Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Theil irgend eines unterirdischen Thores; allein Alles sei zugeworfen und ein Pflaster darüber gelegt worden; so daß die Frage, ob dieser Eingang in die magische Höhle oder in den Zauberthurm führt, ein Geheimniß bleibt und bleiben wird, bis ein König oder ein Erzbischof wieder Muth und Gewalt hat, den Zauber zu sprengen.
Die Erzählung von der Unterjochung Spaniens.
In dieser Erzählung gründen sich die meisten Thatsachen hinsichtlich des Einfalls der Araber in Spanien auf die Autorität arabischer Schriftsteller, welchen die genauesten Mittel, sich zu unterrichten, zu Gebot standen. Die auf die Spanier bezüglichen Mittheilungen sind aus spanischen Chroniken genommen. Es muß bemerkt werden, daß die arabischen Nachrichten meistens das Ansehen der Wahrheit haben, und daß die Begebenheiten, wie sie sie erzählen, von dem gewöhnlichen Gange des Alltagslebens nicht abweichen. Die spanischen Nachrichten dagegen sind reich an Wunderbarem; denn es gab keine größern Romanziers, als die mönchischen Chronikenschreiber.
Der Verf.
Erstes Kapitel.
Bestürzung des Landes. – Benehmen der Sieger. – Botschaften zwischen Tarek und Musa.
Die Niederlage des Königs Roderich und seines Heeres an den Ufern des Guadalate öffnete das ganze südliche Spanien dem Einfalle der Moslemen. Das ganze Land floh vor ihnen; Dörfer und Weiler wurden augenblicklich verlassen; die Bewohner luden ihre Greise und Kranke, ihre Weiber und Kinder und ihre kostbarsten Habseligkeiten auf Maul-und andere Last-Thiere, trieben ihre Heerden vor sich her und begaben sich in ferne Theile des Landes, auf die Vesten der Berge und in solche Städte, welche noch Mauern und Bollwerk hatten. Viele blieben, müde und kraftlos, auf dem Wege liegen und fielen in die Hände des Feindes; Andere verließen, sobald sie in der Ferne eines Turbans oder einer moslemitischen Fahne ansichtig wurden oder das Schmettern einer Trompete hörten, ihre Heerden und beschleunigten ihre Flucht mit ihren Familien. Wenn ihre Verfolger sie einholten, warfen sie ihr Hausgeräth und, was ihnen zur Last war, von sich und priesen sich glücklich, wenn sie nackt und blos flüchten und irgend einen Versteck erreichen konnten. Auf diese Weise waren die Straßen mit zerstreut wandernden Heerden und den mannichfachsten Gegenständen bedeckt.
Man konnte die Araber jedoch einer muthwilligen Grausamkeit und Verwüstung nicht anklagen; im Gegentheil, sie benahmen sich mit einer Mäßigung, welche man bei weit gebildeteren Siegern nur selten antraf. Obgleich Tarek el Tuerto ein Mann von der Klinge war und alle seine Gedanken einen kriegerischen Charakter hatten, gab er doch Beweise eines wunderbaren Scharfsinns und großer Ueberlegung. Mit strenger Hand hielt er die räuberischen Sitten seiner Schaaren im Zaum. Es war ihnen unter Androhung schwerer Strafe verboten, friedliche und unbefestigte Städte oder unbewaffnete und widerstandslose Leute, welche ruhig in ihren Häusern blieben, zu belästigen. Es war nirgends erlaubt, Beute zu machen, als auf dem Schlachtfeld, in den Lagern versprengter Feinde oder in Städten, welche mit dem Schwert weggenommen worden.
Tarek hatte selten nöthig, seine Strenge geltend zu machen; denn man gehorchte seinen Befehlen eher aus Liebe, als aus Furcht, weil er der Abgott des Heeres war. Man bewunderte seinen rastlosen, kühnen Geist, den nichts beunruhigen und niederdrängen konnte.
Seine abgemagerte, knochige Gestalt, sein feuriges Auge, sein mit Schrammen bedecktes Gesicht paßte ganz zu der Kühnheit seiner Thaten; und wenn er auf seinem dampfenden Rosse saß und mit der zuckenden Lanze oder dem blitzenden Säbel über das Schlachtfeld dahin flog, begrüßten ihn seine Araber mit dem Jubel der Begeisterung.
Was ihn jedoch seinen Mauren noch theurer machte, war seine heldenmüthige Verachtung jeder Gefahr. Er hatte keine Leidenschaft, als die, zu siegen; der Ruhm war der einzige Lohn, um den er buhlte. Die Schätze, welche ihm der Sieg zuführte, die Beute, welche er machte, vertheilte er ehrlich unter seine Leute, und seinen eigenen Antheil verschleuderte er mit der unbesorgtesten Großmuth.
Während Tarek seine Siegesbahn durch Andalusien fortsetzte, wurden Musa Ben Nosair die Nachrichten von seinem erstaunenswerthen Siege an den Ufern des Guadalate überbracht. Bote auf Bote kamen bei Musa an und wetteiferten unter sich, wer die Thaten des Siegers und die Größe des Gewinnes am meisten erhöbe.
»Tarek« sagten sie »hat die ganze Macht
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