Erziehen ohne Frust und Traenen
Momenten der Wut durch den Kopf schießen, sind unangemessen, irrational und basieren auf falschen Annahmen. Man betrachtet Situationen als endgültig und verurteilt die Aktionen des Kindes als absichtliches Fehlverhalten und nicht als das, was es tatsächlich ist: Teil des natürlichen Entwicklungsprozesses des Kindes.
Lassen Sie uns im Folgenden einige der verbreitetsten Irrtümer untersuchen, die dazu führen, dass unsere Wut aus dem Ruder läuft.
Im Anschluss werden wir diese Irrtümer zurechtrücken und zu einer angemesseneren Sichtweise gelangen. Damit schaffen wir die Grundlage für ein friedlicheres Miteinander.
Musterknabe statt Rabauke?
»Meine Kinder dürfen sich niemals danebenbenehmen – und wenn sie das doch tun, dann macht mich das wütend.« Beim Lesen dieses Satzes haben Sie wahrscheinlich gedacht: »Das stimmt natürlich nicht!« Ihr aktueller ruhiger Gemütszustand erlaubt es Ihnen, die Dinge so zu sehen. Aber wenn Sie sich mit schlechtem Benehmen Ihres Kindes konfrontiert sehen, können Sie nur noch den Kopf schütteln und sich fragen, was mit Ihnen oder Ihrem Kind nicht stimmt. Kinder benehmen sich nicht immer gut. Es ist die Aufgabe der Eltern, ihren Kindern beizubringen, sich gut zu benehmen. Würden Kinder mit diesem Wissen geboren, bräuchten sie keine Eltern, nicht wahr?
Hinter der zweiten Hälfte dieses Irrglaubens versteckt sich die überraschende Auffassung: dass uns unsere Kinder mit ihrem schlechten Benehmen wütend machen. Es ist nämlich nicht das Verhalten des Kindes, das uns in Rage bringt, denn die Aktionen eines Kindes können Sie nicht dazu veranlassen, etwas zu fühlen oder etwas zu tun. Sie selbst sind Herr über Ihre Gefühle und Ihr Handeln. Nur Sie selbst bestimmen, ob Ihr Zorn eskaliert oder nicht. Deshalb schaffen Sie selbst Ihre Wut, und zwar durch die Art und Weise, wie Sie das Verhalten Ihres Kindes interpretieren. An diesem Punkt stehen Sie nicht allein da, denn hier liegt die Wurzel für viel Aggressionspotenzial bei Eltern. Und hier ist ein erster Schritt, um diese Wut zu kontrollieren: Sie müssen die Verantwortung für Ihre eigenen Gefühle und Reaktionen übernehmen.
Wichtig
Es ist nicht das Verhalten meines Kindes, das meine Wut verursacht. Ich selbst schaffe dieses Gefühl durch meine Interpretation des Verhaltens meines Kindes; meine Wut ist meine Reaktion auf diese Interpretation.
Indem Sie mehr über die kindliche Entwicklung lernen, können Sie vermeiden, normales altersgemäßes Verhalten Ihres Kindes als Fehlverhalten zu interpretieren. Zum Thema kindliche Entwicklung gibt es zahlreiche gute Bücher. Sie beschreiben die typischen Verhaltensweisen und Merkmale der unterschiedlichen Altersstufen. Auch in Gesprächen mit Eltern ähnlich alter Kinder erfahren Sie etwas über typische Verhaltensweisen. Elternzeitschriften, Gespräche mit dem Kinderarzt oder Familienberatungsstellen können ebenfalls sehr hilfreich sein.
Wenn Sie wissen, wie die kindliche Entwicklung verläuft und altersgemäßes Verhalten aussieht, können Sie Wut vielleicht sogar ganz aus Ihrem Leben streichen – oder zumindest manchmal. Beispiel: Wenn Sie wissen, dass kleine Kinder besonders dann zu Wutanfällen neigen, wenn sie müde und/oder hungrig sind, und Ihr Kind eine halbe Stunde vor dem Essen einen Wutanfall bekommt (nachdem es schon keinen Mittagsschlaf hatte), können Sie die Ursachen gut nachvollziehen und das daraus erwachsende kindliche Verhalten realistisch einschätzen. Das bedeutet nicht, dass Sie das Verhalten akzeptieren oder ignorieren sollen – aber es wird Ihnen leichter fallen, damit umzugehen, denn Sie wissen, dass es sich weder um ein Defizit der Persönlichkeit Ihres Kindes noch um von Ihnen verursachte Erziehungsfehler Ihrerseits handelt. Und besser noch: Mit diesem Wissen werden Sie den einen oder anderen Wutausbruch verhindern können.
Steter Tropfen formt das Kind
Menschen sind nicht so gemacht, dass sie eine Sache schon in der ersten Lehrstunde lernen. Das gilt für Kinder wie auch für Erwachsene. Schüler lernen, Studenten studieren, Sportler trainieren und Orchester, Tänzer und Schauspieler proben. Wie sagt man doch so schön: Übung macht den Meister. Kinder müssen unendlich viele Dinge lernen, und sie sind noch nicht in der Lage, einmal Gelerntes auf einen anderen Bereich zu übertragen. So lernen sie beispielsweise, nicht auf die Straße zu laufen, aber sie begreifen nicht automatisch, dass man auch auf einem Parkplatz aufpassen muss. Ihr
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