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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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dahin …“
    „Evie“, sagte er ruhig. „Ich lasse dir keine Wahl.“
    Sie versteifte sich und rutschte dann ein wenig von ihm weg. Ein ganzes Zimmer mit Fußwärmern hätte das Eis in ihren Adern nicht vertreiben können. Sie suchte verzweifelt nach Argumenten, um ihn zu überzeugen … aber er hatte recht… es gab keinen Grund für sie, im Club zu bleiben.
    Ihre Kehle schnürte sich zusammen, und sie dachte mit Verzweiflung darüber nach, dass sie unterdessen eigentlich daran gewöhnt sein sollte … ungewollt zu sein, allein zu sein … warum, in Gottes Namen, tat es also immer noch so weh? Oh, sie wünschte, sie könnte wie Sebastian sein, mit einer harten Mauer schützenden Eises ums Herz. „Was ist mit unserer Abmachung?“, fragte sie dumpf. „Hast du vor, sie zu vergessen, oder …?“
    „Oh, nein. Ich werde so keusch wie ein Mönch leben, bis der Zeitpunkt kommt, meine Belohnimg einzufordern.
    Aber es wird einfacher für mich sein, der Versuchung zu widerstehen, wenn du nicht bei mir bist.“
    „Vielleicht werde ich der Versuchung nicht widerstehen“, hörte Evie sich murmeln. „Vielleicht finde ich einen zuvorkommenden Gentleman, der mir Gesellschaft leistet. Das würde dir doch bestimmt nichts ausmachen, oder?“
    Bis die Worte ihre Lippen verlassen hatten, hätte sie nicht gedacht, dass sie dazu fähig wäre, so etwas zu sagen.
    Aber ihr verzweifelter Wunsch, ihn zu verletzen, zu verärgern, zu seinen Gefühlen durchzudringen, war übermächtig. Ihr Versuch schlug fehl. Nach einer kurzen Stille hörte sie seine seidenglatte Antwort.
    „Aber ganz und gar nicht, meine Kleine. Es wäre egoistisch von mir, dir so ein Vergnügen in deiner eigenen Zeit zu verwehren. Halte das ganz, wie du willst … solange du verfügbar bist, wenn ich selbst Verwendung für dich habe.“
    Hinter den eleganten Straßen und ehrbaren Plätzen der wohlhabenderen Gegenden Londons gab es eine verborgene Welt dunkler Gassen und verfallender Elendsviertel, in der die Menschen in unvorstellbarer Armut lebten.
    Verbrechen und Prostitution waren die einzigen Möglichkeiten, an diesen Orten zu überleben. Die Luft war erfüllt vom Gestank nach Abfall und Kloake, und die Gebäude standen an einigen Stellen so dicht beieinander, dass man nur seitwärts zwischen ihnen hindurchgehen konnte.
    Cam wagte sich mit gespannter Aufmerksamkeit in das verwinkelte Labyrinth. Der unzähligen Fallen und Gefahren, die einen unachtsamen Besucher hier erwarteten, war er sich wohl bewusst. Er trat durch einen dunklen Durchgang in einen Innenhof, vielleicht vierzig Yards lang und zehn Fuß breit. Dieser war von hohen Gerüsten aus Holz gesäumt, deren obere Pfeiler den Winterhimmel verdeckten. Die Häuser hier beherbergten billige Schenken oder einfache Unterkünfte, wo die Obdachlosen in Haufen nächtigten, wie Tote in einem Massengrab. An den Gerüsten hingen verfaulende Fetzen, zwei, drei Fuß lang, von den oberen Balken herab. Ratten huschten die Wände entlang und verschwanden in den Rissen im Mauerwerk. Der Hof war leer bis auf zwei Huren, die zusammen auf einer Türstufe saßen, und einigen mageren Kindern, die im Abfall nach Knochen und Lumpen suchten. Sie warfen Cam misstrauische Blicke zu und suchten dann Zuflucht im hinteren Teil des Hofes.
    Eine der jungen Prostituierten mit wirren Haaren grinste, enthüllte dabei einige abgebrochene Zahnstümpfe und sagte: „Was will ’n großer hübscher Kerl wie du denn wohl in Hangman’s Court?“
    „Ich suche einen Mann, etwa so groß“, Cam machte eine Geste, um einen Mann von der Größe Joss Bullards anzuzeigen, „mit schwarzem Haar. Ist er in den letzten Minuten hier durch den Hof gekommen?“
    Die Mädchen gackerten, während er sprach. „Hör dir den ma’ an“, rief eine von ihnen begeistert.
    „Herrlich“, stimmte ihr das andere Mädchen zu. „Komm, Süßer, du willst kein’ Mann, wenn du auf Lushing Lou lieg’n kannst.“ Sie zog ihre Bluse hinunter und entblößte magere, hängende Brüste. „Willste ’nen bisschen Spaß haben? Ich wette, du machst es wie’n echter Gentleman.“
    Cam zog eine Silbermünze aus der Tasche, und ihr Blick folgte ihr hungrig. „Sag mir, wo er hingegangen ist“, sagte er.
    „Ich sag’s dir für Sixpence und ’n bisschen Spaß“, sagte sie. „Du hast hübsche Augen, ja, die haste. Ich bin noch nie von ’nem Jungen mit so hübschen …“
    Ein dunkles, harsches Lachen hallte durch den Hof, und dann folgte Joss Bullards höhnische

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