer Woche, ich werde hier vorbeikommen und bringe es.« Und Kononow steckte das Soldbuch in

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