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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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wie eine Stimmgabel vibrierte, wenn Evie auch nur das Zimmer betrat.
    „Es ist möglich, eine Frau zu mögen, ohne sie ins Bett ziehen zu wollen“, stellte Cam fest. „Doch anscheinend stimmen Sie mir da nicht zu. Oder sind Sie so besessen von ihr, dass Sie sich nicht vorstellen können, jemand anderes könnte nicht so empfinden?“
    „Ich bin nicht besessen von ihr“, fuhr ihn St. Vincent an.
    Cam lehnte sich mit einer Schulter gegen die Wand und erwiderte den unnachgiebigen Blick des anderen Mannes.
    Seine üblichen, durchaus großzügigen Reserven an Geduld waren beinahe erschöpft. „Natürlich sind Sie das. Jeder kann das sehen.“
    St. Vincent warf ihm einen warnenden Blick zu. „Ein weiteres Wort“, sagte er gepresst, „und Sie werden Egan folgen.“
    In einer spöttischen Geste der Verteidigung hob Cam die Hände. „Die Warnung ist angekommen. Übrigens … Jenners letzte Worte galten Bullard. Es gibt ein finanzielles Vermächtnis für ihn in seinem Testament … Jenner will, dass das auf jeden Fall erfüllt wird.“
    St. Vincents Augen verengten sich. „Warum hat er Bullard Geld hinterlassen?“
    Cam zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht. Aber wenn ich Sie wäre, würde ich mich nicht gegen Jenners letzten Willen stellen.“
    „Wenn ich es tue, gibt es wenig, was er oder irgendjemand anderes dagegen tun könnte.“
    „Sie würden also die Gefahr in Kauf nehmen, dass sein Geist im Club spukt, weil etwas unerledigt geblieben ist?“
    „Geist?“ St. Vincent warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Gott. Das meinen Sie nicht ernst, oder?“
    „Ich bin ein Zigeuner“, antwortete Cam nüchtern. „Natürlich glaube ich an Geister.“
    „Nur Halbzigeuner. Was mich vermuten ließ, dass der Rest von Ihnen zumindest ansatzweise zurechnungsfähig und geistig gesund sein würde.“
    „Die andere Hälfte ist irisch“, sagte Cam mit dem Hauch einer Entschuldigung in der Stimme.
    „Gott“, sagte St. Vincent wieder und schüttelte den Kopf, während er mit langen Schritten den Korridor hinunterging.
    Eine Beerdigung musste arrangiert, die Geschäfte des Clubs in Ordnung gebracht und das Gebäude selbst dringend restauriert werden. Eigentlich hätte Sebastian also viel zu beschäftigt sein müssen, um Evie und ihren Gemütszustand überhaupt zu bemerken. Aber er musste bald feststellen, dass er regelmäßig Berichte von den Hausmädchen anforderte, wie viel sie geschlafen und ob sie gegessen hatte und was ihre Aktivitäten ganz allgemein anging. Sobald er erfuhr, dass Evie weder gefrühstückt noch zu Mittag gegessen hatte, sandte er ihr ein Tablett mit Essen hinauf. Dazu ließ er eine kurze Nachricht legen.
    Mylady,
    dieses Tablett wird in einer Stunde zu mir zurückgebracht werden. Wenn dann nicht alles darauf verspeist worden ist, werde ich es dir persönlich die Kehle hinunterzwingen. Bon appetit, S.
    Zu Sebastians großer Genugtuung gehorchte Evie seinem Befehl. Sie fragte sich verärgert, ob seine Anordnungen durch seine Sorge um sie begründet waren oder eher dem Verlangen entsprangen, sie auf ihren Platz zu verweisen.
    Kurz danach verhielt Sebastian sich allerdings sehr aufmerksam und bezahlte der Modistin den doppelten Preis, um Evie mit erstaunlicher Schnelligkeit drei Trauerkleider schneidern zu lassen. Unglücklicherweise war die Stoffauswahl vollkommen unpassend.
    Von Frauen im ersten Trauerjahr wurde erwartet, dass sie ausschließlich Krepp trugen, einen matten, steifen, kratzigen Stoff aus gummiertem Garn. Selbst beim besten Willen würde niemand es als angenehme Wahl bezeichnen, da Krepp gefährlich entflammbar war, zum Einlaufen neigte und bei Regen beinahe in seine Einzelteile zerfiel. Sebastian hatte hingegen ein Kleid aus üppigem schwarzem Samt, eines aus weichem Batist und eines aus Kaschmir bestellt.
    „Ich kann die unmöglich tragen“, sagte Evie mit einem Stirnrunzeln. Mit der Hand strich sie über die Kleider. Sie hatte sie auf die Überdecke auf ihrem Bett gelegt, wo sie sich wie mitternachtsdunkle Blüten ausnahmen.
    Sebastian hatte die Kleider selbst zu ihr hinaufgebracht, als sie in den Club geliefert worden waren. Er stand an der einen Ecke des Betts und lehnte entspannt an einem der massiven geschnitzten Bettpfosten. Mit Ausnahme seines schneeweißen Hemds und Kragens war er von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Wie nicht anders zu erwarten, wirkte er erstaunlich attraktiv in der strengen Kleidung, deren Farbe einen exotischen Kontrast zu seiner goldenen

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