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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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eine überraschende Wirkung entwickelt. Die Angestellten wurden entweder von der allgemeinen Aufbruchstimmung mitgerissen oder sie wurden entlassen. Der Club wurde mit einer gnadenlosen Effizienz geführt, die Jenner’s noch nie zuvor erlebt hatte. Selbst in seinen besten Tagen hatte Ivo Jenner sein kleines Imperium nicht mit solch eiserner Faust regiert.
    In der Vergangenheit hatte Jenners verborgene Abneigung gegen den Adel außerdem dafür gesorgt, dass er vielen der Clubmitglieder mit einer kriecherischen Unterwürfigkeit begegnet war, die sie als vage unangenehm empfunden hatten. Sebastian hingegen war einer von ihnen. Er wirkte entspannt und verströmte gleichzeitig eine so draufgängerische Abenteuerlust, dass seine Anwesenheit die Atmosphäre mit einer prickelnden Aufregung erfüllte.
    Wann immer er in der Nähe war, lachten die Clubmitglieder mehr, gaben mehr aus, redeten mehr, aßen mehr.
    Und während andere Clubs das ewig gleiche Menü aus Beefsteak und Apfeltörtchen präsentierten, wurde das aufwendige Büfett bei Jenner’s immer wieder mit noch ausgefalleneren Spezialitäten aufgefüllt… warmer Hummersalat, Fasanenauflauf, Garnelen auf duftigen Betten aus püriertem Sellerie, mit Trauben und Ziegenkäse gefüllte Wachteln auf Sahnesoße. Für die Naschkatzen unter den Gentlemen gab es Evies Lieblingsspeise – ein klebriger Mandelkuchen ohne Mehl, belegt mit Himbeeren und mit einer dicken Schicht aus Baisermasse. Das Essen und die Unterhaltung bei Jenner’s hatten sich so schnell verbessert, dass Ehefrauen anfingen, sich zu beklagen, weil ihre Ehemänner viel zu viele Nächte in dem Club verbrachten.
    Sebastians gerissene Natur hatte in Jenner’s das perfekte Ventil gefunden. Er wusste, wie man eine Umgebung schuf, in der Männer sich entspannen und amüsieren konnten, und dabei nahm er ihnen ohne Schwierigkeiten ihr Geld ab. Die Spiele wurden peinlich korrekt geführt, da das Glücksspiel eigentlich gesetzlich verboten war, obwohl es in ganz London offen praktiziert wurde. Einen angesehenen Club zu unterhalten war die beste Methode, Verfolgung zu vermeiden.
    Anfangs musste Sebastian sich einige spöttische Bemerkungen von seinen Bekannten gefallen lassen. Aber ihr Verhalten änderte sich rasch, sobald sie ihn um weiteren Kredit oder eine Stundung ihrer Schulden bitten mussten.
    Für einen Mann, der nie viel Geld gehabt hatte, besaß Sebastian eine erstaunliche Gabe, es zu verwalten. Wie Cam bewundernd feststellte, zeigte sein Chef sich äußerst hartnäckig dabei, wenn es darum ging, alles über die angeschlagene finanzielle Lage eines Mitglieds herauszufinden.
    Eines Abends, als Evie neben Cams Schreibtisch im Hauptraum stand und zusah, wie Sebastian einem Hazardspiel mit besonders hohen Einsätzen vorsaß, bemerkte sie einen älteren Mann neben sich. Sie wandte sich zu ihm und erkannte ihn als Lord Haidane, einen Gentleman, den Sebastian ihr in der vorherigen Woche vorgestellt hatte.
    „Mylord“, murmelte Evie, während er sich über ihre Hand beugte. „Wie schön, Sie wieder bei uns zu sehen.“
    Er lächelte, seine braunen Augen freundlich in seinem rundlichen Gesicht. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Lady St. Vincent.“
    Wie aufs Stichwort blickten beide hinüber zu dem großen Hazardtisch, wo Sebastian gerade einen Scherz gemacht hatte, um die Spannung am Tisch abzubauen. Ein leises Lachen erklang aus der Menge. Evie staunte stumm, wie natürlich die Rolle für ihn schien, als wäre er dafür geboren worden. Seltsamerweise schien er mehr im Club zu Hause zu sein, als selbst ihr Vater es gewesen war. Mit seinem hitzigen Temperament war es Ivo Jenner immer schwergefallen, seine Sorge zu verbergen, wenn ein Clubmitglied eine außergewöhnliche Glückssträhne hatte und die Bank zu sprengen drohte. Sebastian hingegen blieb kühl und ungerührt, egal, was passierte.
    Lord Haidane gingen offensichtlich ähnliche Dinge durch den Kopf, denn er betrachtete Sebastian eingehend und meinte schließlich abwesend: „Ich hätte nicht gedacht, noch einmal jemanden wie ihn zu sehen.“
    „Mylord?“, fragte Evie mit einem kleinen Lächeln, während Sebastian ihre Anwesenheit bemerkte und zu ihnen hinüberkam.
    Haidane schien in Erinnerungen an lang vergangene Zeiten verloren zu sein. „Ich habe in meinem ganzen Leben nur einen anderen Mann gekannt, der auf diese Art durch einen Spielclub ging. Als ob es sein persönliches Jagdrevier wäre und er das charmanteste aller

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