Es begann in einer Winternacht
verließ das Zimmer sofort, während Sebastian ihm hinterherfunkelte.
Um sein kochendes Temperament zu beruhigen, meinte Evie: „Es ist unnötig, dass du deine Wut an Cam auslässt.
Er …“
„Versuch gar nicht erst, ihn zu entschuldigen“, sagte Sebastian wütend. „Du und ich, wir wissen beide, dass er die verdammte Gossenratte hätte fangen können, wenn er das gewollt hätte. Und ich will verdammt sein, wenn ich zulasse, dass du ihn bei seinem Vornamen nennst – er ist nicht dein Bruder und auch kein Freund. Er ist ein Angestellter, und du wirst ihn von nun an mit ,Mr. Rohan’ ansprechen.“
„Er ist mein Freund“, antwortete Evie verärgert. „Und das schon seit Jahren!“
„Verheiratete Frauen haben keine jungen unverheirateten Männer als Freunde.“
„D-Du wagst es, meine Ehre anzuzweifeln und anzudeuten, dass … dass …“ Evie konnte kaum sprechen, so viele Widerworte fielen ihr ein. „Ich habe nichts getan, um solches M-Misstrauen zu rechtfertigen!“
„Dir vertraue ich. Es sind alle anderen, die ich verdächtige.“
Evie vermutete, dass er sich über sie lustig machte, und bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick. „Du tust so, als würden mir die Männer in Horden nachlaufen, selbst wenn das ganz offensichtlich nicht der Fall ist. In Stony Cross Park haben sich etliche Männer sogar sehr viel Mühe gegeben, meiner Gesellschaft auf jeden Fall aus dem Weg zu gehen – und du warst einer von ihnen!“
Der Vorwurf, wenn auch wahr, schien Sebastian zu überraschen. Sein Gesicht verschloss sich, und er starrte sie in eiserner Stille an. „Du hast es einem nicht gerade leicht gemacht, sich dir zu nähern“, sagte er nach einem Augenblick. „Männlicher Stolz ist verletzlicher, als du denkst. Es ist leicht für uns, Schüchternheit mit Kälte und Schweigen mit Gleichgültigkeit zu verwechseln. Du hättest dir etwas Mühe geben können, weißt du. Ein kurzes Treffen zwischen uns beiden … ein Lächeln von dir … war all die Ermutigung, die ich gebraucht hätte, um mich auf dich zu stürzen wie der Habicht auf die Feldmaus.“
Evie musterte ihn aus großen Augen. So hatte sie die Dinge noch nie betrachtet. War es möglich, dass sie zum Teil selbst für ihre Vergangenheit als ewiges Mauerblümchen verantwortlich war? „Ich denke …“, sagte sie nachdenklich, „ich könnte mir mehr Mühe geben, meine Schüchternheit zu überwinden.“
„Ganz wie du willst. Aber wenn du mit Rohan oder irgendeinem anderen Mann zusammen bist, solltest du dir immer in Erinnerung rufen, dass du mir allein gehörst.“
Evie versuchte, diese Aussage einzuordnen, und schaute ihn schließlich überrascht an. „Bist du … kann es sein … dass du eifersüchtig bist?“
Plötzliche Verblüffung huschte über seine Züge. „Ja“, sagte er schroff. „Es scheint fast so.“ Und damit warf er Evie einen schnellen Blick irgendwo zwischen Ärger und Verwirrung zu und verließ das Zimmer.
Die Beerdigimg fand am nächsten Tag statt. Sebastian hatte bei der Organisation des Ereignisses hervorragende Arbeit geleistet und es geschafft, genau die richtige Mischung aus ernsthafter Würde und leicht theatralischem Pomp zu finden. Es war die Art von Prozession, die Ivo Jenner geliebt hätte, und sie nahm die volle Breite von St. James ein. Es gab einen schwarzen, mit Gold verzierten Leichenwagen, der von vier Pferden gezogen wurde, zwei ebenfalls vierspännige Trauerkutschen, alle mit üppigen, schwarz gefärbten Straußenfedern geschmückt. Der schöne Eichensarg, mit Messingnägeln und einer glänzenden Platte mit Inschrift, war mit Blei ausgeschlagen und zugeschweißt, um ihn gegen Grabräuber zu schützen, die mittlerweile ein verbreitetes Problem auf den Londoner Friedhöfen darstellten.
Bevor der Sargdeckel über dem Körper ihres Vaters geschlossen wurde, hatte Evie einen von Cams goldenen Ringen an einem seiner Finger entdeckt, ein Abschiedsgeschenk, das sie tief berührte. Was sie allerdings ebenfalls berührt hatte, war ein kurzer, auf Sebastian erhaschter Blick gewesen, der das bleiche rote Haar ihres Vaters mit einem Kamm glättete, als er dachte, dass niemand zusah.
Es war bitterkalt. Der beißende Wind drang durch Evies schweren Wollmantel, während sie im Sattel saß.
Sebastian ging neben ihr, eine Hand am Zügel des Pferdes. Zwei Dutzend Männer als Pagen, einige Männer vom Bestattungsunternehmen und Kutscher marschierten am Ende der Prozession, ihr Atem weiß in der wintrigen
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