Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
Sprache, das Zucken in seinem Gesicht … die Scharten und Dellen auf seiner Nase. Man hätte schon blind sein müssen, um es nicht zu bemerken.“
    „Normalerweise untersuche ich das Aussehen meiner Angestellten nicht so genau“, bemerkte Sebastian sarkastisch, während ihm tausend Gedanken durch den Kopf schossen. Die Syphilis war eine gemeine, durch Geschlechtsverkehr übertragene Krankheit, die in dem endete, was die Ärzte „Parese der Geisteskranken“ nannten.
    Sie führte zu Wahnsinn, manchmal auch zu teilweiser Lähmung oder einem schrecklichen Zerfall des weichen Gewebes, wie etwa der Nase. Wenn Bullard tatsächlich ein Opfer dieser Krankheit und sie schon so weit fortgeschritten war, dann gab es keine Hoffnung mehr für ihn. Aber warum hatte er sich in seinem Wahnsinn auf Evie konzentriert?
    „Unterdessen hat er vermutlich vollkommen den Verstand verloren“, sagte Egan bitter und hob die Flasche für einen weiteren betäubenden Schluck. Er schloss kurz die Augen gegen das Brennen des Alkohols und legte das Kinn auf die Brust. „Der Junge kam in jener Nacht hierher und schwadronierte, dass er Sie getötet hätte. Er zitterte am ganzen Körper und klagte über Schmerzen und Geräusche in seinem Kopf. Er war voller wilder Ideen und Marotten. Jenseits aller Vernunft. Also hab ich einen Mann bezahlt, damit er ihn in ein Asyl für die Unheilbaren brachte – das an der Straße nach Knightsbridge. Dort ist Bullard jetzt, entweder tot oder in einem Zustand, der den Tod als verdammte Gnade erscheinen lassen würde.“
    Sebastian sprach eher mit Ungeduld als mit Mitgefühl. „Warum hat er versucht, meine Frau zu töten? Gott weiß, sie hat ihm nie ein Leid getan.“
    Egan antwortete mürrisch. „Er hat sie immer verachtet, den kleinen Bastard. Selbst in ihrer Kindheit. Nach Evangelines Besuchen im Club, wenn Bullard sah, wie viel Freude sie Jenner bereitete, war er tagelang mürrisch und gereizt. Er hat sich immer über sie lustig gemacht …“ Egan hielt inne, und ein Lächeln der Erinnerung huschte über seine Lippen. „Sie war eine drollige kleine Kreatur. Mit den ganzen Sommersprossen, schüchtern und rund wie ein kleiner Wal. Ich habe gehört, dass sie jetzt eine Schönheit ist – auch wenn ich mir das kaum vorstellen kann …“
    „War Jenner sein Vater?“, unterbrach Westcliff ihn mit ausdruckslosem Gesicht.
    Die abrupte Frage schreckte Sebastian auf. Er hörte interessiert zu, als Egan antwortete.
    „Könnte schon sein. Seine Mutter, Mary, schwor hoch und heilig, dass es so sei.“ Vorsichtig stellte Egan die Flasche an seine Seite und legte seine verschränkten Hände auf seinen wohlgerundeten Bauch.
    „Sie hat als Hure in einem billigen Freudenhaus gearbeitet. Die glücklichste Nacht in ihrem Leben war, als sie Ivo Jenner bedienen durfte. Sie hat ihm gefallen, und er hat die Puffmutter bezahlt, dass er sie exklusiv benutzen durfte. Eines Tages kam Mary dann zu ihm und sagte, dass er ihr den Bauch voll gemacht hätte, dass das Kind seins sei. Und Jenner, der ein gutes Herz hatte, hat ihr geglaubt. Er hat sie für den Rest ihres Lebens unterstützt und den Jungen im Club arbeiten lassen, sobald er alt genug war. Mary ist dann viele Jahre später gestorben. Kurz bevor sie abkratzte, hat sie Bullard gesagt, dass Jenner sein Vater sei. Als der Junge ihn zur Rede stellte, hat Jenner ihm nur gesagt, dass es auf jeden Fall ein Geheimnis bleiben würde. Egal, ob es stimmte oder nicht, er wollte Bullard nicht als seinen Sohn anerkennen. Zum einen war der Junge nie das, was man einnehmend nennen konnte, und zum anderen … Jenner hat sich nie um jemand anderen geschert als um seine Tochter. Er wollte, dass Evie alles bekommt, wenn er sterben würde. Bullard hat natürlich Evie die Schuld gegeben. Er dachte, wenn sie nicht gewesen wäre, hätte Jenner ihn als Sohn angenommen und mehr für ihn getan, ihm mehr gegeben. Wahrscheinlich hatte er damit sogar recht.“
    Egan runzelte betrübt die Stirn. „Zu dem Zeitpunkt, als sie Sie in den Club brachte, Mylord, war Bullard schon krank … und kurz danach verlor er endgültig denVerstand. Ein trauriges Ende für ein freudloses Leben.“
    Egan warf den beiden einen Blick voll düsterer Befriedigung zu und fügte hinzu: „Sie können ihn im Krankenhaus in Tottenham finden, wenn Sie sich an einem armen, geplagten Wahnsinnigen rächen wollen. Suchen Sie dort jede Genugtuung, die Sie finden können, Mylords – aber wenn Sie mich fragen, hat Bullards

Weitere Kostenlose Bücher