Es begann im Grand Hotel
immer noch das Brautjungfernkleid.
Wahrscheinlich hätte sie einfach in ihre Wohnung zurückkehren sollen. Aber die gelöste Atmosphäre auf der Hochzeitsfeier hatte Brooke in eine so weinerliche Stimmung versetzt, dass sie vor all der Fröhlichkeit geflohen war. Sonst wäre Brooke noch vor aller Augen in Tränen ausgebrochen. Glücklicherweise hatte sie so kurzfristig eine Krankenschwester gefunden, die sie auf der Reise begleitete. Andernfalls hätten ihre Schwestern und ihre Schwägerinnen sie nicht gehen lassen.
Im Augenblick genoss Brooke die absolute Ruhe, die sie für sich und ihr Baby brauchte. Hier konnte sie die Gegenwart ihres Vaters spüren, mit dem sie so viel Zeit auf der Jacht verbracht hatte. Brooke meinte sogar fast, seine Entschuldigung zu hören. Er war nicht vollkommen gewesen, aber er war für sie da gewesen, so gut er konnte. In diesem Moment, in dem es nichts gab, das sie ablenkte, wurde Brooke das klar.
Seit sie Jordan mit Sheila McKay zusammen gesehen hatte, waren ihr die Tage zur Hölle geworden. Nie hätte Brooke es für möglich gehalten, dass er ihr so sehr fehlen könnte. Wie hatte er es nur geschafft, in so kurzer Zeit so wichtig für sie zu werden?
Oder waren ihre Gefühle für ihn schon lange sehr viel tiefer?
Sie wollte ihm so gern glauben, dass nichts zwischen ihm und Sheila war. Instinktiv wusste Brooke, dass er nicht gelogen hatte. Aber sie brauchte ein deutliches Zeichen, einen Liebesbeweis.
Sie liebte Jordan Jefferies, das konnte sie nicht mehr länger leugnen. Wahrscheinlich hatte sie es schon immer gewusst und sich nur nicht eingestanden. Denn das hätte schon viel früher einen Eklat in ihrer Familie verursacht. Inzwischen wäre es Brooke jedoch gleichgültig.
Seufzend wandte sie den Blick von den Sternen ab – der Orion bot ihr sowieso keine Antworten – und betrachtete die sanften Wellen des Meeres. Zwar fand sie auch hier keine Lösung für ihre Probleme. Aber das rhythmische Geräusch der Wellen hatte eine besänftigende Wirkung auf sie. Und Ruhe war genau, was Brooke jetzt brauchte.
Aus der Ferne hörte sie das Brummen eines Motors, das allmählich lauter wurde. Das Boot schien sich der Jacht zu nähern. Schließlich sah Brooke, dass es sich um ein schmales Boot handelte, das man gemeinhin benutzte, um Wasserskifahrer zu ziehen. Aber um diese Zeit, mitten in der Nacht? Weil sie leicht beunruhigt war, wollte Brooke aufstehen und den Kapitän benachrichtigen, als ein Mitglied der Besatzung zu ihr an Deck kam.
„Der Kapitän lässt Ihnen ausrichten, dass wir Besuch bekommen. Keine Sorge, Ma’am. Das Boot ist eins von unseren, und einer Ihrer Brüder ist an Bord.“
„Danke.“ Einer ihrer Brüder?
Neugierig stand Brooke auf und trat an die Reling. Ihre Brüder sollten doch alle noch auf der Hochzeit sein … Jordan wusste nicht, wo sie war. Während das Boot näher kam, machte sie zwei hochgewachsene Gestalten an Bord aus. Unwillkürlich wich Brooke einen Schritt zurück.
Parker und Jordan.
Ihr schlug das Herz bis zum Hals. Sie hätte wissen sollen, dass Jordan es herausfinden würde. Wahrscheinlich war er ihr gefolgt, weil sie ihn abgewiesen hatte. Seltsamer fand sie allerdings, dass er ihren Bruder dazu überredet hatte, ihm zu helfen.
Jemand hatte sie verraten. Jetzt musste Brooke nicht nur Jordan gegenübertreten, sondern auch noch ihrem Kontrollfreak von Bruder. Und trotzdem beschleunigte sich ihr Puls, und sie fühlte Hoffnung in sich aufkeimen, als sie Jordan sah. Immerhin hatte er sich die Mühe gemacht, nachts mit einem Boot hierherzukommen.
Sie hielt sich an der Reling fest und rief: „Parker Garrison, du Verräter. Hiermit streiche ich dich offiziell aus meinem Testament!“
Ohne dass ihm besondere Unruhe anzumerken wäre, drosselte ihr Bruder den Bootsmotor. „Das sagst du schon, seit du sechs Jahre alt warst und ich deine Sandburg eingetreten habe.“
„Lass das, Parker. Ich meine es ernst. Was gibt dir das Recht, meine Entscheidung zu übergehen?“
Jordan legte Parker die Hand auf den Arm, bevor dieser antworten konnte. „Sie hat recht. Brooke soll entscheiden, ob ich bleiben darf oder nicht.“ Mit einer kraftvollen Bewegung sprang er zum Bug des Boots und geriet keine Sekunde aus dem Gleichgewicht, obwohl das kleine Boot stark schwankte. „Du weißt, dass wir irgendwann miteinander reden müssen. Trotzdem komme ich nicht an Bord, wenn du es nicht willst.“
„Nein, will ich auch nicht.“ Das war eine Lüge, Brookes Herz zog
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